Russland will wohl Charkiw-Offensive ausweiten: Jetzt fasst Putin Sumy ins Auge
War Charkiw nur der Anfang von Russlands Offensive? Offenbar könnte Sumy das nächste Ziel im Ukraine-Krieg sein. Putin könnte dort ein Ziel verfolgen.
Charkiw – Angesichts schwerer Kämpfe im Ukraine-Krieg, Stromausfällen im ganzen Land und einer großen Charkiw-Offensive blickt die Welt besorgt auf die aktuellen Entwicklungen in Wladimir Putins Angriffskrieg. Inzwischen ist klar: Die ukrainische Armee gerät in der Region Charkiw derzeit zunehmend in Bedrängnis.
Präsident Wolodymyr Selenskyj musste auf Russlands jüngsten Angriff reagieren und weitere Truppen in die umkämpfte Region in der Ostukraine schicken. Andere Frontabschnitte sind nun offenbar weniger stark gegen den russischen Aggressor geschützt. Jetzt wird befürchtet, dass Putins Armee die Lage im Ukraine-Krieg für einen weiteren Vorstoß – an anderer Stelle – nutzen könnte.
Russlands könnte Charkiw-Offensive ausweiten: Neuer Angriff im Ukraine-Krieg befürchtet
Das Tempo der russischen Charkiw-Offensive schien sich zuletzt etwas verlangsamt haben. Zur aktuellen Lage im Ukraine-Krieg schrieb das Institute for the Study of War, dass Russland den aktuellen Vorstoß dafür genutzt hat, um eine sogenannte Pufferzone in der Grenzregion einzurichten. Mehrere ukrainische Militärbeamte hätten demnach am 14. Mai berichtet, dass sich die Lage in der Oblast Charkiw langsam stabilisieren könnte.

Kiews jüngste Reaktion auf die Offensive Russlands bei Charkiw zeigt allerdings, dass weiterhin ein Durchbruch nicht ausgeschlossen werden kann. Dafür spricht auch der Rückzug einiger Truppen des ukrainischen Militärs, die nach eigenen Angaben Dörfer im Nordosten des Landes wegen der vorrückenden russischen Armee aufgegeben haben.
In einigen Gebieten um die Orte Lukjanzi und Wowtschansk hätten sich Einheiten als Reaktion auf feindlichen Beschuss und Angriffe von Bodentruppen „auf günstigere Positionen begeben“, teilte die ukrainische Armee in der Nacht zum Mittwoch mit. Dadurch solle „das Leben unserer Soldaten“ gerettet und Verluste im Ukraine-Krieg vermieden werden.
Lage im Ukraine-Krieg: Nach Charkiw-Offensive rechnet Geheimdienst mit Angriff bei Sumy
Der Chef des militärischen Geheimdienstes der Ukraine, Kyrylo Budanow, erklärte angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen im Ukraine-Krieg und zur Charkiw-Offensive, dass die Befürchtung einer weiteren Offensive aktuell groß sei. Budanow vertritt die Auffassung, Russland würde mit den Angriffen im Nordosten der Ukraine darauf abzielen, die geringen Reserven ukrainischer Soldaten zu überfordern und sie von Kämpfen anderswo abzulenken. Auch andere Militärexperten und ukrainische Beamte hatten sich entsprechend in den vergangenen Tagen geäußert.
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Schon länger stellt die Versorgung mit weiteren Soldaten die Regierung in Kiew vor Probleme. Zuletzt waren Mobilisierungspläne publik geworden, die die Rekrutierung von 500.000 neuen Soldaten für den Ukraine-Krieg vorsahen. Unter anderem der Deutschlandfunk hatte im April 2024 über entsprechende Gedankenspiele berichtet.
Offensive bei Sumy: Russlands Angriff bei Charkiw könnte Front im Ukraine-Krieg verlagern
In einem Videointerview mit der New York Times berichtet Budanow nun über die aktuelle Lage der Charkiw-Offensive, insgesamt zeichnet er ein düsteres Bild: Die militärischen Aussichten der Ukraine würden sich trotz neuer US-Waffenlieferungen weiter verschlechtern. „Alle unsere Streitkräfte sind entweder hier oder in Tschassiw Jar“, sagte er. „Es wurde alles genutzt, was wir haben. Leider haben wir niemanden mehr in der Reserve.“ Budanow vermutet, dass die Ukraine zeitnah die Frontlinien gegen die russische Offensive stabilisieren könnte. Zeitgleich könnte indes Putins Armee in der Region Sumy zuschlagen. „Der Feind erzielt derzeit taktische Erfolge“, räumte Budanow am Dienstagabend ein.
Die Gefahr eines Durchbruchs bei Charkiw ist dennoch nicht gebannt und könnte dazu führen, dass die Ukraine zusätzlich zur bisherigen Verstärkung der Truppen weitere Einheiten schicken könnte. Dass der Vorstoß in der Region Charkiw eine „Finte“ sein könnte, die auf eine Verlagerung der Truppen der Ukraine abzielt, vermutete bereits Ben Hodges, US-Generalleutnant a.D. und ehemaliger Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa, vor mehreren Tagen. Zugleich gab er zu bedenken: Putins Truppen würde im Ukraine-Krieg die notwendige Agilität fehlen, um schnell aus der Lage im Ukraine-Krieg Profit schlagen zu können.
Droht bei Sumy nächste Russland-Offensive im Ukraine-Krieg? Putin könnte Pufferzone planen
Bei Sumy hatten ukrainische Beobachter zuletzt den Aufmarsch kleinerer Soldatengruppen aus Russland bemerkt. In den kommenden Tagen könnte ihre Präsenz in der Region weiter aufgestockt werden. Eine mögliche Offensive in der Region Sumy könnte laut Einschätzung mehrerer Experten ein ähnliches Ziel wie der Vorstoß auf Charkiw verfolgen. Die Stadt im Nordosten der Ukraine gilt ebenfalls als wichtige Säule der Verteidigung. Falls es notwendig wird, könnte Kiew also veranlassen, weitere Truppen in die Region zu entsenden. Als Folge wären andere Frontabschnitte weniger stark gegen Putins Armee geschützt.
Sollte es den russischen Truppen gelingen, bei Sumy vorzustoßen, könnte auch eine Pufferzone zur Grenze zu Russland geschaffen werden. Diese könnte das ukrainische Militär dann daran hindern, russisches Staatsgebiet weiter unter Beschuss zu nehmen. In den vergangenen Monaten war das russische Grenzgebiet häufig von der ukrainischen Armee mithilfe von Drohnen beschossen worden. (fbu/afp/dpa)