Rätsel um Russlands Luftwaffe: Was macht Putin mit über 1000 Kampfflugzeugen?
Der hybride Krieg Russlands wird immer offensichtlicher. Welche Rolle die russische Luftflotte dabei spielt – und was ihr Einsatz über Putins Strategie verrät.
Moskau – Im Ukraine-Krieg setzt Russland täglich rund 300 Flugzeuge ein. Auf dem Papier hat die Streitmacht des russischen Präsidenten Wladimir Putin aber fast 1400 Kampfjets. Warum kommen nicht alle zum Einsatz – und wie groß ist die wahre Stärke der russischen Luftwaffe?
Fast 1000 ungenutzte Kampfjets: Russland provoziert Nato zu 300 Abfangmissionen pro Jahr
Russland verfügt laut der Analyse The Military Balance 2024 der britischen Denkfabrik International Institute for Strategic Studies (IISS) über 1169 Flugzeuge der russischen Luftstreitkräfte sowie weitere 208 Flugzeuge der russischen Marine. Nach Schätzungen des ukrainischen Verteidigungsnachrichtendienstes verwendet Russland im Krieg rund 300 Kampfflugzeuge, um die Ukraine anzugreifen. Die Differenz: Fast 1000 Flugzeuge. Doch wie und wo kommen diese Jets und Transportflugzeuge sonst noch zum Einsatz?
Russland setzt im Konflikt mit dem Westen immer häufiger auf hybride Kriegstaktiken. Damit sind Angriffe unterhalb der Schwelle direkter militärischer Konfrontation gemeint, wie etwa Cyberangriffe, Desinformation oder Sabotage an Unterseekabeln. Immer wieder kommt es seit Beginn des Ukraine-Kriegs auch zu Zwischenfällen an den Nato-Außengrenzen. Häufig steigen westliche Kampfjets auf, um russische Flugzeuge im internationalen Luftraum abzufangen und Grenzverletzungen zu verhindern. Im Jahr 2024 war dies Nato-Angaben zufolge rund 300 Mal der Fall. Auch dafür setzt Moskau also offenbar einen Teil seiner Luftflotte ein.
Russland vs. Nato: Westliche Truppen an Ostflanke wohl unterlegen
Laut der Datenbank Oryx wurden seit Beginn des Krieges bereits 134 russische Flugzeuge zerstört oder beschädigt. Dennoch ist Russland an der Nato-Ostflanke Staaten des westlichen Militärbündnisses laut Zahlen von 2017 weit überlegen: 220 Kampfflugzeug stellt die Nato laut Angaben der Bundeswehr, Russland verfügte damals über 1276. Nicht berücksichtigt ist dabei allerdings die Türkei, das militärisch stärkste Nato-Land in der Region. Dennoch lautet das Fazit der Bundeswehr: „Die Zahlen, fünf Jahre vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine, zeigen die deutliche Überlegenheit der russischen Streitkräfte.“
Vor der russischen Invasion schätzten Experten die Einsatzbereitschaft der russischen Luftflotte auf 30 bis 40 Prozent. 550 der insgesamt fast 1400 Flugzeuge Russlands wären damit einsatzbereit. Zum Vergleich: Die Einsatzbereitschaft von F-16-Kampfjets liegt in den USA laut einer Analyse des Militärportals Defense24 bei 70 Prozent, in Griechenland bei 40 Prozent. Etwa 500 der russischen Jets erreichen zudem in Kürze das Ende ihres Lebenszyklus. Den Analysen des Militärportals zufolge haben Moskaus Truppen damit rund 840 Maschinen, die in den Einsatz gebracht werden können.
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340 moderne Jets: Warum Russland seine besten Flugzeuge zurückhält
Etwa 340 bis 360 Kampfflugzeuge, vornehmlich des Typs Su-30, Su-34, Su-35, Su-57, schätzen die Militärexperten als relativ modern ein. „Bei einem möglichen zukünftigen Angriff auf die Nato wird nur diese Gruppe – und einige strategische Bomber – effektiv im Kampf eingesetzt werden können“, so das Portal weiter. Russland habe sich aus Sicht des ukrainischen Portals Defense Express bewusst dafür entschieden, manche dieser Flugzeuge zu „schonen“, womöglich um eine Reserve für einen etwaigen Einsatz in einem direkten Konflikt mit der Nato zu haben.
Zuletzt reagierte die Nato auf die wachsenden hybriden Bedrohungen und schickte mehr Schiffe auf Patrouille in der Ostsee, für den Schutz und die Integrität des Nato-Luftraumes an den Außengrenzen des Bündnisses sorgt die Mission Enhanced Air Policing South. Die Bundeswehr beteiligt sich bereits seit 2005 durch Entsendung von Jagdflugzeugen. „Mit dem umfassenden Einsatz hybrider Methoden und Mittel durch Russland steigt auch das Risiko, dass sich irgendwann die Frage eines NATO-Bündnisfalls stellen könnte“, sagte der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, vergangenes Jahr über die Zunahme der hybriden Angriffe durch Russland.