Landkreis streicht Großprojekte

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In den letzten Zügen liegt die neue Dreifachhalle am Anne-Frank-Gymnasium (oben links) in Erding. Sanierung und Umbau der Aula (unterhalb des Innenhofs) sind gestrichen, ebenso die Turnhallen-Sanierung am Gymnasium Dorfen. © Peter Bauersachs

Der Kreishaushalt für das laufende Jahr steht und gilt nach den Beratungen im Kreisausschuss als konsensfähig. Die Bürger müssen vorerst nicht fürchten, dass freiwillige Leistungen wie die Schulsozialarbeit gekürzt oder gestrichen werden.

Auch beim Klinikum sind keine einschneidenden Änderungen zu befürchten, ebenso wenig wie bei den Buslinien – noch.

Dennoch ist die Finanzlage des Landkreises so angespannt, dass die ersten Großprojekte gestrichen werden. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) betonte: „Es werden nur noch laufende Vorhaben abgeschlossen, allen voran die Erweiterung des Anne-Frank-Gymnasiums und der Rettungsleitstelle.“ Er erklärte aber, dass man beim AFG den dritten Bauabschnitt nicht weiterverfolge – Umbau und Erweiterung der Aula. Am Dorfener Gymnasium ist die Sanierung der Sporthallen – vorerst – vom Tisch. Die Erweiterung von FOS/BOS und Berufsschule kommt laut Landrat auf die lange Bank. Der Ausbau der Kreisstraße ED19 Erding–Eitting nebst neuem Geh- und Radweg wird ebenfalls auf geschoben.

Und bei der Nordumfahrung hält der Landkreis jetzt die Hand auf. Bayerstorfer sagte: „Die Planungskosten aus dem Umlandfonds des Flughafens sind so gut wie ausgeschöpft. Wir planen nur weiter, wenn wir das – vertragsgemäß – von der Stadt erstattet bekommen.“ Darunter seien zehn Millionen Euro für den Grunderwerb für die Umgehungsstraße.

Zu Beginn der Sitzung sprach Bayerstorfer von einer „herausfordernden Situation“.

Erding ist nach seinen Worten der einzige Landkreis in Oberbayern, dessen Umlagekraft gesunken sei. Das zeigt die Abhängigkeit der Region vom Flughafen, der sich nach Corona noch in der Regenerationsphase befindet, Das Minus beträgt 4,5 Prozent, was 9,7 Millionen Euro entspricht. Das hat die – kuriose – Folge, dass die 26 Gemeinden trotz steigender Kreisumlage von 53,47 auf 55,50 Prozent weniger zahlen müssen. Insgesamt fließen aus der Umlage 115,8 Millionen Euro, gut eine Million Euro weniger als 2023.

Die Bezirksumlage bleibt bei 22 Prozent. Wegen der gesunkenen Umlagekraft müssen aber nur 45,9 Millionen Euro an den Bezirk überwiesen werden, 2,1 Millionen Euro weniger als voriges Jahr.

Als höchste Einnahmen nannte Kreiskämmerer Markus Siecheneder neben der Kreisumlage von 115,7 Millionen Euro die Schlüsselzuweisungen (24,5 Mio. €) sowie Kredite (23,8 Mio. €).

Größte Ausgabenposten sind neben Klinikum und Bezirksumlage die Soziale Sicherung (66,8 Mio. €/+ 22,3 %) und die Schulen (19,1 Mio. €/+ 6,4 %). Für Investitionen stehen fast 63 Millionen Euro im Vermögenshaushalt, zehn Millionen mehr als 2023.

Wie prekär die Lage ist, verdeutlicht die Entwicklung der Verschuldung. Sie erreicht mit 83 Millionen Euro einen neuen Höchststand. Und das bei nahezu aufgezehrten Rücklagen.

Auf der anderen Seite will Siecheneder heuer 4,6 Millionen Euro Schulden zurückzahlen, in den nächsten Jahren dann sogar jeweils zwischen zwölf und 13 Millionen Euro.

Maßhalten, forderte deshalb Ulla Dieckmann (SPD): „Wir müssen uns künftige Maßnahmen ganz genau anschauen, ob sie stemmbar sind, denn es werden noch einige schwierige Jahre folgen.“

Georg Els (FW) indes warnte vor einem Einfrieren der Investitionen, „weil wir sie dann nur aufschieben“. Er forderte einen „goldenen Mittelweg zwischen Geiz und Verschwendung“.

Hans Wiesmaier (CSU) lenkte den Blick auf die kleineren Gemeinden, die heuer besonders bluten müssten. „Wenn die Großen Erding und Oberding husten, bekommen die Kleinen Schnupfen.“ Der Handlungsspielraum der Gemeinden, so Wiesmaier weiter, werde immer mehr eingeengt. An sich seien nur die freiwilligen Leistungen politische Verhandlungsmasse. Er kritisierte, dass den Gemeinden immer neue Aufgaben übertragen würden. „Das macht mir Sorgen.“ Jakob Schwimmer (CSU) erinnerte an das Subsidiaritätsprinzip – wer anschafft, muss auch zahlen. „Das vermisse ich immer mehr.“

Thomas Bauer (CSU) meinte: „Wir sind am Ende der Fahnenstange angekommen. Die Kommunen haben kaum noch Möglichkeiten, gegenzusteuern. Ganz ohne Investitionen geht es auch nicht.“ Zum ÖPNV merkte der CSU-Fraktionschef an, die Kosten dürften nicht noch weiter steigen – 2024 werden es 7,7 Millionen Euro Zuschussbedarf sein. Man müsse dann auch einmal über eine Reduzierung des Angebots reden.

Das Klinikum bleibt einer der größten Kostenfaktoren des Landkreises. Insgesamt stehen im Haushalt dafür fast 24,5 Millionen Euro, teilte Kreiskämmerer Markus Siecheneder im Kreisausschuss mit.

Größter Brocken mit 18,6 Millionen Euro ist das für das laufende Jahr erwartete Defizit. Immerhin, das Minus steigt nicht mehr so stark wie zuletzt. Allerdings muss der Landkreis noch eine Altlast tilgen – 3,7 Millionen Euro Fehlbetragsausgleich aus dem Jahr 2023, das man zu positiv angesetzt hatte.

Für Investitionen sind 1,4 Millionen Euro vorgesehen, für Instandhaltung 750 000 Euro.

Das klinikeigene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) wird nach Berechnung Siecheneders 376 000 Euro benötigen, davon eine Verlustübernahme von 2023 in Höhe vom 126 000 Euro und ein – neuerlicher – Verlust heuer von 250 000 Euro.

Martin Bayerstorfer (CSU) und andere Redner stellten sich deutlich hinter beide Häuser und erntete keinen Widerspruch. Der Landrat will, dass das Defizit künftig zehn Millionen Euro nicht übersteigt. Dafür brauche es mehr Geld vom Bund.

Der Kreisausschuss verabschiedete den Etatentwurf einstimmig und ohne Grundsatzdebatte.

Der Kreistag befasst sich in seiner Sitzung am Montag, 29. Januar, ab 14 Uhr mit dem Haushalt und wird ihn dann auch verabschieden. ham

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