Kirche erteilt muslimischem Grabfeld auf Moosburger Friedhof Absage - Bürgermeister zeigt sich irritiert

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Auf dem Moosburger Friedhof wünschen sich muslimische Bürger ein eigenes Grabfeld. Doch die derzeit freien Flächen – so wie jene im Bild – sind laut Kirchenverwaltung bereits für die reguläre Friedhofserweiterung reserviert. © Forster

Viele Muslime in Moosburg wünschen sich ein eigenes Grabfeld am Friedhof, die Stadt unterstützt das. Doch nun stellt sich die Katholische Kirche quer.

Moosburg – Als vor 62 Jahren die türkischen „Gastarbeiter“ nach Deutschland gekommen waren, lautete bei Todesfällen in ihren hier lebenden Familien die Regel: Beerdigt wird in der alten Heimat. Für die Folgegenerationen ist das zunehmend überholt: Viele der heute in Deutschland lebenden Muslime wollen wohnortnah begraben werden, und das gemäß ihrer Glaubensriten (siehe Infobox unten). Auch gibt es immer mehr Einwanderer, die etwa wegen Kriegen nicht mehr in ihr Ursprungsland zurück oder die hohen Überführungskosten nicht stemmen können.

Muslime übergeben Unterschriften an Moosburgs Bürgermeister Josef Dollinger
Steht hinter dem Ansinnen der muslimischen Gemeinschaft in Moosburg: Bürgermeister Josef Dollinger (3. v. l.) bei der Übergabe der Unterschriftenliste im Juli 2023. © Spanier

Daher haben viele Kommunen nun muslimische Grabfelder auf Friedhöfen eingerichtet, etwa Freising oder Landshut. Auch in Moosburg wächst unter den geschätzt 2500 Muslime – also 12,5 Prozent der Bevölkerung – der Wunsch danach. Nicht nur wegen der speziellen Riten, sondern, weil man auch nach dem Tod gerne unter seinesgleichen weilt, oder teils auch eine gewisse Ablehnung von nicht-muslimischen Gläubigen befürchtet.

Ein offizieller Antrag sollte Nachdruck verleihen

Um dem Wunsch der Moosburger Muslime Gewicht zu verleihen, wurde bereits im Juli 2023 eine Liste mit 530 Unterschriften an Ortschef Josef Dollinger übergeben. Vergangene Woche hatte Orhan Söhmelioglu, Moosburger Unternehmer und Sprachrohr der muslimischen Gemeinschaft, dann noch einen Antrag bei der Stadt eingereicht. „Damit es einen offiziellen Charakter erhält und Nachdruck erzeugt“, so der 43-Jährige, der auch im örtlichen CSU-Vorstand sitzt.

Hintergrundwissen: Die speziellen Regeln für muslimische Bestattungen

Bei der Bestattung von muslimischen Menschen wird der Verstorbene in einem Leinentuch in das ausgehobene Erdgrab gelegt, um dann mit der rechten Schulter auf dem Boden zu liegen. Das Gesicht des Verstorbenen wird gen Mekka ausgerichtet, zur Kaaba blickend – dem zentralen Heiligtum des Islams in Saudi-Arabien. Nach der Lockerung des Leinentuchs wird im Grab ein Hohlraum erstellt und das Grab aufgefüllt. Im Gegensatz zu christlichen Traditionen ist bei Muslimen ein Einzelgrab vorgeschrieben, auch gibt es keine Möglichkeit einer Urnenbestattung. Für Menschen muslimischen Glaubens sind Muslime in den Nachbargräbern aus religiösen Gründen sehr wichtig. Die Sargpflicht ist in Bayern seit 2021 aufgehoben. Es gibt auch Muslime, für die es in Ordnung ist, sich in einem Sarg bestatten zu lassen. Diese speziellen Särge lösen sich schneller auf. Weil nach wie vor viele Muslime in ihren Herkunftsländern bestattet werden wollen, bieten Organisationen Beerdigungshilfe-Fonds an: eine Art Sterbeversicherung, in die regelmäßig eingezahlt wird, und über die dann die hohen Kosten für die Überführung des Leichnams ins Ausland bezahlt werden.
nb/afo

Im Antrag schildert Söhmelioglu wachsende „Fragen und Unsicherheiten bei vielen muslimischen Bürgerinnen und Bürgern“, wenn es um das Thema Tod gehe. Ein separates Grabfeld im bestehenden Friedhof würde Abhilfe schaffen und sei völlig ausreichend. „Wir sehen das pragmatisch: Es braucht keinen neuen Friedhof, Träger und keine neue Satzung.“ In anderen Städten funktioniere das, so Söhmelioglu. Auch mit der Firma Eisenmann, dem Bestattungsdienstleister, sei abgeklärt, dass islamkonforme Beerdigungen problemlos möglich wären.

Katholische Kirche sieht mehrere Hürden

Probleme sieht dafür Moosburgs Katholische Kirchenstiftung St. Kastulus, die Verwalterin des Friedhofs. In einem Pressetermin am Freitag erklärten Stadtpfarrer Reinhold Föckersperger, Verwaltungsleiter Herbert Neumaier und Kirchenpflegerin Claudia John, dass die Umsetzung des muslimischen Grabfelds derzeit nicht möglich sei.

Kirchenvertreter erklären Situation am Moosburger Friedhof
Sehen keinen Platz für ein muslimisches Grabfeld am Moosburger Friedhof: die Kirchenvertreter (v. l.) Herbert Neumaier, Pfarrer Reinhold Föckersperger und Claudia John. © Forster

Erstens gebe es laut Friedhofsordnung für jeden die freie Grabwahl, die müsse dann auch in der Erweiterung gelten. Eine Satzungsänderung schließe man aus. „Es gibt auch noch andere Glaubensrichtungen. Die sagen dann vielleicht: Jetzt möchten wir auch einen eigenen Bereich“, befürchtet Neumaier. Zweitens: „Für ein isoliertes Gräberfeld fehlt einfach der Platz“, so Pfarrer Föckersperger. Die Wiesen im Umfeld des Friedhofs seien Privatbesitz, die freien Flächen innerhalb bereits für die reguläre Erweiterung verplant. Immerhin: Schon jetzt gebe es einzelne Gräber, die die Ausrichtung nach Mekka ermöglichen und eine Tuchbestattung sei auch zulässig.

Der Bürgermeister ist verwundert, der Muslimen-Vertreter enttäuscht

Bürgermeister Josef Dollinger zeigte sich auf Nachfrage von den Aussagen der Kirche verwundert und von dem Alleingang irritiert. „Ich bin schon davon ausgegangen, dass das geht, man kann eine Satzung ja ändern.“ Er unterstütze das Anliegen der muslimischen Gemeinde. Sein Credo: „Wir müssen das gemeinsam lösen.“

Orhan Söhmelioglu zeigte sich von den Aussagen der Kirche enttäuscht. „Wenn das 12,5 Prozent der Bevölkerung wollen, stell ich mir die Frage: Wie viele muslimisch geprägte Einwohner braucht es, dass man das als nötig erachtet?“

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