„Der Neubau ist tot“: Mieten in Oberbayern schießen durch die Decke - Kaufpreise fallen dagegen deutlich
Wohnungen und Häuser kosten in München und seinen Umlandgemeinden deutlich weniger als noch vor einem Jahr. Experten des Maklerverbandes IVD rechnen aber mit einem Ende der Talfahrt.
München – Die Immobilienpreise in München und seinen Umlandgemeinden befinden sich im Sinkflug, das lockt allmählich wieder Käufer auf den Markt. „Die Nachfrage insbesondere in Richtung Bestandsimmobilien zieht wieder an“, sagte Immobilien-Experte Stephan Kippes bei der Präsentation des aktuellen Marktberichts des Maklerverbandes IVD Süd gestern in München. Steigt die Nachfrage nach Immobilien, hat das Folgen für die Preise: Kippes geht davon aus, dass die Immobilienpreise in München und seinem Umland perspektivisch kaum noch weiter fallen werden. „Die Bodenplatte ist in Sicht“, sagte er. Zwar gebe es weiter Preisrückgänge, die ließen allmählich aber nach.

Ebersberg, Dachau und Co.: Wo die Preise am stärksten fallen
Wie aus dem Marktbericht hervorgeht, verbilligten sich frei stehende Einfamilienhäuser in Ebersberg zuletzt binnen eines Jahres um 10,7 Prozent, in Dachau kostete ein Haus 9,5 Prozent weniger und in Fürstenfeldbruck lag der Preisrückgang bei 9,2 Prozent. Ähnlich war die Entwicklung bei den Eigentumswohnungen. In Ebersberg fielen die Preise innerhalb eines Jahres um 9,0 Prozent, in Erding kosteten Wohnungen 8,8 Prozent weniger, in Fürstenfeldbruck lag der Rückgang bei 6,5 Prozent, in Dachau bei 6,4 Prozent. Was sich aus diesen Daten ablesen lässt: Es gibt einen klaren Trend, und der ging zuletzt nach unten.
Die Zinsen sinken: „Tut dem Markt psychologisch gut“
Dass Immobilien-Experte Kippes jetzt mit einem Ende der Talfahrt rechnet, liegt auch an verbesserten Finanzierungsbedingungen. „Was uns sehr gut tut, ist die Leitzinssenkung vom Donnerstag“, sagte er mit Blick auf die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank. Die hatte vergangene Woche den Leitzins in der Eurozone von 4,5 auf 4,25 Prozentpunkte gesenkt. „Das tut dem Markt von der Psychologie her sehr gut“, sagte Kippes. Er rechnete vor, dass eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte bei einem 200.000-Euro-Darlehen die monatlich zu zahlende Rate nur geringfügig drückt. Würde eine Bank für einen Kredit nun statt 4,00 Prozent nur noch 3,75 Prozent an Zinsen verlangen, würde man in diesem Beispiel lediglich 42 Euro im Monat sparen. „Das sind drei Pizzen zum Abholen.“ Als die Zinsen vor wenigen Jahren auf ihrem Minimum von 0,8 Prozent angekommen waren, lag die monatliche Ersparnis verglichen mit dem Vier-Prozent-Kredit demnach bei 534 Euro im Monat.
Oberbayern: Mieten steigen weiter ungebremst
Am Mietmarkt ist die Entwicklung dagegen eine andere: Wer aktuell auf der Suche nach einer neuen Mietwohnung ist, für den hat sich die Lage weiter verschärft. Im Mietsegment herrscht weiterhin eine hohe Nachfrage bei einem sich vielerorts verknappenden Angebot vor, wie aus dem IVD-Marktbericht hervorgeht. Christoph Hepting, Immobilienmakler aus Neufahrn im Landkreis Freising, berichtete, dass Mitte 2022 bei der Besichtigung einer Zweizimmerwohnung noch etwa 100 Interessenten übers Wochenende teilgenommen hätten, inzwischen würden an solchen Besichtigungen zwischen 150 und 200 Personen teilnehmen. „Der Mietmarkt fängt an, sich weiter anzuspannen, da kommt was Großes“, warnte Hepting, denn der Neubau sei „tot“.
Sandra Schwarzmann, Immobilienmaklerin aus Grasbrunn im Landkreis München, beobachtet am Mietmarkt noch eine andere Entwicklung: „Wir haben wahnsinnig viele Eigenbedarfskündigungen“, sagte sie. Wer eine Wohnung habe, versuche sie, an Familienangehörige weiterzugeben. Wie aus den IVD-Zahlen hervorgeht, kletterten die Mieten von Bestandswohnungen allein in der Landeshauptstadt München im Frühjahr dieses Jahres um 8,6 Prozent zum Vorjahr. Kräftige Mietpreisanstiege waren auch im Münchner Umland zu beobachten, etwa in Bad Tölz mit 7,4 Prozent und Dachau mit 6,8 Prozent – innerhalb nur eines Jahres.
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Blick in die Zukunft: Verfestigen sich die Trends?
Immobilien-Experte Kippes geht davon aus, dass sich die Trends am Immobilienmarkt weiter verfestigen. Er nennt zwei Gründe: Zum einen werde die Bevölkerung in München und seinem Umland weiter zunehmen, zum anderen werde der Neubau kräftig einbrechen – die aktuell sinkenden Baugenehmigungen sieht er als Vorbote. Die Mieten würden daher weiter steigen, und bei den Immobilienpreisen dürfte es nach der erwarteten Bodenbildung bald wieder aufwärtsgehen, glaubt Kippes. „In zwei oder drei Jahren werden wir wieder steigende Preise sehen.“