Prügeltod in Bad Oeynhausen - Wende im Fall Philipos? Verteidiger enthüllt überraschende Ermittlungs-Details

  • Im Video: Philippos (20) totgeprügelt - Anklage enthüllt Details, Vater schreit Angeklagten an

Mit großer Spannung wurde die Aussage des Hauptangeklagten im Prozess um den Prügeltod des 20-jährigen Philipos in Bad Oeynhausen erwartet. Sein Verteidiger Burkhard Benecken verlas im Gerichtsaal in Bielefeld eine lange Einlassung des 19-jährigen Syrers.

Darin wartet die Verteidigung mit neuen Beweisen auf, die dem ganzen Verfahren eine überraschende Wendung geben könnten. Gleich zu Beginn der Einlassung zitierte der Anwalt aus einem Chatverkehr aus dem Kreis der beiden deutschen Mitangeklagten, der komischerweise nirgends in der Anklage auftauchte: „Sag ihm einfach, Du warst dabei – und alles war der Araber.“

Bisher schien der Fall laut Staatsanwaltschaft Bielefeld einfach zu sein: Beneckens Mandant soll das junge Opfer im Kurpark in Bad Oeynhausen am 23. Juni 2024 aus nichtigem Anlass totgeschlagen haben. Auf der Anklagebank sitzen auch zwei Kumpels des Syrers. Wenige Stunden zuvor hatten sie sich kennengelernt. Die neuen Freunde sollen ebenfalls auf Philipos und einen Freund eingeschlagen haben. Bisher aber geht die Anklage davon aus, dass einzig die Attacke des 18-jährigen Syrers mit Tritten gegen Kopf des bewusstlosen jungen Mannes seinen Tod verursachte. 

Anwalt spricht von manipulierten Beweisen

Die Einlassung, die Verteidiger Benecken vor der Jugendstrafkammer vortrug, nährt jedoch Zweifel an der Schuldfrage. Der Anwalt sprach von manipulierten Beweisen, die einzig den Fokus auf seinen Mandanten „mit Migrationshintergrund lenken sollten“. Nach Durchsicht der Aktenlage spreche vieles dafür, dass der Totschlag durch andere Täter erfolgte. 

„Mein Eindruck ist, dass Polizei, Staatsanwaltschaft, Teile der Medien und sogar Politiker bis hinein in den Bundestag auf den falschen Zug aufgesprungen sind. Tatsächlich stimmt dies nicht. Ich habe Philipos nicht umgebracht“, lautet der Vortrag des Hauptangeklagten.

Zunächst schilderte er das Tatgeschehen aus seiner Sicht. Der Angeklagte traf an jenem Abend neue Freunde auf einem Fest. Flaschen mit Hochprozentigem kreisten. Im Kurpark will er an der dreiköpfigen Gruppe mit Philipos vorbeigekommen sein. 

Angeblich erkannte der Angeklagte, dass die Jungs um Philippos gerade eine Nase Koks vorbereiteten. Als der Angeklagte ebenfalls etwas schniefen wollte, sei er rüde zurückgewiesen worden. Ein Wort habe das andere gegeben, so die Aussage. Plötzlich sei Philipos mit seinen Freunden aufgestanden, die Jungs um den Angeklagten hätten sich ebenfalls aufgestellt. Es kam zu einer Schlägerei zwischen beiden Parteien. 

Ist das Opfer gestolpert?

Im Gerichtssaal räumte der Syrer ein, den jungen Philipos geschlagen zu haben. Sein Kontrahent habe aus der Nase geblutet – mehr nicht. Vor dem nächsten Schlag soll das 20-jährige Opfer geflüchtet, schließlich 20 Meter weiter gestolpert und mit dem Hinterkopf auf den Asphalt geschlagen sein. Danach habe er sich nicht mehr gerührt. 

Später dann will der Angeklagte gesehen haben, dass sich ein oder zwei seiner Kumpels auf den wehrlosen Philipos zubewegten. Was dann geschehen ist, blieb am Freitagvormittag unklar. Die Schläger flohen schließlich vom Tatort. Bald danach will der Syrer einen Komplizen getroffen haben. Der habe nur etwas von „Scheiße gebaut“ gestammelt. 

Verdächtige Suchanfragen bei Mitangeklagtem

In diesem Kontext lenkte Verteidiger Benecken den Totschlagsverdacht auf einen der beiden deutschen Mitangeklagten. Dabei zählte der Anwalt im Namen seines Mandanten etliche Indizien auf: So entdeckten die Ermittler zahlreiche kompromittierende Google-Recherchen nach dem Tod von Philipos durch den deutschen Kombattanten. Er wollte den Unterschied zwischen Mord und Totschlag recherchieren und wie man Fotos auf dem Iphone löscht. Ein weiterer Klick habe zur Frage geführt: Wenn man bei Mord als Zeuge aussagt, wann droht die Untersuchungshaft? 

Und zu guter Letzt: „Eingepisst nach Knock out“ Diese Abfrage bezog sich auf den Umstand, dass sich das Opfer auf dem Boden eingenässt hatte. Solche Dinge konnte nur ein Täter wissen, folgerte Anwalt Benecken. Der Mitangeklagte sei auch derjenige gewesen, der den Syrer im Verhör als Totschläger beschuldigt habe. Zudem habe der junge Deutsche versucht, sich bei einer Freundin ein Alibi für die Tatnacht zu beschaffen.

„Es war alles dieser Araber“

Schließlich wandte sich der angeklagte Syrer in seiner durch seinen Verteidiger verlesenen Einlassung gegen die Vorverurteilung allerorten: In dem Kontext zitierte er nochmals den Chat aus dem Kreis rund um die deutschen Mitangeklagten: „Sag ihm einfach, Du warst dabei – und alles war der Araber.“ Diese Losung habe der Vater des Opfers wie auch Polizei, Staatsanwaltschaft, die Medien sowie die Politik ungeprüft übernommen. „Es war alles dieser Araber.“ 

Nach dem Vortrag erhob sich der Ankläger und warf der Verteidigung falsche Unterstellungen vor: „Es war schwer erträglich, sich diese haltlosen, juristisch falschen Tatsachen anzuhören.“

Ob diese Unschuldsbekundungen tatsächlich fruchten, wird der weitere Prozess zeigen. Interessant ist allerdings der Umstand, dass diese fragwürdigen Chats nicht in der Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld auftauchten.