Ministerlob für neues Wohnviertel: „Das sollte viele Nachahmer finden“ - Stadt ächzt aber unter Zinsen
Die Arbeiten am neuen Wohnviertel „An den Eichen“ in Penzberg gehen dem Ende entgegen. Bis Herbst sollen alle vier Häuserzeilen fertig sein. Ein Teil der 149 Wohnungen ist bereits bezogen, für den Rest läuft das Vergabeverfahren. Die Gesamtkosten könnten am Ende bei 58 Millionen Euro liegen. Bei einem Ministerbesuch wurde nun ein erster Fazit gezogen.
Ein wenig sah es wie eine Einweihungsfeier für das neue Wohnviertel „An den Eichen“ mit 149 Wohnungen aus, das die Stadt Penzberg westlich der Birkenstraße errichten lässt – auch wenn erst eine Häuserzeile mit 33 Wohnungen bezogen ist und die anderen drei Blöcke bis Herbst fertiggestellt sein sollen. Zu Besuch waren der bayerische Bauminister Christian Bernreiter (CSU) und die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Die bayerische und die Penzberger Fahne hingen an einem der Gebäude. Rednerpult und Schirme waren aufgestellt. Nur die Blaskapelle fehlte.
Lob von zwei Ministern
Die beiden Minister lobten in ihren Ansprachen vor allem, dass die Stadt das finanzielle Wagnis eingegangen war, selbst als Bauherr Wohnraum zu schaffen, und dass sie als Mieter in erster Linie Menschen berücksichtigen will, die zum Beispiel in Seniorenheimen, Kitas, Krankenhaus, bei Stadt, Polizei oder BRK arbeiten oder sich ehrenamtlich engagieren, beispielsweise bei der Feuerwehr. Damit will die Stadt, wie berichtet, die Chance erhöhen, dass Mitarbeiter in „Berufen der Daseinsvorsorge“ gewonnen beziehungsweise in Penzberg gehalten werden.
„Das Beispiel sollte über Penzberg hinausstrahlen“, sagte Gesundheitsministerin Gerlach. „Es sollte viele Nachahmer finden.“ Der Mangel an Wohnraum sei oft ein Hindernis, dass Menschen diese sozialen Tätigkeiten aufnehmen. Bauminister Bernreiter sprach von einem innovativen Ansatz, Menschen aus Berufen der Daseinsvorsorge Wohnraum bereitzustellen. Er und seine Kollegin Gerlach verwiesen in dem Zusammenhang auf die Wohnraumförderung des Freistaats, die neuerdings einen Zuschuss-Bonus für Bauherrn vorsieht, wenn sie Wohnungen für Beschäftigte der Daseinsvorsorge schaffen.
Aktuell größtes Förderprojekt
Zum Penzberger Bauprojekt erklärte Bernreiter, es sei „aktuell eines der größten Projekte der kommunalen Wohnraumförderung in Oberbayern“. Bezuschusst wird es mit 20,4 Millionen Euro aus dem „Kommunalen Wohnraumförderungsprogramm (KommWFP)“ des Freistaats.
Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) sagte, dass sich die Stadt Penzberg nur mittels des Förderprogramms auf das Neubauprojekt habe einlassen können. Rund 36 Millionen Euro – drei Millionen Euro mehr als bisher bekannt – nahm die Stadt ihm zufolge zusätzlich als Kredit auf, um das Bauprojekt zu finanzieren. Er mache keinen Hehl daraus, sagte Korpan, „dass wir uns angesichts der aktuell finanziell arg angespannten Situation unserer Stadt bezüglich Zins und Tilgung ordentlich an die Decke strecken müssen, um dieses Wohnbauprojekt zu stemmen“.
Hohe Zinsbelastung für die Stadt Penzberg
Wie berichtet, muss die Stadt für jenen 33-Millionen-Kredit, der in zwei Tranchen 2022 und 2023 bei der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt („BayernLabo“) abgerufen wurde, allein für die Jahre von 2022 bis 2028 rund 3,6 Millionen Euro Kreditzinsen bezahlen. Die Laufzeit des Kredits beträgt 20 Jahre. Es werden also noch einige Millionen dazukommen. Bei der Planung des Großprojekts hatte man noch damit kalkuliert, dass keine Zinsen fällig werden – damals herrschte die Nullzins-Zeit.
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Zu den Gesamtkosten erklärte Stadtbaumeister Justus Klement, dass die prognostizierte Endabrechnung aktuell bei 55,5 Millionen Euro liegt. Dies wäre ihm zufolge tortz Corona und Ukraine-Krieg nur eine Steigerung von circa sechs Prozent gegenüber der Kostenberechnung von 2021. „Wir sind sehr gut durchgekommen.“ Eine endgültige Aussage lasse sich aber erst in einigen Monaten treffen, da noch Rechnungen ausstehen. Im Penzberger Rathaus geht man davon aus, dass die Summe am Ende bei rund 58 Millionen Euro liegt.
Kostensteigerung bei circa sechs Prozent
Beim Rundgang mit den Ministern hob Klement hervor, dass alle Dachflächen mit Photovoltaikanlagen belegt sind und es für die Bewohner ein Mieterstrommodell gibt, sie also selbst von dem Solarstrom profitieren. Außerdem, so Klement, seien die vier Häuserzeilen an das Fernwärmenetz der Stadtwerke angeschlossen. Den Mietpreis hat der Stadtrat auf 12,50 Euro pro Quadratmeter festgelegt.

Bürgermeister Korpan sagte in seiner Rede, dass während der Corona-Pandemie die Bedeutung von systemrelevanten Berufen, zum Beispiel der Pflegekräfte, ins Bewusstsein gerückt sei und die Bundesregierung mehrere Handlungsfelder erkannt habe, zum Beispiel eine zeitgemäße Ausbildung, eine Verbesserung der Arbeitsqualität und eine Modernisierung des Einwanderungsrechts. Einen wesentlichen Punkt habe sie aber vergessen: bessere Lebensverhältnisse. Und dazu, so Korpan, gehöre vor allem das Wohnen.
Gerade in einer prosperierenden Region wie Oberbayern sei Wohnraum rar und für viele schlichtweg unbezahlbar, sagte er. Gut sei es, dass die bayerische Staatsregierung dies erkannt habe und dem Umstand mit dem kommunalen Wohnraumförderungsprogramm Rechnung trage. Entstanden seien dadurch in Penzberg 149 moderne Wohnungen.
Vergabe unter sozialen Aspekten
Zur Vergabe der 2-, 3- und 4-Zimmerwohnungen erklärte er, dass man den örtlichen Bedarf der einkommensschwächeren Bürger sowie spezifische soziale Aspekte berücksichtige. Das Ziel seien „sozial stabile, ausgewogene Bewohnerstrukturen in einem ansprechenden Wohnumfeld“. So können soziale Einrichtungen wie Seniorenheime oder Krankenhaus insgesamt bis zu 30 Wohnungen anmieten und an ihre Mitarbeiter untervermieten. Außerdem gibt es acht rollstuhlgerechte Wohnungen. Die Vergabe der sonstigen Wohnungen erfolgt über ein Punktesystem, bei dem Mitarbeiter von sozialen und gemeindebedarfsorientierten Einrichtungen Extrapunkte erhalten.
Die 33 Wohnungen der ersten Häuserzeile sind bereits bewohnt. Für die weiteren Mietwohnungen ab der zweiten Zeile endete diese Woche die Bewerbungsphase. Laut Stadt werden aber weiterhin Bewerbungen (Infos auf der Internetseite www.penzberg.de) entgegengenommen und nach Möglichkeit berücksichtigt