Die Armada natürlicher Rasenmäher

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Schafe, soweit das Auge reicht: Von Oberneuching aus machte sich die Herde auf in Richtung Lüß. Ihr Ziel aber ist die Fröttmaninger Heide. © Daniela Oldach

Eine riesige Schafherde ist dieser Tage durchs Erdinger Land gezogen. Doch wohin war die Herde? Wir haben mit dem Schäfer gesprochen, ein selten gewordener Beruf.

Oberneuching – Mausi hat alles im Blick. Kommt ein Schaf der Straße gefährlich nahe, ist die vierjährige Schäferhündin zur Stelle und treibt das Tier wieder zurück in Richtung Herde. Und so war es auch in Oberneuching, als Hermann Stadler in der vergangenen Woche mit seinen 800 Tieren auf dem Weg nach Eicherloh unterwegs war. Vor allem aber weicht Mausi ihrem Besitzer nicht von der Seite. Mit treuherzigem Blick schaut sie den Schäfermeister an. Idylle pur möchte man meinen. Doch dem ist nicht so.

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Schäferhündin Mausi weicht Schäfermeister Hermann Stadler nicht von der Seite. Sobald aber ein Schaf Faxen macht, ist die Hündin zur Stelle. © Daniela Oldach

Ellenlange Arbeitstage, kein Urlaub und ein Privatleben, das immer zurückstecken muss: Offen redet der Schäfermeister über den harten Beruf, den der 57-Jährige zwar liebt, für den sich aber immer weniger Menschen entscheiden. Die Zahl der Schäfereien im Haupterwerb in Deutschland ist mittlerweile dreistellig. Eine davon gehört Stadler, der in Hackelsberg bei Vilsbiburg (Landkreis Landshut) zuhause ist und bezeichnender weise das Autokennzeichen „LA-MM“ hat.

Schon sein Urgroßvater war Schäfer, sein Opa und der Vater ebenfalls. Stadler selbst kennt es nicht anders. Schon mit acht Jahren war ihm klar, dass er auch Schäfer wird. Und so absolvierte er nach der Schule eine dreijährige Ausbildung zum Tierwirt.

Seine Herde besteht überwiegend aus Merinoschafen, Schwarzköpfen und ein paar Bergschafen. Hinzu kommen rund 50 Ziegen. Auf einer Weide lassen nämlich die Schafe verschiedene härtere Gewächse stehen. Die Ziegen aber fressen diese. Das ganze Jahr über ist die Herde draußen. Die Wanderschaft begann im Oktober. Vom Sommerziel Fröttmaning aus geht es auf Wanderschaft. „Wir sind dann auch den ganzen Winter draußen“, sagt der Schäfermeister.

Jetzt ist schon Endspurt angesagt. Von Maiszagl (Gemeinde Wörth) aus ging es über Lupperg in Richtung Oberneuching. Es war ein Schauspiel, als die Einwohner die tierischen Reisenden entdeckten. Handys wurden gezückt und fleißig Bilder gemacht. Stadler freut’s, wenn sich die Menschen für seine Tiere begeistern. „Die meisten Menschen reagieren sehr positiv“, sagt er. Doch es gibt immer wieder auch ungeduldige Autofahrer. Und eben auch Menschen, die dann meinen, dass die Herde die Fahrzeuge beschädigen und etwa den Lack verkratzen. Auch mit solchen Vorwürfen muss sich der Schäfermeister herumschlagen, auch wenn sie bisher immer haltlos waren.

Er selbst ist gesundheitlich angeschlagen und fährt bei der Wanderschaft mit seinem Geländewagen voraus. Brav trotten die Tiere hinter dem Fahrzeug her, Mausi läuft neben her. Alleine kann der Schäfermeister das nicht bewerkstelligen. Sein Helfer Stani betreut die Herde und ist auch Tag und Nacht bei ihr. Der polnische Kollege schläft im Wohnwagen, Stadler pendelt jeden Tag nach Hause nach Hackelsberg.

„Ich hab’ daheim noch einen Stall mit 300 Schafen. Die müssen auch versorgt werden“, sagt er. Und natürlich muss er sich auch um die Vermarktung kümmern. Einnahmequellen sind der Verkauf von Fleisch und Kochsalami und die Gelder aus der Landschaftspflege. Wolle hingegen ist nicht mehr gefragt – kuschelige Lammfelle eher. „Reich werden kann man nicht, aber es reicht zum Leben“, sagt der Schäfermeister.

In Eicherloh hatte er gedacht, dass jetzt Feierabend sei. Doch dann kam ein Anruf, dass angeblich zwei Tiere in den Kanal gefallen seien. Sofort rauschte Stadler zurück, doch es gab Entwarnung. Die zwei Tiere waren nur abgehauen und standen am Kanal. „Schon ist eine Stunde weg. Aber zumindest ist alles gut ausgegangen“, meinte er.

Nach dem „Übernachten“ der Herde auf einer großen Wiese bei Eicherloh ging die Reise weiter Richtung Ismaning und zur Fröttmaninger Heide. Dort ist das Sommerquartier. Die Heidelandschaft wird erhalten, die Tiere fungieren als „natürliche Rasenmäher“. Mähmaschinen könnten das Areal längst nicht so pflegen wie Schafe.

Für Schäfermeister Stadler steht schon das nächste Tier in den Startlöchern. „Mausi“ soll Verstärkung durch „Max“ bekommen. Seine Hunde bildet Stadler selbst aus. Und so ist auch nach einem Zwölf-Stunden-Tag noch nicht Schluss. „Ich bin Einzelkämpfer. Das ist ein hoher Preis.“ do

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