Estlands Armeechef macht krasse Ansage an Putin: „Wir sind jetzt schon im Krieg“

Die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland haben ihren Willen beschworen, die Erfahrungen der Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Angriff auf ihr Land zu nutzen. Das Ziel: die gemeinsame Verteidigungslinie der baltischen Staaten mit Polen auf nationaler Ebene und mit der Nato schnellstmöglich auszubauen.

Lehren aus dem Ukraine-Krieg: Die Zeit muss genutzt werden

„Das Wichtigste, was wir von der Ukraine dabei lernen können, ist, die Zeit, die uns gegeben ist, dafür zu nutzen, die Verteidigungslinien der baltischen Länder untereinander stärker zu verbinden und auszubauen“, erklärte General Raimundas Vaikšnoras, Oberbefehlshaber der litauischen Streitkräfte. Er äußerte sich am Montagmorgen bei der Konferenz „Baltic Defence“ vor rund 600 geladenen hochrangigen Gästen aus Militär und Politik in der litauischen Hauptstadt Vilnius.

Ziel müsse es sein, in der verbleibenden Zeit bis zur nächsten russischen Aggression die Voraussetzungen zu schaffen, damit die baltischen Nationen sich darauf vorbereiten, „sofort innerhalb weniger Stunden bei einer russischen Aggression im Verbund mit den Nachbarn und mit Unterstützung der Nato zurückschlagen zu können“, erklärte Vaikšnoras.

Fokus auf Drohnenabwehr und Industrie-Stärkung

Die Erfahrungen, die die Ukrainer seit dem russischen Angriff machen konnten, seien für die Nato von großem Wert, erklärte Lettlands Streitkräftechef General Kaspars Pudāns

„Zentrale Punkte sind die Lehren, die die Ukrainer beim Ausbau der Verteidigung der Angriffe aus der Luft und bei der Stärkung der Industrie machen“, sagte der General. Pudans mahnte an, dass man im Westen Europas nicht vergessen dürfe, dass Russland „aus den Kämpfen in der Ukraine lernt und sich mit Übungen schon lange darauf vorbereitet hat“. Die Erfahrungen, die die Ukraine vor allem mit den Drohnenangriffen mache, „müssen wir uns zunutze machen“.

Estnischer Armeechef über Russland: „Wir sind jetzt schon im Krieg“ 

„Vom Himmel kommt die größte Gefahr“, unterstrich auch Estlands Streitkräfte-Chef Andrus Merilo. Er spielte damit auf den Kampfeinsatz von Drohnen in der Ukraine und anhaltende Verletzungen des Luftraumes von Nato-Staaten in Europa durch Spähversuche mit russischen Drohnen an. „Wir würden gern alle in Frieden leben. Aber dafür ist es wichtig, dass wir uns jetzt darum kümmern, Vorkehrungen zu treffen, wie wir die Zerstörung von kritischer Infrastruktur verhindern können.“

asdf
Erster gemeinsamer Auftritt: die Oberbefehlshaber Andrus Merilo (Estland, l.), Kaspars Pudāns (Lettland, m.) und Raimundas Vaikšnoras (Litauen, r.). Ulf Lüdeke / FOCUS online

Russland werde „mit den Aggressionen nicht aufhören“. Das verstünden die Esten, die „ganz nah dran sind an Russland, besser als viele andere“, betonte Merilo bei dem ersten Treffen der Oberbefehlshaber aller drei kleinen baltischen Nato-Mitgliedsstaaten. „Russland spekuliert darauf, uns an einem Tag zu überraschen“, deshalb müssten sich die baltischen Länder und die Nato auf das „Worst-Case-Szenario“ vorbereiten. „Wir sind schon im Konflikt mit Russland, wir sind jetzt schon im Krieg“, spitzte der estnische Oberbefehlshaber die Lage zu.

„Baltic Defence“: Erstes gemeinsames Treffen der Militärchefs

Es ist das erste Mal, dass die Oberbefehlshaber der drei kleinen baltischen Länder gemeinsam in der Öffentlichkeit auftreten. Die Tagung „Baltic Defence“ dauert zwei Tage. Zu den Co-Initiatoren der Tagung, die im vergangenen Jahr erstmals organisiert wurde, zählt die Friedrich-Naumann-Stiftung, die in Vilnius das Büro der „Friedrich Naumann Foundation for Freedom“ unterhält.