Stich ins „Wespennest“: Bericht enthüllt, wie es zu Merz‘ Antrag mit der AfD kam

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Unions-Kanzlerkandidat Merz geht vor der Bundestagswahl 2025 beim Thema Migration „all in“. Ein Magazin schildert, wie es dazu kam.

Berlin – An diesem Freitag stimmt der Bundestag zum Migrationsgesetz der Union ab – und viele wundern sich, wie der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 so schnell seine Färbung ändern konnte. Was hat Friedrich Merz und die Union bei ihrer Hau-Ruck-Kehrwende bewegt, weg von der Wirtschafts-, hin zum Hauptthema Asylpolitik? Offensichtlich viele Bauchentscheidungen, wie der stern recherchiert hat. An einem Punkt soll Unions-Kanzlerkandidat Merz (CDU) gesagt haben: „Wer in ein Wespennest sticht, muss richtig zugreifen.“

Bericht: CDU-Chef Friedrich Merz nach Aschaffenburg „emotional äußerst angefasst“

Zur AfD gibt es im Prinzip zwei Thesen. Die Erste: Wer Themen der Rechtspopulisten übernimmt, gräbt ihnen das Wasser ab. Die Zweite: Wer Themen der Rechtspopulisten übernimmt, stärkt sie. Die Union glaubte wohl an die Erste. Das hat Deutschland jetzt allerdings eine historische Zäsur eingehandelt: ein Votum mit Stimmen von Extremen.

Für Merz, der sieben Enkel hat, war tödliche Messerattacke von Aschaffenburg am 22. Januar war wohl der endgültige Trigger für seinen Vorstoß. Noch am Abend der Tat beratschlagte er nach Informationen des stern im engsten Führungszirkel mit Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, und Alexander Dobrindt, Quasi-Vertreter von CSU-Chef Markus Söder, in Berlin.

Bericht des „stern“: Thorsten Frei beschwichtigt bei entscheidendem Satz zur AfD

Die Resonanz auf Merz‘ Verkündigung seines Fünf-Punkte-Plans am Tag nach Aschaffenburg war gewaltig – aber auch die „Brandmauer“-Debatte zum Greifen nah. Immerhin verkündete Merz schon am nächsten Tag, die Union werde die Anträge in den Bundestag einbringen, „unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“.

Zuvor gab es am Vorabend laut stern eine Videoschalte des Unions-Präsidiums. Die sei voller Lob für Merz‘, gewesen, es gab nur Einzelne mit Bedenken, etwa, ob die Pläne überhaupt umgesetzt werden können. Was die Runde laut dem Bericht nicht diskussionswürdig fand, war dieser Satz: „Und wenn die AfD mitstimmt, dann stimmt sie eben mit.“ Er sei „kurz vor Ende der Schalte“ gefallen. Doch Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei habe „beschwichtigt“, dass es sich ja nur um Anträge handle.

Friedrich Merz bei einer Bundespressekonferenz in Berlin
Chance oder „Wespennest“? Die Migrationspläne von Merz kurz vor der Bundestagswahl 2025 ©  photothek/Imago

Bericht: Union schickt Merz‘ Fünf-Punkte-Plan ohne Gesprächsangebot an SPD und Grüne

Als die „Brandmauer“-Debatte dann mit voller Wucht da war, meldeten führende Parteimitglieder Zweifel an dem Kurs an. Merz achteten weder auf die öffentliche Kritik – Robert Habeck etwa nannte seinen Vorstoß einen „schweren politische Fehler“ –, noch auf die interne Kritik. Vielmehr forderte er SPD und Grüne auf, seinen Plänen zuzustimmen. Ähnlich äußerte sich auch FDP-Chef Christian Lindner.

Eine Einigung mit diesen drei Parteien erhoffte Merz stark. Und nur diese drei Fraktionen sollten die Bundestagsanträge erhalten, sagte er der Heilbronner Stimme: „Die AfD bekommt sie nicht.“ Weil die entsprechenden E-Mails allerdings kein Gesprächsangebot enthalten hätten, sei in den drei Parteien jedoch der Eindruck entstanden, Merz wolle keine wirkliche Zusammenarbeit.

Vor Abstimmung im Bundestag zum „Zustrombegrenzungsgesetz“: Merz blitzt bei Mützenich ab

Mit der Sache Vertraute sagten dem stern, Merz habe nicht einmal mit SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich über die Anträge gesprochen; auch Anrufe von „hochrangigen“ Grünen ignorierte er laut dem Bericht. Als Merz dann – nach dem historischen Votum allerdings – doch zum Hörer griff, war es wohl zu spät: Das Gespräch mit Mützenich soll nur fünf Minuten gedauert haben, will der stern erfahren haben. Mützenich ließ Merz demnach abblitzen und forderte, dass die Union erst einmal ihr „Zustrombegrenzungsgesetz“ zurückzieht.

Damit drang er bei Merz ja ganz offensichtlich nicht durch. Die Abstimmung im Bundestag ist am heutigen (31. Januar). Wenn es stimmt, was der stern von Beteiligten erfahren hat, hatte Merz das Zustrombegrenzungsgesetz unter anderem mit diesen Worten beworben: „Wer in ein Wespennest sticht, muss richtig zugreifen“. (frs)

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