Das Busunternehmen Scharf aus Tittenkofen stellt die Stadtbusse für Erding, die künftig ausschließlich mit E-Technik fahren.
„Wir danken dem Bauherrn vom Schönen Turm, dass er das Tor hoch genug gemacht hat.“ Als Andreas Scharf mit dem nagelneuen Bus vor dem Turm steht, nutzt er den Moment für den kleinen Scherz. Dass die 3,46 Meter hohen Busse durch dieses und alle anderen neuralgischen Punkte passen, dafür hat er seit der Auftragsvergabe im Sommer geplant und koordiniert.
Am Freitag haben er und sein Bruder Martin der Öffentlichkeit das vorgestellt, was nun anrollen kann: Alle sechs Erdinger Stadtbus-Linien werden ausschließlich mit von grünem Strom angetriebenen Elektrobussen der Firma Scharf bedient. Politiker von Bund bis Kommune bejubelten das bayernweit einzigartige Projekt (wir berichteten). Aber was steckt dahinter? Hier ein paar technische Fakten dazu:
Der Fuhrpark: Seit 2021 sind zwei Midibusse auf der Linie 580 und ein MAN-Solobus im Wechsel auf allen weiteren Linien im Einsatz. Zum Fahrplanwechsel am Sonntag wurden von Scharf zusätzlich zehn Daimler-Solobusse mit je 34 Sitz- und 45 Stehplätzen sowie drei Midibusse Tremonia-Sprinter mit 13 Sitz- und neun Stehplätzen angeschafft.
Die Solobusse: Batterien sind laut Martin Scharf im Heck verbaut, wo früher der Motor saß, aber auch im Dach mit einem Gewicht von drei Tonnen. „Deshalb ist der Bus auch schwerer als ein Dieselfahrzeug.“ Das Leergewicht liegt bei rund 14 Tonnen, zulässiges Gesamtgewicht ist für zweiachsige Fahrzeuge in Deutschland 18 Tonnen, bei E-Bussen 19,5 Tonnen. Aus diesem Grund reduziere sich die Kapazität auf 79 Fahrgäste.
Gegenüber Dieselbussen gibt es keine Gänge mehr. Scharf: „Der Elektromotor treibt stufenlos an, bis er seine Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h hat, und dann regelt er ab. Schneller könnte er, darf er aber nicht.“ Weitere technische Besonderheiten: „Die Busse haben zur Klimatisierung, zum Heizen wie auch zum Kühlen eine Wärmepumpeneinheit und eine 360-Grad-Kamera verbaut“, sagt Scharf. Zudem ist ein aktiver Bremsassistent und radarbasierter Abbiegeassistent an linker und rechter Fahrzeugseite verbaut.
Die Reichweite: In den fünf Batterien steckt eine Kapazität von 500 Kilowattstunden. „Aber es wird nicht die volle Kapazität freigegeben“, so Scharf. Das hilft der Batterie, wenn man sie nicht hundertprozentig volllädt oder nicht auf null runterfährt. „Es werden circa 400 Kilowattstunden freigegeben zum Fahren. Wir schaffen über die Laufzeit der Fahrzeuge immer die gleichen Kilometer. Und da gehen wir im Winter von sicheren 250 und im Sommer von sicheren 300, eher 350 Kilometern aus.“
Das Betriebsgelände: Bereits im November 2023 sicherte sich die Firma ein Nachbargrundstück für eine neue Werkstatt. Scharf: „In der normalen Werkstatt, wo geflext wird, werden Funken sprühen, Staub und Dreck nicht ausbleiben. Bei der E-Mobilität kannst du das nicht brauchen, muss insbesondere der Funkenflug vermieden werden.“
Die PV-Anlage mit gesamt circa 2500 Quadratmetern ist auf fünf Dacheinheiten, davon zwei neu errichtete Carports mit rund 1000 und 1500 Quadratmetern, verteilt. Damit Regenwasser ablaufen und versickern kann, mussten in der Mitte der Carports entsprechende Versickerungsanlagen eingebaut werden. Scharf geht übers Jahr verteilt von einer Produktion von ungefähr 800 000 kWh Strom aus. „Wir werden in etwa pro Jahr für den Stadtverkehr Erding ein Megawatt an Strom verfahren, also eine Million kWh. Wir werden aber auch nicht 100 Prozent der produzierten Stromleistung direkt vertanken können. Es gibt Phasen, wo man einfach den PV-Strom nicht in die Fahrzeuge bringt. Wir gehen davon aus, dass wir über ein Kalenderjahr geschätzt 50 bis 60 Prozent unseres Strombedarfs selbst erzeugen.“ Der restliche Strom komme aus dem Netz. Vergangene Woche sei der Stromvertrag für 2025 vergeben worden. Andreas Scharf: „Es freut uns natürlich sehr, dass er aus regionalen Betrieben kommt, sprich aus den Überlandwerken Erding.“
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Die Ladesäulen: Auf dem Gelände gibt es vier Ladesäulen mit jeweils zwei Kabeln. Martin Scharf: „Eine Ladesäule hat eine maximale Leistung von 120 kW. Hängen dann zwei Fahrzeuge dran, wird die Leistung auf je 60 kW geteilt.“ Bei einem Bus-Tagesverbrauch von etwa 300 Kilowattstunden „sind wir in fünf Stunden wieder voll. Geben wir Vollgas, schaffen wir es in zwei, zweieinhalb Stunden.“
Zusätzlich wurden drei weitere (gesamt fünf) Wallboxen installiert. Jede kann eine maximale Leistung von 22 kW abgeben. Diese stehen für die Midibusse im Stadtverkehr Erding, die schwarzen Elektro-Neunsitzer-Vans und Pkw zur Verfügung.