Krise im Kreml: Fachleute sehen Assad-Sturz als folgenschwere Niederlage für Putin

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Der Kreml kann den syrischen Machthaber Assad nicht im Amt halten. Das untergräbt nach Ansicht eines US-Instituts die strategischen Ziele Putins.

Damaskus – Das Ende kam ganz schnell. Nur wenige Tage nach Beginn einer Offensive islamistischer Gruppen musste Machthaber Baschar al-Assad aus Syrien fliehen. Das Tempo, mit dem die Rebellen in kürzester Zeit Assads Armee überrannten, sorgt für Erstaunen – vor allem angesichts der Tatsache, dass Assad im Bürgerkrieg in Syrien jahrelang vom Kreml protegiert worden ist.

Assads plötzlicher Sturz erschüttert Glaubwürdigkeit von Putin

Nach Ansicht des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) erschüttert Assads plötzlicher Sturz deshalb auch die Glaubwürdigkeit von Kremlchef Wladimir Putin bei dessen Verbündeten. Putin habe autoritäre Machthaber in verschiedenen Ländern vor Protesten gegen ihre Herrschaft geschützt, um sein Ziel einer multipolaren Weltordnung mithilfe ausländischer Partner zu befördern und die Vormachtstellung der USA zu untergraben, schreibt das Institut in einer aktuellen Lageeinschätzung.

Baschar al-Assad
Jahrelang unterstützte Kremlchef Wladimir Putin den syrischen Machthaber Baschar al-Assad. (Archivbild) © Alexei Druzhinin/Sputnik Kremlin Pool Photo via AP/dpa

„Russlands Unfähigkeit oder bewusster Verzicht darauf, Assads Regime trotz des schnellen Vorrückens der Oppositionskräfte im ganzen Land zu stärken, wird auch Russlands Glaubwürdigkeit als verlässlicher und effektiver Sicherheitspartner in der ganzen Welt beschädigen“, heißt es in der Analyse. „Das wiederum wird negative Folgen für Putins Fähigkeit haben, weltweite Unterstützung für sein Wunschziel einer multipolaren Weltordnung zu sammeln.“

Putin kann Assad-Sturz nicht verhindern

Assad selbst möge zwar überlebt haben, kommentiert das ISW. Das eigentliche Ziel, Assads Machtverlust zu verhindern, habe die Politik in Russland aber nicht erreicht. Fraglich sei auch, inwiefern Russland seine strategisch wichtige Militärpräsenz in der Region nun aufrechterhalten könne. Die russische Einflussnahme zugunsten Assads seit 2015 dürfte es den Russen laut ISW massiv erschweren, einen guten Draht zu den erstarkten Oppositionskräften im Land zu knüpfen.

Über den Aufenthaltsort von Assad herrschte nach dessen Flucht zunächst Unklarheit. Am Sonntagabend dann berichteten staatliche russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf eine Quelle im Kreml: „Assad und seine Familienmitglieder sind in Moskau angekommen.“ Russland habe dem gestürzten Präsidenten und seinen Angehörigen „aufgrund humanitärer Erwägungen“ Asyl gewährt.

Putin schreitet nicht ein – Assad-Sturz in Syrien

Zuvor hatten islamistische Kämpfer der Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen am 27. November im Nordwesten des Landes eine Offensive gestartet und rückten bei dieser rasend schnell vor. Am 8. Dezember verkündeten die Islamisten im Staatsfernsehen, der „Tyrann“ Assad sei gestürzt und Damaskus „befreit“ worden. Die Kämpfer kündigten zudem an, dass „alle zu Unrecht Inhaftierte“ freigelassen werden sollten.

Der Assad-Clan hatte das Land seit über 50 Jahren mit eiserner Hand regiert. Baschar al-Assad hatte die Macht im Land im Jahr 2000 von seinem verstorbenen Vater Hafis al-Assad übernommen. Pro-demokratische Proteste 2011 ließ der Präsident brutal niederschlagen, damit begann der bis heute andauernde Bürgerkrieg in Syrien. In diesem herrschte seit einigen Jahren Stillstand – bis nun die HTS ihre Offensive startete. (dpa/AFP/cs)

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