Saubere Luft: Die Folgen der radikalen Pariser Verkehrspolitik - mit Karten

Bilder sprechen bekanntlich mehr als tausend Worte. Das gilt auch für die französische Metropole Paris, die in den letzten zwei Jahrzehnten eine bemerkenswerte Transformation vollzogen hat – zumindest, was die Luftqualität angeht. War Paris in den Nullerjahren noch eine der europäischen Hauptstädte von Feinstaub und Luftverschmutzung, ist die Luft der Stadt der Liebe mittlerweile sauber wie nie.    

Verantwortlich dafür ist in großen Teilen Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Nach ihrer Wahl im Jahr 2014 hatte es Hidalgo zu ihrer Mission gemacht, dem Auto „Au Revoir“ zu sagen – und es so weit wie möglich aus der Pariser Innenstadt zu verbannen. 

Luftqualität: Von Rot zu Grün

Anfang dieser Woche veröffentlichte die Behörde „Airparif“ neue Daten über die Luftqualität im Vorjahr. Airparif ist eine unabhängige, der französischen Umweltbehörde unterstellte Institution, die die Luftqualität in ganz Frankreich trackt. Anfang der Woche gab Airparif verblüffende Zahlen bekannt: Die Feinstaubmenge sei in den letzten 20 Jahren um 55 Prozent zurückgegangen, die Belastung mit Stickstoffoxid um 50 Prozent.

Ursächlich für den schnellen Wandel seien „Regulierungen und politische Maßnahmen“ auf nationaler, europäischer und lokaler Ebene, hieß es in einer Mitteilung von Airparif. Die Zahl der Todesfälle, die mit Luftverschmutzung in Verbindung stehen, habe sich zwischen 2010 und 2019 um ein Drittel reduziert.

Mithilfe der Daten der Behörde hat FOCUS online Earth zusammengefasst, wie hoch die Stickstoffdioxidbelastung der letzten 20 Jahre war. 

Ergebnis: Zu Beginn der Aufzeichnungen von Airparif (ab 2007) lagen die Werte deutlich über den erlaubten Grenzwerten von 40 Mikrogramm je Kubikmeter. Besonders eklatant ist die Belastung entlang der meist befahrenen Straßen, darunter die Paris umspannende Schnellstraße  „La Péripherie“. 

Feinstaubbelastung in Paris von 2007 bis 2024: Die Luftqualität hat sich deutlich verbessert.
Feinstaubbelastung in Paris von 2007 bis 2024: Die Luftqualität hat sich deutlich verbessert. Airparif/Darstellung: FOCUS online Earth

Von der Blechlawine zur Fahrradstraße

Die im Zeitraffer übereinander gelegten Karten zeigen die Belastung der Stadt mit Stickstoffdioxid, das als Nebenprodukt bei Verbrennungsprozessen anfällt. In Städten geht das vor allem auf den Straßenverkehr zurück, insbesondere Diesel-Pkw. Da Stickstoffoxide schwere gesundheitliche Schäden verursachen, verschärft die EU die zulässige Abgasnorm regelmäßig, die nächste Stufe soll Ende 2026 in Kraft treten. 

Der Effekt dieser stetig strengeren Abgasnormen ist deutlich auf dem Zeitraffer von Paris zu sehen: Während große Teile der Stadt 2007 noch unter einer regelrechten Dunstglocke an Feinstaub lagen und die erlaubten Grenzwerte um mehr als das Doppelte überschritten, bessert sich die Situation seit 2017 zusehends – auch im Umland. Zu sehen ist auch, dass sich die Feinstaubbelastung in der Stadt kontinuierlich auf den Haupt- und Nebenstraßen verbessert, mit Ausnahme einiger kleiner Ballungszentren.

Ein besonders gutes Beispiel ist die Rue de Rivoli: Sie war einst eine der meist befahrenen Straßen in Paris und führte entlang der Fassade des Louvre bis zum Place de la Concorde, wo die berühmte Champs-Elysées beginnt. Mittlerweile ist die Rue de Rivoli jedoch: eine Fahrradstraße.

Feinstaubbelastung, Rue de Rivoli, 2007-2024
Feinstaubbelastung, Rue de Rivoli, 2007-2024 Airparif/Darstellung: FOCUS online Earth

Die Feinstaub-Reduktion geht auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen zurück:

Blick auf den von Smog verhüllten Eiffelturm in Paris im Jahr 2020 (Archivbild)
Blick auf den von Smog verhüllten Eiffelturm in Paris im Jahr 2020 (Archivbild) Getty Images

Das autofreie Paris – auch in Deutschland denkbar?

Feinstaubbelastung ist auch ein großes Problem auf deutschen Straßen; einer der notorischsten Schauplätze war lange der Mittlere Ring in München, eine große Ringstraße, die das Stadtgebiet umschließt. Hier überstiegen die Werte regelmäßig die zulässigen Grenzwerte – doch seit für bestimmte Streckenabschnitte Tempo 30 gilt, hat sich nicht nur der Verkehr um zehn Prozent verringert, sondern auch die Feinstaubbelastung. 

In Deutschland werden Debatten um autofreie Zonen oder zusätzliche Tempolimits, etwa auf Autobahnen, meist erbittert geführt. Die Berliner Friedrichstraße beispielsweise: Einst autofrei, wurde sie erst 2023 wieder für Autos geöffnet. Und um die Kolumbusstraße in München, die als Teil eines Forschungsprojektes der örtlichen Technischen Universität ebenfalls autofrei wurde, entbrannte ein heftiger Streit, der sogar zum Einsatz von Wasserpistolen führte

Aber auch Deutschland hat Gegenbeispiele zu bieten: Die Leipziger Innenstadt ist nämlich schon seit 1993 eine verkehrsberuhigte Zone, in vielen Straßen gilt Tempo 20. Hannover plant, bis 2030 eine weitestgehend autofreie Innenstadt zu haben, auch München hat mit seinen „Sommerstraßen“ und Schanigärten einen Ausgleich.