Ungewöhnliches Renovierungs-Projekt: Familie verwandelt Gebäude von 1880 in Passivhaus

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Markus und Marianne Baab und ihr Traumprojekt „Azamhaus“. © Hans-Helmut Herold

Funktioniert es, den Charme eines alten Gebäudes durch eine Sanierung zu erhalten, zugleich aber die Energieeffizienz auf den neuesten Stand zu bringen? Dass das möglich ist, beweist Familie Baab exemplarisch am „Azamhaus“ in Peiting.

Peiting – Hoch über der Ammergauer Straße fristete ein Haus an der Ecke Azamstraße in Peiting sein unscheinbares Dasein. Über Ebay-Kleinanzeigen hatte eine Erbengemeinschaft das Einfamilienhaus mit Baujahr 1880 zum Verkauf angeboten. Zweifelsohne hätte jeder Käufer dieses in die Jahre gekommene Haus abgerissen und neu gebaut. Nicht so die Peitinger Zimmerer-Familie Baab. Sie wagte sich an ein ungewöhnliches Renovierungs-Experiment der besonderen Art.

Den Ausschlag gegeben hatte der Bau eines echten Passivhauses. „Nachdem wir gesehen haben, wie es funktioniert, haben wir gesagt: Wir wollen einmal ein altes Haus erhalten“, erzählt Marianne Baab. Und energetisch auf den Stand eines Neubau-Passivhauses bringen. Baabs machten sich auf die Suche und stießen auf das alte Haus an der Azamstraße.

Ungewöhnliches Renovierungs-Projekt: Familie verwandelt historisches Gebäude in Passivhaus

Nach der ersten Besichtigung waren die Baabs quasi schockverliebt – und das liegt keinesfalls am damaligen Zustand des Hauses, dem man die eineinhalb Jahrhunderte deutlich ansah. „Ich habe den alten Dachstuhl gesehen und gesagt: Wenn wir das nicht nehmen, dann reißt es irgendeiner weg“, erinnert sich Markus Baab, dass sein Zimmerer-Herz sofort für das alte Gebälk geschlagen hatte.

Familie Baab bekam den Zuschlag für das „Azamhaus“. Unter anderem, weil eben sie diejenigen waren, die versprachen, das Gebäude nicht abzureißen, sondern liebevoll zu restaurieren. Ein Argument, das die Erbengemeinschaft überzeugte. Der Beginn einer Reise, die nicht ausschließlich für freudige Momente sorgen sollte. „Wir wollten schauen, welche Probleme da so auf uns zukommen. Wie das wirklich werden sollte, das haben wir nicht geahnt“, räumt Baab ein.

In Gesprächen mit anderen hörte der Zimmerer nicht ein Mal: „Reiß das Ding weg, mach das neu.“ Baabs hielten an ihren Plänen fest. Getragen von der festen Überzeugung: „So ein altes Haus lebt anders als ein neues, das hat eine Geschichte“, so Markus Baab. Schon immer hätte er sich für alte Häuser interessiert. „Die haben was. Was genau, das weiß ich nicht. Und bestimmt auch nicht für jeden. Aber für mich.“ Motor genug, um einen irren Aufwand zu betreiben.

Haus hat eine Geschichte

Baabs ließen das Haus komplett entkernen. Zu Beginn der Restaurierungsphase stand nur noch die Gebäudehülle: vier Wände und ein Dach. Der Boden war komplett abgetragen. Aus statischer Sicht ein Wagnis. Um das Haus zu dämmen, wurde das komplette Gebäude mit einer Holzschicht ummantelt – ein Holzrahmenbau auf der Fassade, eine ökologische Dämm-Schicht von 20 Zentimetern. Außen gedämmt „und innen der schwere Ziegel, der als Wärmespeicher dient“, erklärt Markus Baab seine Idee. Die Wände waren nun 70 Zentimeter dick, das ist massiv.

Und immer wieder wurde es kompliziert. Weil das Gebäude in zwei Wohnkomplexe geteilt werden sollte, entpuppte sich die Angelegenheit mit dem Trittschall als gar nicht so einfach. Und wie bringt man die Dämmung unten rein? Alte Balken, die erhalten werden sollen, haben Risse, die Probleme bereiten könnten. Marianne und Markus Baab verzweifelten nicht, sondern nahmen die immer wieder neuen Herausforderungen an.

Charakter des Gebäudes soll im Vordergrund stehen

Besonders wichtig war es beiden, den Charakter des Hauses in den Vordergrund zu stellen. An mehreren Stellen war das alte Mauerwerk freigelegt: Vier verschiedene Arten Steine waren deutlich zu erkennen. Flusssteine, Tuff, Bims und gebrannter Ziegel. „Vielleicht haben die Leute die Steine aus dem Lech geholt?“, fragten sich Baabs. „Gebaut wurde auf jeden Fall mit allem, was rumgelegen ist“, so Marianne Baab. Viele Dinge wird das „Azamhaus“ auf jeden Fall als Geheimnis für sich behalten.

Auch wenn die Renovierung inzwischen seit zwei Jahren läuft und noch immer nicht ganz abgeschlossen ist: Familie Baab fühlt sich in seiner Idee bestätigt. Alle Mühen haben sich gelohnt. Und das nicht nur wegen des alten Gebälks unter dem Dach, das – jetzt frisch sandgestrahlt – seinen ganzen Charme entfaltet. Alt trifft auf neu. Gebälk und Tuffstein auf Wärmepumpe. Das alte „Azamhaus“ ist energetisch inzwischen tatsächlich auf dem Stand eines Passivhauses.

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Tatsächlich aber ist das „Azamhaus“ nicht nur ein Liebhaber-Projekt, das zeigt, dass es wert ist, alte Dinge zu erhalten. Dank der Riesen-Baustelle hat es Familie Baab nebenbei auch geschafft, auch im Winter im eigenen Zimmerer-Team für Vollbeschäftigung zu sorgen. Also auch eine Art Sozial-Projekt.

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