„Ich hätte mir einen Umgang auf Augenhöhe gewünscht“

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Bis zur Kommunalwahl 2026 wird Georg Saur noch Bürgermeister in Ingenried bleiben und die Gemeinderatssitzungen in der Mehrzweckhalle leiten. © Christine Wölfle

Interview mit Ingenrieds Bürgermeister Georg Saur über die Gründe, warum er nicht mehr als Bürgermeister kandidiert

Vor fünf Jahren gewann Georg Saur die Bürgermeisterwahl in Ingenried mit 61 Stimmen Vorsprung gegen Meinhard Ryba. Der kommunalpolitische Neuling arbeitete sich mit viel Fleiß sehr schnell in die komplizierte Aufgabe ein und führte die Gemeinde souverän und mit viel Fachwissen durch so einige Herausforderungen. Bei der diesjährigen Bürgerversammlung verkündete der heute 60-Jährige überraschend, nicht mehr bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr anzutreten. Wir fragten nach den Gründen und den Plänen für die restliche Amtszeit von einem Jahr.

Herr Saur, Sie werden nach dieser Amtsperiode, Ihrer ersten, nicht mehr als Bürgermeister für Ingenried kandidieren. Warum?

Das vergangene Jahr 2024 war für mich sehr anstrengend und persönlich belastend. Gesundheitlich war dies deutlich zu spüren. Aus Eigen- und Selbstschutz ist dieser Schritt unumgänglich. Nach meiner Einschätzung habe ich es in den ersten vier Jahren nicht geschafft, ausreichend Vertrauen zu den Bürgerinnen und Bürgern aufzubauen. Das waren meine Erwartungen bei Amtsantritt. Ich wollte als Bürgermeister auf Augenhöhe den Menschen in Ingenried begegnen und hoffte, Unklarheiten, Unzufriedenheiten oder Probleme in persönlichen Gesprächen zu klären und lösen zu können.

War der Bürgerentscheid gegen die geplanten PV-Freiflächenanlagen letztendlich das Zünglein an der Waage, der Sie in dieser Einschätzung bestätigt hat?

Ganz sicher nicht, denn ein Bürgerentscheid ist ein adäquates Werkzeug, die Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Meine Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, reifte schon lange Zeit vorher und war absolut unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids.

In welchen Bereichen ist es Ihnen Ihrer Meinung nach dann nicht gelungen, das Vertrauen der Bürger zu erlangen?

Ich denke nicht, dass man das in einzelnen Bereichen benennen kann. Ich bin ein sehr emotionaler und sensibler Mensch und habe immer wieder wahrgenommen, dass hinter verschlossenen Türen über mich persönlich sowie über Themen, Projekte und Beschlüsse geschimpft und geurteilt wurde – ohne sich über Details, Fakten oder Hintergründe zu informieren. Leider ist das schon seit geraumer Zeit ein Phänomen unserer Gesellschaft. Mir war vollkommen klar, dass man es niemals allen Bürgerinnen und Bürgern recht machen kann. Doch trotz unterschiedlicher Meinungen und Sichtweisen, hätte ich mir einen Umgang auf Augenhöhe, transparent, offen, ehrlich und respektvoll gewünscht. Leider bin ich damit gescheitert! Mir persönlich tut das sehr leid und die Entscheidung war für mich alles andere als leicht. Deshalb möchte ich mich bei den Ingenriedern , welche mir das Vertrauen geschenkt haben, aufrichtig entschuldigen und bitte um Verständnis.

Ein Jahr bleiben Sie ja noch im Amt. Was möchten Sie in dieser Zeit unbedingt noch erreichen, oder ist die Luft raus?

Es gibt noch viel zu tun, mehrere größere Projekte sind begonnen und müssen weiter vorangebracht werden, zum Beispiel die Planungen des Bürgerhauses, die Umsetzung eines Gewerbegebiets und die Schaffung von Wohnbauflächen in Krottenhill. Die erste Ausbaustufe des Breitbandausbaus beginnt Ende Mai, der Tiefbrunnen muss saniert werden und auch an der Kläranlage ist noch einiges zu ertüchtigen. Um Starkregenereignissen vorzubeugen, ist der Bau einer Regenrückhaltemulde in der Grünen Lunge umzusetzen.

Das sind zum Teil Projekte, deren Umsetzung über dieses verbleibende Jahr hinausgehen. Gibt es schon einen Nachfolger oder Wunschkandidaten, den Sie in diese Themen einarbeiten könnten?

Wünschenswert wäre natürlich ein Kandidat aus dem derzeitigen Gemeindegremium. Es würde die Einarbeitung und die Übergabe von Projekten erheblich erleichtern.

Wie geht es für Sie beruflich weiter?

Da ich ehrenamtlicher Bürgermeister bin, übe ich noch eine Teilzeitbeschäftigung beim Maschinen- und Betriebshilfsring Oberland in Peiting aus. Diese Tätigkeit werde ich sehr gerne weiterführen.

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