Er weiß, wann es stürmt, hagelt, schneit: Oberammergauer beobachtet seit Jahrzehnten das Wetter

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Schaut jeden Morgen Niederschlags- und Temperatur-Daten auf seinem Tablet nach: der ehrenamtliche Wetterbeobachter Thomas Schneller aus Oberammergau. © Brumbauer

Thomas Schneller zeichnet seit 45 Jahren Wetterdaten auf. Seit 25 Jahren engagiert er sich beim Deutschen Wetterdienst. Am Dienstag wird er geehrt.

Oberammergau – Ab und an kommen am Esstisch bei Familie Schneller Fragen zum Wetter auf. Zum Beispiel, ob es denn an den vergangenen Weihnachten geschneit hat. Oder ob es vor fünf Jahren viel geregnet hat. Thomas Schneller kann dann in seinen Büchern nachschauen. Dort hat er die Wetterdaten der vergangenen Jahre erfasst. Der Oberammergauer betreibt seit 25 Jahren eine kleine Wetterstation.

Sie steht draußen, vor seiner Gärtnerei in der Feldiglgasse. Jeden Morgen nach dem Aufstehen schaut er auf dem Tablet die übertragenen Temperatur- und Niederschlagswerte nach. Die Informationen übermittelt er an den Deutschen Wetterdienst. Das alles macht er ehrenamtlich. Für sein großes Engagement wird Schneller nun am Dienstag nun geehrt. Detlef Aßmann, Leiter Regionales Standortmanagement Süd des Wetterdiensts in München, überreicht ihm in Beisein von Oberammergaus Bürgermeister Andreas Rödl (CSU) die mit der Wetterdienstplakette.

Thomas Schneller aus Oberammergau beobachtet das Wetter: Am Dienstag wird er ausgezeichnet

Drauf angesprochen, winkt Schneller ab. „Eigentlich ist mir das überhaupt nicht wichtig“, erklärt der Oberammergauer. „Ich mach das doch nur für mich und viel Arbeit hab ich ja auch nicht damit.“ Die allermeisten Daten erfasst die Station von selbst – und überträgt die Informationen auf sein Tablet. Dann schickt Schneller die Auswertungen an den Wetterdienst. Meistens zwischen sechs und acht Uhr. Zusätzlich trägt er alle Informationen für sich in einem kleinen Büchlein ein. Lauter Kürzel sind auf den Seiten zu lesen, da kennt sich ein Laie erstmal nicht aus. Ein kleines Sternchen ist noch als Schneeflocke zu erkennen. Für den Rest braucht es eine Erklärung.

Ein Punkt bedeutet Regen, ein Punkt im Dreieck Regenschauer. Ein schwarzes Dreieck steht für Hagel. Schneller zeigt die Seite, wo die Daten vom 22. Januar aufgeführt sind. „.abd-v24“ steht da. Das heißt, abends, ab 18 Uhr gab es Regen bis vor 24 Uhr. Der Oberammergauer geht weiter zum 23. Januar. „.. no -vm mU und .^ vm“, also Starkregen nach Mitternacht bis zum Vormittag und Regenschauer am Vormittag sind da verzeichnet. „Da schauen wir immer wieder rein“, erzählt Schneller. Selber messen muss der ehrenamtliche Wetterbeobachter Schneehöhen. Oder Extremwetterereignisse wie den schweren Hagelsturm von Bad Bayersoien muss er selbst erfassen. Den Rest macht das System.

Vor 45 Jahren musste Thomas Schneller als Gärtnerlehrling Wetterdaten aufzeichnen: Aus Pflicht wurde Faszination

Das war nicht immer so. Eigentlich schon vor 45 Jahren, während seiner Lehre in einer Murnauer Gärtnerei, hat er das Wetter aufzeichnen müssen. Damals hat der Oberammergauer die Informationen noch in spezielle Listen und Kalender eingetragen. Damit sie die Bedingungen für ihre Pflanzen genau im Blick haben. Die Pflichtaufgabe wurde Spaß und eine gewisse Faszination.

„Es ist schon spannend, zu sehen, wie im großen Ganzen betrachtet alles mit dem Wetter zusammen hängt“, sagt Schneller. Klimatische Veränderungen spürt er zum Beispiel in der Gärtnerei. Heute kommen die Leute früher zu ihm, um etwa Salatpflanzen oder Balkonblumen fürs Frühjahr zu kaufen. Schneller fällt auch auf, wie grün die Wiesen schon im Februar waren. Oder wie trocken der Februar war.

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Oberammergauer Wetterbeobachter erklärt: Februar war viel zu trocken, Schnee im März nichts außergewöhnliches

Im Januar fielen in Oberammergau 135 Liter Niederschlag, das sei normal. Aber im zweiten Monat des Jahres gab es nur 42 Liter. Zu wenig. Normal wären 80 bis 100 Liter. Die Pflanzen brauchen aber den Niederschlag und die Kälte, „sonst kommen sie ganz durcheinander“. Zwar erinnert sich Schneller auch an warme Winter in den 1980er-Jahren. Aber der Klimawandel sei deutlich sichtbar.

Dass im März hingegen nochmal Schnee kommt, damit rechnet Schneller. „Das ist nichts Außergewöhnliches.“ So glaubt der Ammertaler an weiße Ostern. „Die hatten wir oft in den vergangenen Jahren. Gerade wenn Ostern früh ist.“ So wie heuer, wenn der Ostersonntag auf den 31. März fällt. Das sieht er in seinen Büchern.

Seine Wetterstationen registriert die Werte automatisch. Schneehöhen muss Schneller selbst messen.
Seine Wetterstationen registriert die Werte automatisch. Schneehöhen muss Schneller selbst messen. © Brumbauer

Auf die wird Schneller bald verzichten müssen. Der Deutsche Wetterdienst hat ihm noch für 2024 und 2025 Exemplare ausgegeben. Ab 2026 läuft die Aufzeichnung nur noch über die digitalen Geräte. Ausschließlich mit Tablet oder Smartphone möchte Schneller nicht arbeiten. „Dann werde ich mir etwas einfallen lassen müssen“, sagt er. Denn die Wetterdaten, die er sammelt, will er weiter zu Papier bringen.

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