Neue Sanktionen: EU trifft Putins Wirtschaft an der Schwachstelle
Künftig will die EU Sekundärsanktionen verhängen – gegen Länder, die Russland unterstützen. So soll vermieden werden, dass bestehende Sanktionen umgangen werden.
Kopenhagen – Die Europäische Union prüft erstmals den Einsatz von Sekundärsanktionen gegen Länder, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin dabei unterstützen, bestehende Sanktionen zu umgehen. Damit soll der Druck auf Moskau erhöht werden, auch wenn die Wirksamkeit solcher Maßnahmen angesichts ausgeklügelter Umgehungssysteme und Handelswege umstritten bleibt.
Bloomberg berichtete unter Berufung auf mit den Diskussionen vertraute Quellen, dass die EU-Außenminister noch in dieser Woche in Kopenhagen zusammenkommen sollen. Unter „Sekundärsanktionen“ versteht man Maßnahmen gegen Drittländer, Unternehmen oder Einzelpersonen, die weiterhin Geschäfte mit Russland tätigen.
Neue Sanktionen: EU will Maßnahmen auf Drittländer ausweiten
Darüber hinaus planen die Minister, mögliche Erweiterungen der Beschränkungen für den russischen Öl- und Gassektor sowie für den Finanzsektor zu diskutieren. Auch zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Ein- und Ausfuhr russischer Waren stehen auf der Agenda.
Quellen zufolge handelt es sich bei dem Treffen um informelle Beratungen, bei denen nicht unmittelbar die Ausarbeitung eines neuen Sanktionspakets vorgesehen ist. Parallel dazu arbeitet die EU derzeit am 19. Sanktionspaket, das sich vor allem auf die von Russland entführten ukrainischen Kinder konzentriert. Bloomberg schreibt, dass dieses Thema bereits das Interesse von US-Präsident Donald Trump geweckt habe, als er im Weißen Haus mit europäischen Staats- und Regierungschefs über eine Lösung des Ukraine-Krieges sprach.
Zuvor hatte Trump strengere Sekundärsanktionen angekündigt. Laut Experten soll es sich dabei besonders um zwei Länder handeln. „China ist mittlerweile der wichtigste Handelspartner Russlands und war 2024 für rund 40 Prozent der russischen Importe und 30 Prozent der russischen Exporte verantwortlich“, erklärte der Wirtschaftsexperte Vasily Astrov der Deutschen Welle. „Auch die Einfuhr wichtiger Importgüter für die Militärindustrie findet über China und Hongkong statt.“ Neben China spielt auch Indien eine zentrale Rolle. „China und Indien absorbieren mehr als die Hälfte der gesamten russischen Ölexporte“, so Astrov.

Sekundärsanktionen: Russland soll durch Maßnahmen gegen Drittländer unter Druck geraten
Inzwischen gerät die von der Umstellung auf Kriegswirtschaft angekurbelte Konjunktur ins Stocken. Viele Ökonomen sprechen von einer Halbierung des Wachstums auf lediglich zwei Prozent. Besonders die privaten Investitionen werden gebremst. Im Automobilsektor und im Maschinenbau ist die Nachfrage eingebrochen, und auch Bauwirtschaft sowie Stahlindustrie stecken in Schwierigkeiten. Mit den Sekundärsanktionen will die EU den wirtschaftlichen Druck weiter verstärken.
Wie stark eine Einführung der Sekundärsanktionen die russischen Handelspartner und folglich Russland treffen würde, lässt sich jedoch nur schwer einschätzen. „Im Endeffekt hat Russland auch da Wege gefunden, diese Sekundärsanktionen zu umgehen, obwohl das mit zusätzlichen Kosten verbunden ist“, so Astrov gegenüber dem Schweizer Sender SRF. „Nach wie vor gelangt ein Großteil der sanktionierten Güter über Umwege nach Russland. Das macht die Güter aber teurer und trägt dazu bei, dass die Inflation in Russland so hoch ist.“
Nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters haben russische Banken zudem ein spezielles Verrechnungssystem namens „China Track“ eingerichtet, um den Zahlungsverkehr mit China abzuwickeln und westlichen Sanktionen zu entgehen. Banken-Insider berichten, dass das System bereits seit einiger Zeit existiert und von mehreren sanktionierten russischen Banken genutzt wird. Dabei werden Zwischenhändler in Ländern eingesetzt, die weiterhin Handel mit Russland betreiben. Den Recherchen von Reuters zufolge funktioniert das Netzwerk seit längerer Zeit weitgehend störungsfrei. (hk)