Seinen 95. Geburtstag hat Rudolf Blind in seinem Haus im bayerischen Marnbach gefeiert. In das Dorf war er 1960 der Liebe wegen gekommen.
Trubel herrschte diese Woche im Haus von Rudolf Blind, das in einem beschaulichen Wohngebiet in Marnbach steht. Zahlreiche Gäste kamen, um dem gebürtigen Dortmunder zu seinem 95. Geburtstag zu gratulieren. Den außergewöhnlichen Jubeltag feierte er im Kreise seiner Nachbarn und seiner Familie und am Tag nach dem Geburtstag überbrachte Bürgermeister Markus Loth die Glückwünsche der Stadt. Sohn Bernhard Blind, Schwägerin Gisela Blind und Pflegerin Justena Graczyk komplettierten die Runde.
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95. Geburtstag in Oberbayern gefeiert
Der körperlich und geistig fitte Jubilar, der angesichts des Besuchs ein wenig aufgeregt war, erzählte aus seinem langen Leben. Er kam im Jahr 1930 in Dortmund zur Welt und wuchs dort mit sechs Geschwistern auf. Die Kriegsjahre haben seine Kindheit und Jugend geprägt, wie Rudolf Blind bei Kaffee und Kuchen erzählte: „Die Kriegszeit war ein Wahnsinn.“ Ständig habe es Fliegeralarm gegeben und die Familie musste sich in einen Bunker flüchten. Er selber war zu jung, um als Soldat in den Krieg ziehen zu müssen, aber seine Brüder wurden zum Teil eingezogen. „Ein Bruder ist nicht wiedergekommen“, erzählte Blind; ein anderer sei total abgemagert wieder nach Hause zurückgekehrt. Das Bild hat er heute noch lebendig vor Augen. Überhaupt sind ihm die Kriegsjahre in bleibender Erinnerung geblieben.
„Der Liebe wegen“ habe es ihn im Jahr 1960 nach Marnbach verschlagen, erzählte Rudolf Blind. Der Schlossermeister hatte im Februar 1960 begonnen, bei einer Molkerei in München zu arbeiten, wo auch seine spätere Frau Marianne, eine gebürtige Marnbacherin, angestellt war. Noch im selben Jahr läuteten die Hochzeitsglocken. „Ich war einer von der schnellen Truppe“, sagte der Jubilar.
Als „Preuße“ im bayerischen Dorf
Die erste Zeit in Bayern sei für seinen Vater nicht einfach gewesen, erzählte Sohn Bernhard. Der „Preuße“ sei zu Beginn skeptisch beäugt worden. Doch mit Offenheit und der Gabe, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, sei es ihm gelungen, sich im Laufe der Jahre in Marnbach zu integrieren. „Ich war immer dafür, mit den Menschen zu reden“, sagte Rudolf Blind. Er war Mitglied in den örtlichen Vereinen und besonders aktiv im Veteranen- und Reservistenverein Marnbach-Deutenhausen, wo er viele Jahre Kassier war.
Im Jahr 1967 hat Blind begonnen, das Marnbacher Haus zu bauen, in dem er heute noch im ersten Stock lebt. Im Jahr 1972 kam Tochter Karoline zur Welt, die mit ihrer Familie im Erdgeschoss des Elternhauses wohnt und ihren Vater tatkräftig unterstützt. Im Jahr 1975 wurde Sohn Bernhard geboren. Inzwischen hat der Jubilar fünf Enkel und zwei Urenkel. Überhaupt gehört Rudolf Blind zu einer großen Familie, wie ein Foto eines Familientreffens, das im Esszimmer hängt, verdeutlicht. Inzwischen ist der 95-Jährige der Einzige, der aus seiner Herkunftsfamilie noch lebt. Manchmal mache ihn das traurig, erzählt sein Sohn.
Mitglied einer großen Familie
Nachdem es dem gebürtigen Dortmunder heuer gesundheitlich nicht gut ging, wurde eine 24-Stunden-Pflegekraft engagiert, die ihn nun in seinem gewohnten Umfeld pflegt. Derzeit kümmert sich Justena Graczyk um das Wohlergehen des Senioren. Seit er rund um die Uhr betreut wird, ist Rudolf Blind wieder aufgeblüht.
Seinen Geburtstag hat er im Kreise der Nachbarn und der Familie gefeiert. Dass er dieses Alter erreicht hat, liegt seiner Überzeugung nach „an der guten Landluft, dem weiß-blauen Himmel“ und der schönen Landschaft, in die es ihn im Alter von 30 Jahren verschlagen hat.
Überhaupt ist er rundum zufrieden – sowohl was sein bisheriges als auch, was sein derzeitiges Leben angeht. Als es seinem Vater vor ein paar Monaten so schlecht gegangen sei, habe er ihn gefragt, ob er aus heutiger Sicht etwas anders machen würde in seinem Leben, sagte der Sohn – „mein Vater hat gesagt, er würde alles wieder genauso machen“. Und der Jubilar ergänzte: „Ich liebe das Leben – besonders mit meinen Mitmenschen.“