Allein mit der Kraft des Windes: Wie ein Ballon-Pilot die Fuchsjagd der Montgolfiade meistert

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Herr der Lüfte: Ballon-Pilot Thomas Klein beim Navigieren kurz nach dem Start in Rottach-Egern. © Sebastian Grauvogl

Ein zwölf Kilometer entferntes Ziel möglichst genau treffen: Darum geht es bei der Fuchsjagd im Rahmen der Tegernseer Tal Montgolfiade. Wir waren beim Spiel mit dem Wind im Korb dabei.

Tegernseer Tal – Der „Fuchs“ ist nur mehr eine luftleere Schlange, als Thomas Klein seinen knallroten Riesen noch ein paar Meter sinken lässt. Dann greift der Ballonpilot in den Korb, fischt ein 120 Gramm leichtes Sandsäckchen an einem pinken Band heraus. Er schwingt es ein paar Mal wie eine Schleuder im Kreis, dann segelt der Zielmarker hinunter. Schnurstracks in Richtung des fünf mal fünf Meter großen Kreuzes aus zwei blauen Stoffbahnen, die die Crew des bereits im Abbau befindlichen Fuchsballons – eine überdimensionale Cola-Flasche – dort nach ihrer Landung ausgelegt hat. „Na, das sieht doch ned schlecht aus“, kommentiert der 58-Jährige aus Schmelz im Saarland, ehe er das Gas wieder aufdreht, um seinen 30 Meter hohen Heißluftballon sicher über das herannahende Waldstück zu manövrieren.

Feuer in der Hülle: Ein Gasstoß lässt den Ballon erglühen.
Feuer in der Hülle: Ein Gasstoß lässt den Ballon erglühen. © Sebastian Grauvogl

Zweieinhalb Stunden vorher am Startplatz der Fuchsjagd im Rahmen der 24. Tegernseer Tal Montgolfiade: Noch hat es die Sonne nicht über die Bergspitzen geschafft, da herrscht unten auf der gefrorenen Oswaldwiese in Rottach-Egern schon emsiges Treiben. Die Gebläse knattern, um die auf dem eisigen Boden ausgebreiteten Ballonhüllen in bunte Kuppeln zu verwandeln. Die Teams schrauben die Gasbrenner auf die Körbe, lassen die ersten Flammen in den kalten Morgenhimmel schießen. Bei der Mannschaft von Klein Ballooning sitzt jeder Handgriff. Zur Fuchsjagd abheben wird am Ende nur der Pilot. Weil alle fünf Passagierplätze im Korb gebucht sind, bleiben Kleins Kollegen Corinna und Dirk Kulling sowie Simone Ames als „Erdferkel“ – so heißen die Verfolger im Auto – am Boden.

Beeindruckende Zahlen zum Cewe-Ballon

Der vom Sponsor Cewe gestellte Ballon fasst 4500 Kubikmeter heiße Luft, die Hülle bietet eine Segelfläche von 1500 Quadratmeter. Die Folge: Schon ein Bodenwind von mehr als 15 km/h lässt keinen Start mehr zu. An diesem kalten Morgen sind die Bedingungen perfekt. Wie an einer Schnur gezogen, steigt die Cola-Flasche als Fuchsballon in die Höhe. Zehn Minuten Vorsprung bekommt er laut Reglement. Während Klein und seine Passagiere in den Korb klettern, hat der Fuchs den erhofften Südwind erwischt und zischt wie von Cola-Brause angetrieben in Richtung Tegernsee davon.

Die Jagd läuft: die Verfolgerballons über dem Tegernsee.
Die Jagd läuft: die Verfolgerballons über dem Tegernsee. © Sebastian Grauvogl

Am Startplatz fauchen derweil die Gasbrenner. Fast synchron erheben sich die bunten Giganten als Verfolger und recken ihre prallen Köpfe gen Sonne. Schon in dieser frühen Phase des Wettkampfs wird deutlich, wie schwierig das Steuern eines Heißluftballons ist. Die Piloten spielen mit Gashebel und Leinen und damit mit der Höhe, um die gewünschte Luftströmung einzufangen. Klein kann der Bodencrew schnell den erwünschten Nordkurs funken. Mit stabilen 15 bis 20 km/h fährt er (ein Ballon fliegt nicht!) gut 200 Meter hoch über dem glitzernden See. Der Pilot ist zufrieden. Eine Flaute über dem Wasser würde ihn auch nach 13 Jahren à 30 bis 50 Fahrten noch ein wenig nervös machen, gesteht er. Bei der Fuchsjagd über dem Tegernsee braucht er die nicht fürchten. Schnell lässt der Cewe-Ballon die Kite-Surfer zwischen Bräustüberl und Point hinter sich, nähert sich Seeglas.

Schwierige Suche nach dem Fuchsballon

Im Korb hat derweil die Suche nach der Cola-Flasche begonnen. Eine vermutete Sichtung entpuppt sich als Kirchturm. Hilfe leistet die moderne Technik: Die Verfolger erhalten den Landeplatz und damit ihr Ziel als GPS-Markierung aufs Smartphone: eine Wiese nördlich der B472 an der Abzweigung nach Wall. Jetzt weiß Klein, dass er rechts – also nach Nordosten – abbiegen muss. Wieder experimentiert er mit der Höhe, wieder hat er Erfolg. Kurze Zeit später ist das Ziel in Sicht. Als grobe Orientierung dient der am Ende schärfste Konkurrent Kleins, der gelbe Stuttgarter Hofbräu-Ballon von Pilot Pascal Kreins.

Fuchs voraus: der Coca-Cola-Ballon setzte das Ziel.
Fuchs voraus: Der Coca-Cola-Ballon setzte das Ziel. © Sebastian Grauvogl

Dass er vor Klein seinen Marker abwirft, spielt keine Rolle. Die Entfernung entscheidet über den Sieg, nicht die Geschwindigkeit. Dass er sich hier mit einem im Spitzenfeld der Weltrangliste platzierten Team duelliert, macht es für den 58-Jährigen nur noch interessanter. Zumal er vor vier Jahren bei einer Fuchsjagd im hessischen Ronneburg schon einmal als Außenseiter zum Favoritenschreck avancierte. Ehe sich der Pilot aber über sein Abschneiden Gedanken macht, sucht er erst mal nach einem Landeplatz. Da die auf vier Flaschen verteilten 200 Liter Gas sich schon deutlich geleert haben, verzichtet Klein auf eine Fahrt über Miesbach und peilt eine (zum Glück) noch schneebedeckte Wiese in der Unteren Wies an. So verursache man weder einen Flurschaden noch werde die Ballonhülle übermäßig schmutzig. „Den packst du nicht mal eben in die Waschmaschine“, feixt Klein und setzt den Korb butterweich auf dem Boden auf.

Dass es wirklich ganz knapp war bei der Fuchsjagd, zeigt das Ergebnis: Nur vier Meter fehlen Klein (15 Meter daneben) auf Kreins (elf Meter) – Platz zwei. Nur zwölf von 20 Teams schaffen es überhaupt in die Wertung. Als Sieger der Herzen fühlen kann sich der Cewe-Pilot trotzdem: Der Applaus seiner Passagiere zeugt davon, was für eine beeindruckende Leistung es ist, rein mit der Kraft des Windes ein zwölf Kilometer Luftlinie entferntes Ziel nur um so wenige Meter zu verfehlen.

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