Ein geheimes Dokument der Bundeswehr mit dem Namen „Operation Plan Germany“ (kurz: OPLAN DEU) beschreibt, wie Deutschland im Falle eines Krieges mit Russland als zentrale Drehscheibe für die Nato dienen soll. Laut dem „Wall Street Journal“ wurde das 1200 Seiten umfassende Papier bereits vor rund zweieinhalb Jahren in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin entworfen. Seitdem arbeiten deutsche Militärs daran, den Plan umzusetzen.
Das Ziel des Plans ist es, bis zu 800.000 Soldaten aus Deutschland, den USA und anderen Nato-Staaten schnellstmöglich an die Ostflanke der Allianz zu verlegen. Dafür werden detaillierte Routen über Häfen, Flüsse, Straßen und Schienenwege festgelegt. Auch die Versorgung und der Schutz der Truppen während des Transports sind Teil des Konzepts.
Infrastruktur als große Schwachstelle
Eine der größten Herausforderungen für die Umsetzung des Plans ist jedoch die marode Infrastruktur in Deutschland. Viele Autobahnen und Brücken seien in einem schlechten Zustand und nicht für den Transport schwerer Militärfahrzeuge geeignet. Zudem fehlen an vielen Stellen wichtige Einrichtungen wie ausreichend große Rastplätze oder stabile Brücken.
Ein Vorfall im Februar 2024 stellte diese Probleme unter Beweis: Ein Frachtschiff rammte eine Ersatzbrücke über die Hunte bei Elsfleth in Norddeutschland, wodurch der einzige Schienenweg zu einem wichtigen Hafen blockiert wurde. Wochenlang konnten keine Munitionslieferungen für die Ukraine über diesen Hafen abgewickelt werden.
Rückkehr zur „Kalter-Krieg-Mentalität“?
Der Geheimplan sieht auch vor, dass zivile und militärische Bereiche wieder enger zusammenarbeiten – ähnlich wie während des Kalten Krieges. Damals war es üblich, dass Straßen, Brücken und andere Infrastrukturen sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden konnten. Heute fehlt es jedoch an solcher Doppelnutzung von Infrastruktur.
Die Bundesregierung will mit Investitionen von 166 Milliarden Euro bis 2029 diese Lücke schließen. Ein Großteil davon soll in den Ausbau von Straßen und Schienen fließen, damit sie im Ernstfall auch militärischen Anforderungen genügen, so das „Wall Street Journal“.
Übungen zeigen Schwächen auf
Um den Plan zu testen, führte die Bundeswehr im September 2025 eine Übung namens „Red Storm Bravo“ in Hamburg durch. Dabei sollten 500 Nato-Soldaten in einem Hafen landen und als Konvoi Richtung Osten weiterziehen. Doch schon bei dieser Simulation traten zahlreiche Probleme auf: Fahrzeuge hielten nicht die nötigen Abstände ein, Drohnen sorgten für Verwirrung, und Proteste blockierten zeitweise die Route.
Ein weiteres Problem ist laut dem „Wall Street Journal“ die Zusammenarbeit zwischen Militär und Polizei. Während Soldaten nicht eingreifen durften, fehlte es der Polizei an Ausrüstung, um etwa Demonstranten schnell von der Straße zu entfernen.
Sabotage und Drohnen als Gefahr
Neben logistischen Herausforderungen bereitet auch die Gefahr von Sabotage den Planern Sorgen. Immer wieder kommt es zu Angriffen auf die deutsche Infrastruktur, etwa durch Brandstiftung oder beschädigte Kabel. Laut dem „Wall Street Journal“ wurden allein im vergangenen Jahr fast 10.000 Sicherheitsüberprüfungen bei Mitarbeitern kritischer Infrastrukturen durchgeführt.
Auch Drohnen könnten im Ernstfall eine große Bedrohung darstellen. Dennoch behindern veraltete Gesetze den Einsatz moderner Technologien: Militärdrohnen dürfen beispielsweise nicht über bebaute Gebiete fliegen und müssen Positionslichter tragen – was sie im Kriegsfall leicht angreifbar macht.
„Die Bedrohung ist real“
Die Bundesregierung sieht die Vorbereitungen dennoch auf einem guten Weg. Laut dem „Wall Street Journal“ sagte ein Mitautor des Plans, man habe „angesichts der kurzen Zeit viel erreicht.“ Doch die Zeit drängt: Sabotageakte, Cyberangriffe und Luftraumverletzungen nehmen zu. Bundeskanzler Friedrich Merz erinnerte kürzlich: „Wir sind nicht im Krieg, aber wir leben auch nicht mehr in Friedenszeiten.“