Seegeister-Prunksitzung: Alles Disco im einzig wahren Bergsteiger-Dorf

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Perfekte Choreografie: Die Auftritte der Garden zählten einmal mehr zu den Höhepunkten der Seegeister-Prunksitzung. Neben den Damen erntete auch die Männergruppe „Always Ultras“ Beifallsstürme. © Ralf Poeplau

Nach sechsjähriger Pause melden sich die Seegeister zurück mit ihrer berühmt-berüchtigten Prunksitzung. Viereinhalb Stunden lang setzte der Faschingsverein bei der Premiere am Samstag auf Bewährtes: Verbindungen, Insiderwissen und mitreißende Disco-Hits.

Gmund – Leicht retro mag das Programm „Disco Fieber“ des Faschingsvereins Seegeister Gmund-Dürnbach mit seinen Reminiszenzen an die Gründerjahre auf den ersten Blick wirken – jene Jahre, als man noch analog in Discos wie dem Dudelhofer in Dürnbach oder über die Kuppelshow „Herzblatt“ anstatt über Tinder oder im Paradise Hotel balzte. Und auch das mehrmalige Erinnern von Moderator Sven Bergmair an die belächelten Anfänge der Seegeister, an seine Macher, Wegbegleiter und Förderer entbehrten nicht einer gewissen Nostalgie. Doch die Rückschau war nach der sechsjährigen Prunk-Sitzungspause und Neuordnung von Gmunds größtem, insbesondere hinsichtlich der Jugendarbeit, Ortsverein zur eigenen Standortbestimmung notwendig.

So gelang es den Seegeistern, mit der Eröffnungs-Werberede ihres Präsidenten Florian Gradl und den bewährten Erfolgsgaranten wie der Einlage des Krampfader-Geschwaders, dem fränkischen Gast-Büttenredner Jochen Burk, dem zitherndem und singendem Vater-Sohn-Duo Toni und Max Fischer, dem Maskottchen „Pferd Dulcinea“ und der Prinzen- und der Jugendgarde sowie dem Prinzenpaar Katharina I. und Anian I. einen fulminanten Neustart hinzulegen.

Dass das Publikum fast jeden Hit mitsingen und mitklatschen konnte, kam den Seegeistern zupass. So wurde Gmund zur „Funkytown“. Die Garden beeindruckten das Publikum zu Disco-Hits aus den 80ern und 90ern in raffinierten Glitzerkostümen und mit ausgefeilter Choreografie. Dem konnte auch die unfallbedingte Dezimierung (Kreuzbandriss und Meniskusschaden) der Reihen nichts anhaben.

Besonders beeindruckte die Männertanzgarde „Always Ultras“, ein Ableger der Prinzengarde, die in Tom-Selleck-Magnum-Optik und Backstreetboy-Manier unter frenetischem Applaus die Tanzkompetenz der Gmunder Burschen weit über dem Luft-Gitarren-Style unter Beweis stellte. Nicht minder viel Zuspruch bekam das 15-jährige Funkenmariechen Anja, das sich ihr Pailletten-Kostüm selbst geschneidert hatte. Ebenso wie die Mitwirkenden, die spontan aus dem Publikum akquiriert wurden, etwa Pfarrer Stephan Fischbacher. Er beeindruckte mit einer Kaffeemühlen-Hula-Hoop-Ganzkörper-Tanzeinlage. Umjubelt waren die Lektionen „Altbairisch für Einsteiger“, mit denen Eheanbahnungsversuche (Fensterln) und Familienbeziehungen ausgedeutscht wurden.

Am besten kamen die Programmpunkte mit Lokalbezug an: Der Sketch der Gmunder Gemeinderäte Martina Ettstaller und Bernd Ettenreich etwa, bei dem nicht nur der neue „Diversenparkplatz“ vor dem Rathaus diskutiert wurde, sondern über das kommunale Hallenbad: „Wir wollen ein gescheites Hallenbad, und die Wiesseer sollen gescheit mitzahlen.“

Oder die feingeschliffene Büttenrede von Josef Stecher. In der mahnte er an, dass man bei der Zahl der unendlich vielen See-, Wald-, Gau-, Jubiläums- und Lichter-Feste, auf denen man stets die gleichen Leute träfe, nur noch am Dresscode der Männerjoppen unterscheiden könnte, wo man sich gerade befände. Deren Anzahl im Schrank der Talbewohner – ein Phänomen in der Männerwelt. Außerdem, dass Gmund in Anbetracht von Gmunder-, Tölzer- Oster- und Ackerberg doch besser Bergsteigerdorf sein sollte, denn als radlfreundliche Kommune gelten zu können.

Bei der Neuauflage der beliebten TV-Show „Herzblatt“ bogen sich die Zuschauer vor Lachen. Dabei wurden Jacuzzi-Fans von der Holzer Alm, Schmuckdesignerinnen, Yoga-Tandra-Schakren-Therapeutinnen, Versace-Bäuerinnen, Postler, Rottacher Start-Upler im Social-Media-Bereich und Großbauern tüchtig durch den Bio-Kakao gezogen – sehr aktuell und sehr eindeutig für das Publikum mit genug Gmunder Insiderwissen.

Ein war ein unterhaltsamer Abend mit Biss, Selbstironie und Spaß an der Freud, der nach dem großen Finale aller Beteiligten in der traditionellen Polonaise durch den Neureuthersaal endete. Am Freitag, 7. Februar, gibt es dort ab 20 Uhr die zweite Auflage der Prunksitzung „Disco Fieber“. Es sind noch Karten zu haben.

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