Deutsches Forschungsteam entwickelt Therapie gegen gefährliches Parkinson-Symptom

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Neue Hoffnung in der Parkinson-Forschung: Forschende in Tübingen entdeckten neuronale Muster, die Gang-Freezing auslösen – ein Therapieansatz könnte folgen.

Tübingen – Parkinson, nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, betrifft weltweit immer mehr Menschen. Allein in Deutschland leben, laut Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V., etwa 400.000 Patienten und Patientinnen mit der Diagnose. Hauptsymptome wie Zittern (Tremor), Bewegungssteifheit (Rigor) und Verlangsamung (Bradykinese) belasten Betroffene erheblich. Besonders gefährlich ist das sogenannte Gang-Freezing – plötzliche Bewegungsblockaden, die oft zu Stürzen führen. Laut Universitätsklinikum Tübingen tritt dieses Symptom bei bis zu 80 Prozent der Erkrankten auf.

Ein Forscherteam des Universitätsklinikums Tübingen hat nun neue Fortschritte gemacht: Mithilfe moderner Hirnstimulationselektroden konnten sie die neuronale Aktivität im Gehirn von Parkinson-Patienten und Patientinnen in Echtzeit messen. Dabei identifizierten sie präzise Muster im sogenannten Nucleus subthalamicus – ein Kern des Subthalamus im Diencephalon – die Gang-Freezing auslösen.

Die Zahl der Patientinnen liegt, laut WHO, bei über 8,5 Millionen weltweit (Stand 2019). In Deutschland allein sind etwa 400.000 Menschen von der neurodegenerativen Erkrankung betroffen. © IMAGO / Panthermedia

Hoffnung für Parkinson-Therapie: Neue Technologien erlauben tiefere Einsichten

„Interessanterweise konnten wir mit der neuen Methode bei Patientinnen und Patienten mit Parkinson nachweisen, dass diese Fehlsteuerung der eigentlichen Blockade bereits um wenige Schritte vorausging. Dies ist eine großartige Möglichkeit, die Neurostimulation gezielter einzusetzen, um eine sich ankündigende Gangblockade mittels Neurostimulation möglicherweise noch abzuwenden – zu einer Zeit, wenn sie sich bereits ankündigt, aber noch nicht definitiv eingetreten ist“, erklärt Prof. Dr. Daniel Weiß, einer der Studienleiter in einer Pressemitteilung. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten, Blockaden rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern.

Die Studie Supraspinal contributions to defective antagonistic inhibition and freezing of gait in Parkinson’s disease, liefert Erkenntnisse über die Mechanismen hinter dem Gang-Freezing. Dabei wurde versucht, die Mechanismen des Gang-Freezings, wie folgt, zu entschlüsseln:

  • Verstärkte Muskelspannung: Es kommt zu einer fehlerhaften Koordination zwischen Beuge- und Streckmuskeln.
  • Störungen im Zeitmuster: Der Wadenmuskel zeigt auffällige Aktivierungen vor der Blockade.
  • Überaktive Synchronisation: Die Verbindung zwischen subthalamischen Schaltkreisen und spinalen Signalen ist übersteuert, was normale Bewegungen verhindert.

Diese neuen Erkenntnisse legen den Grundstein für potenzielle neurorestorative Therapien, die nicht nur die Symptome behandeln, sondern gezielt die Ursache angreifen könnten.

Therapie der Zukunft: Adaptiver Hirnschrittmacher bei Parkinson-Erkrankungen gegen Lähmungserscheinungen

Ein besonders vielversprechender Ansatz ist der Einsatz adaptiver Hirnschrittmacher: „Die aktuellen Hirnschrittmacher verfügen teilweise bereits über die technologischen Voraussetzungen für solche Therapieanwendungen. Bis eine solche adaptive Therapie allerdings hoffentlich in Zukunft einmal zur Verfügung gestellt werden kann, sind noch weitere Entwicklungsschritte und klinische Studien erforderlich“, ergänzt Prof. Weiß.

Mit über sechs Millionen Betroffenen weltweit und steigenden Zahlen ist dieser Fortschritt ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Lebensqualität für Erkrankte, so das Universitätsklinikum Tübingen. Doch wie die Forschenden betonen, stehen noch viele Herausforderungen bevor – von der Weiterentwicklung der Technologie bis hin zur klinischen Umsetzung. „Es ist eine großartige Möglichkeit, neurostimulative Therapien künftig noch gezielter einzusetzen“, betont Weiß abschließend. Im April 2024 gab es bereits neue Erkenntnisse über die Möglichkeit, ein Diabetes-Medikament gegen Parkinson-Erkrankungen einzusetzen. Übrigens: Kaffeetrinker erkranken seltener an der heimtückischen Krankheit. (ls)

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