Lafontaine im BSW: Der heimliche Drahtzieher

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Freuen sich nach ihrem Parteitag über eine Millionenspende: Sahra Wagenknecht und ihr Ehemann Oskar Lafontaine. © Kay Nietfeld/dpa

Er hatte sich längst aus der Politik verabschiedet. Nun wird über ihn als Strippenzieher in der Ost-Politik gemunkelt. Oskar Lafontaine, Ehemann von Sahra Wagenknecht, soll in den Koalitionsgesprächen mit CDU und SPD mitmischen.

Es ist ein kalter Samstagabend im Januar 2016, als ein paar hundert Linke in Berlin-Schöneberg gebannt einem russischen Separatistenführer lauschen. Alexej Markow, Kommandeur der berüchtigten Separatisten-Brigade „Prisrak“ („Gespenst“) im Donbass, ist als Ehrengast bei der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung per Video zugeschaltet. Er erzählt, wie er mit seinen Kameraden gegen die Ukrainer kämpft, wie sie den „Faschismus in der Ostukraine“ beenden wollen. Das Publikum applaudiert – darunter zwei Ikonen ihrer Partei, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine. Sie hält an diesem Abend eine Rede, er stärkt ihr den Rücken.

Die Dynamik zwischen den beiden ist auch acht Jahre später noch dieselbe. Wagenknecht steht im Rampenlicht der Bundespolitik. Nach den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist sie die Königsmacherin – ohne die Russlandversteherin kann kaum eine Regierung gebildet werden. Und ihr Ehemann, Oskar Lafontaine, der stärkt ihr wie immer den Rücken. Eigentlich hat sich der 81-Jährige bereits vor zwei Jahren von der politischen Bühne verabschiedet. Und zwar mit einem großen Knall. Kurz vor der Wahl im Saarland kehrte er der Linkspartei, die er selbst 17 Jahre zuvor erschaffen hatte, den Rücken. Inzwischen ist er Mitglied im „Bündnis Sahra Wagenknecht“. Und womöglich noch viel mehr als das.

Rolle innerhalb des BSW: Woidke rechnet mit Lafontaine, dem „Rentner aus dem Saarland“

In Dresden, so berichtet die Bild, sei nämlich ein „hartnäckiges Gerücht“ in Umlauf: Demnach mischt Lafontaine persönlich bei den Koalitionsgesprächen in Sachsen mit. Nicht offiziell, sondern im Hintergrund. So soll es aus dem Umfeld der sächsischen BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann verlauten. In allen drei Bundesländern steht eine sogenannte Brombeerkoalition mit CDU und SPD im Raum. Allerdings sind die Bedingungen denkbar schwierig, denn das BSW besteht auf ein Nein zu US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine.

Ist Oskar Lafontaine nun der heimliche Strippenzieher, der die Forderungen seiner Ehefrau durchsetzen soll? Der Saarländer dementiert. „Das heiße Gerücht der Bild-Zeitung ist eine Ente“, sagt der ehemalige Ministerpräsident der „Saarbrücker Zeitung“. Auch von der sächsischen BSW-Spitzenfrau Sabine Zimmermann ist zu hören: „Quatsch.“

Doch auch der Wahlsieger von Brandenburg, SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke, rechnet damit, dass „ein Rentner aus dem Saarland“ die Verhandlungen mit ihm führen soll. So hat er es der taz zufolge letztens im Willy-Brandt-Haus erzählt. Dort hat Lafontaine einen ganz speziellen Ruf, denn vor dem Austritt aus der Linkspartei hatte er auch schon mit den Sozialdemokraten gebrochen. Das war vor 25 Jahren, als er im Streit mit Altkanzler Gerhard Schröder all seine SPD-Ämter hingeworfen hatte. Wenig später kehrte er mit seiner neuen Konkurrenzpartei, Die Linke, in den Bundestag zurück.

Daher kommen die Wagenknecht-Millionen

Obwohl das BSW erst Anfang dieses Jahres gegründet wurde, hat es bemerkenswerte Erfolge bei den Ost-Wahlen erzielt. An finanzieller Unterstützung hat es der neuen Partei nicht gemangelt. Eine Spende von mehr als fünf Millionen Euro an das BSW hat bundesweit Aufsehen erregt: Die Großspender heißen Lotte Salingré und Thomas Stanger, ein Ehepaar aus Mecklenburg-Vorpommern. Schnell kursierten Gerüchte, das Geld könne aus Russland oder verschwundenem SED-Vermögen stammen. „So ein Quatsch“, sagt Spenderin Lotte Salingré dem Portal „t-online“. „Wir haben das Geld verdient.“ Demnach stammen die Einkünfte aus einer Beteiligung an der Firma MA Lighting Technology GmbH, die sich auf Bühnenbeleuchtung großer Konzerte spezialisiert hat – etwa von Künstlern wie Ed Sheeran, Taylor Swift oder Coldplay.

Wagenknecht im Namen, Lafontaines Inhalt? Ramelow nennt das BSW Lafontaines Traum

Sahra Wagenknecht wird sich wohl einiges von ihrem 26 Jahre älteren Ehemann abgeschaut haben. Als auch sie Ende vergangenen Jahres die Linke verließ, um das BSW zu gründen, behauptete er zwar stets, nur in der zweiten Reihe bleiben zu wollen – doch der streitlustige Politiker galt nie als Mann im Hintergrund. Der (Noch-)Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, hat sogar die Gründung des BSW als Werk von Oskar Lafontaine bezeichnet. „Jetzt hat Oskar das geschaffen, wovon er immer geträumt hat: eine populistische, national orientierte Partei, die sich links gibt, aber wenig links ist“, sagte der Linken-Politiker gegenüber dem Tagesspiegel. Wenn Wagenknecht spreche, höre er Lafontaine durch.

Auch CDU-Politiker Philipp Amthor teilt im ARD-Talk „Hart aber fair“ gegen Lafontaine aus. Als Wagenknecht gerade erklärt, dass Landesregierungen laut Verfassung durchaus Position zum Ukraine-Krieg beziehen könnten, grätscht der 31-Jährige ein: Er gebe ihr gern ein Beispiel, „weshalb es gut ist, dass nicht irgendwie Landesregierungen Nebenaußenpolitik machen“, sagt Amthor. „Als Helmut Kohl 1989/90 die Wiedervereinigung verhandelt hat, da bin ich froh, dass nicht Ihr Ehemann Oskar Lafontaine aus dem Saarland als Ministerpräsident gefragt wurde.“ Denn der lehnte die Einheit ab. „Dann hätten wir heute noch eine Mauer zwischen Ost und West“, meint Amthor.

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