Sogar TV-Teams zu Tränen gerührt: Bewegende Szenen bei Afghanen-Ankunft
Nach schier endlos erscheinenden 80 Minuten des Wartens nach der Landung des Flugzeuges ist es endlich so weit: Elhan Neda, ehemalige afghanische Ortskraft für das deutsche Innenministerium in Kabul, erblickt in der gläsernen Ausgangsschleuse am Terminal C des Flughafens Hannover-Langenhagen seine Mutter.
Der 29-Jährige breitet die Arme aus, sprintet fünf Meter auf die 48-Jährige zu. Ihre Arme umschließen sich, beiden schießen die Tränen in die Augen. Sogar unter den Journalisten, die zahlreich vor allem vom Fernsehen erschienen sind, wischt sich der eine oder andere salziges Nass aus dem Gesicht. "Sechs Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet. Ein furchtbarer Albtraum geht endlich zu Ende", sagt Elhan Neda wenig später dem FOCUS-online-Reporter.
2000 Afghanen mit Einreisezusage sitzen weiter in Pakistan fest
Nedas Mutter und seine beiden Schwestern, 20 und 15 Jahre alt, gehören zu einer 47 Afghanen umfassenden Gruppe ehemaliger afghanischer Ortskräfte und Unterstützern von NGOs. Erstmals unter der neuen Bundesregierung von Friedrich Merz (CDU) wurden solche Personen nach Deutschland ausgeflogen.
Rund 2000 Afghanen sitzen teilweise seit zwei Jahren noch immer in Islamabad in Pakistan fest. Die Aufnahme in Deutschland, die ihnen von der Ampel-Regierung zugesagt worden war, war schon im Sommer des vergangenen Jahres ins Stocken geraten.
Die Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan ist riesig
Elhan Neda, der schon 2019 nach Europa kam und seit 2021 in Deutschland lebt und an einer Uni in Düsseldorf arbeitet, kann das Glück, endlich seine Familie wiederzusehen, kaum fassen. "Die Situation in Islamabad war extrem schwierig. Meine Mutter, die ebenfalls für die Bundesregierung gearbeitet hatte, und meine beiden Schwestern waren zwar in Gästehäusern untergebracht, die von der deutschen Regierung finanziert werden. Aber sie mussten dort zwei Jahre darauf warten, bis es endlich mit der Ausreise geklappt hat."
Die Angst, dass seine Familie am Ende vielleicht doch noch trotz einer Aufnahmezusicherung der Bundesregierung wieder von pakistanischen Behörden nach Afghanistan abgeschoben wird, war groß. "Vor zwei, drei Wochen hat es eine Razzia der pakistanischen Polizei im Gästehaus gegeben. Zum Glück ist nichts passiert, meine Familie konnte bleiben. Sie hatten gerade die Bestätigung bekommen, dass sie in Kürze nach Deutschland ausgeflogen werden."
Scharfe Kritik: Deutsche Behörden bearbeiten Dokumente von Afghanen schleppend
Elhan Neda bedankt sich überschwänglich bei der Hilfsorganisation "Luftbrücke Kabul", die nicht nur in Deutschland, sondern auch in Pakistan und Afghanistan direkt vor Ort aktiv ist. "Sie haben uns unterstützt und hier in Deutschland auch Kontakte zu einer Rechtsanwältin hergestellt, die per Eilantrag auf Aufnahme meiner Mutter und meiner beiden Schwestern geklagt hat."
Dass die Aufnahmegarantien für Helfer der deutschen Bundeswehr, deutscher Ministerien und NGOs nicht mehr das wert sind, was sie vor vier Jahren waren, als sie erteilt wurden, zeigte schon die zögerliche Praxis der Ampelregierung. Die schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz beendete im Mai schließlich das Aufnahmeprogramm.
Die Leidtragenden sind jene 2000 Afghanen, die in Islamabad festhängen, weil ihre Fälle nur stockend von deutschen Behörden bearbeitet werden. Scharfe Kritik daran äußert die Organisation "Luftbrücke Kabul", die maßgeblich an der Einreise der 47 Afghanen von Islamabad über Istanbul nach Hannover beteiligt ist.
"Einmal ganz abgesehen davon, wie man zum Thema Migration steht: Es ist beschämend und bar jeder Würde, wie die Bundesregierung hier mit den Personen und ihren Angehörigen umgeht, denen eine Aufnahme zugesagt wurde", erklärt Sprecherin Eva Beye FOCUS online am Flughafen.
Bei den 47 Betroffenen, bei denen es sich um acht Hauptantragstellerinnen und deren Familienangehörige handelt, hat es am Ende nur geklappt, nachdem Rechtsanwälte für ihre Mandanten beim Verwaltungsgericht Berlin per Eilanträgen auf die Ausstellung von Visa geklagt hatten.

210 Afghanen von pakistanischer Polizei nach Afghanistan abgeschoben
Monatelang waren keine Ausreisedokumente mehr ausgestellt worden. Dies wiederum hatte die pakistanischen Behörden veranlasst, mit Abschiebungen der Afghanen in ihr Heimatland zu beginnen. Denn die pakistanischen Visa waren wegen der zögerlichen deutschen Bearbeitung nicht mehr erneuert worden.
Mittlerweile sollen nach Angaben des Auswärtigen Amtes 210 der bis vor kurzem noch 2200 afghanischen Bürger aus Pakistan zurück nach Afghanistan gebracht worden sein. Die Bundesregierung soll angeblich jedoch in Kontakt zu den Abgeschobenen stehen, berichtet die FAZ.
"Meine Familie will sich in Deutschland ein neues Leben aufbauen"
Elhan Neda und seine Familie sind in jedem Fall froh, dass die Zeit der Ungewissheit und Angst nun endgültig vorbei ist. "Meine Mutter hat gesagt, dass sie überglücklich ist, endlich in Deutschland zu sein. Sie will dafür sorgen, dass meine beiden Schwestern studieren können. Alle wollen sich hier in Sicherheit ein neues Leben aufbauen, und dafür sind wir alle sehr dankbar."