Nach Telefonat folgt Treffen - Experten nach Trump-Talk mit Putin: "Äußerst unangenehm für Nato und Europas Staatschefs"
Tritt jetzt ein, wovor Experten gewarnt haben? Lässt sich US-Präsident Donald Trump auf einen „schmutzigen Deal“ mit Russland zu Lasten der Ukraine ein, weil er den Krieg unbedingt schnell beenden will?
Zumindest hat das erwartete Telefonat Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Angaben beider Seiten am Mittwoch stattgefunden. Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sollen „unverzüglich“ beginnen, erklärte Trump im Anschluss.
Der US-Präsident schrieb auf seiner Online-Plattform Truth Social, er habe ein „langes und sehr produktives“ Telefonat mit Putin gehabt. „Wir sind übereingekommen, sehr eng zusammenzuarbeiten und auch die Nationen des jeweils anderen zu besuchen.“ Das Gespräch soll anderthalb Stunden gedauert haben.
„Millionen von Menschen sind in einem Krieg gestorben, der mit mir als Präsidenten nicht ausgebrochen wäre“
Die Verhandlungen mit Russland sollen aufseiten der USA von Außenminister Marco Rubio, CIA-Direktor John Ratcliffe, dem nationalen Sicherheitsberater Michael Waltz und dem Botschafter und Sondergesandten Steve Witkoff geleitet werden, erklärte Trump.
„Millionen von Menschen sind in einem Krieg gestorben, der mit mir als Präsidenten nicht ausgebrochen wäre. Aber er ist ausgebrochen. Also muss er enden.“
Putin hat Trump nach Moskau eingeladen
Aus dem Kreml hieß es, Putin habe seine Bereitschaft erklärt, Repräsentanten des Weißen Hauses in Russland zu empfangen. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Putin habe Trump nach Moskau eingeladen.
Etwas später sagte der US-Präsident dann zu Reportern im Oval Office, ein erstes Treffen mit Putin werde wahrscheinlich in Saudi-Arabien stattfinden.
Trump informierte nach seinem Telefonat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über das Gespräch. Der äußerte sich zunächst optimistisch. „Wir glauben, dass die Stärke Amerikas groß genug ist, um gemeinsam mit uns und unseren Partnern Russland und Putin zu Frieden zu zwingen“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Ebenfalls am Mittwoch hatte wiederum US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bei einem Ukraine-Treffen in Brüssel erstmals öffentlich Details dazu dargelegt, wie Washington sich ein Kriegsende vorstellt. Klar wurde, dass die Amerikaner schmerzhafte Zugeständnisse Kiews für unausweichlich halten – dass die Ukraine alle ihre Gebiete zurückerhält, die Russland besetzt hat, sei „unrealistisch“.
Einen Nato-Beitritt der Ukraine soll es nicht geben
Außerdem beabsichtigen die USA laut Hegseth nicht, die Absicherung eines möglichen Friedens militärisch zu unterstützen. Das sei vor allem Aufgabe der Europäer. Einen Nato-Beitritt der Ukraine soll es ebenfalls nicht geben.
Das ist bitter für Kiew – aber auch für Amerikas Nato-Partner. Denn nach der Darstellung Moskaus wurde der russische Angriffskrieg unter anderem durch das Streben der Ukraine in die Nato verursacht.
„Für Russland sind das sicherlich keine schlechten Nachrichten“, sagt der Krisenanalyst Ian Bremmer. Die Nato-Führung habe sich seit dem Einmarsch Russlands unerschütterlich für die Mitgliedschaft der Ukraine eingesetzt, auch wenn es keinen Plan oder Zeitplan dafür gegeben habe.
„Trump hat diese Position nun einseitig beendet und damit den Nato-Generalsekretär und die europäischen Staats- und Regierungschefs in eine äußerst unangenehme Lage gebracht.“
- Ian Bremmer Gründer und Präsident der Beratungsfirma Eurasia Group sowie Initiator des Global Political Risk Index an der Wall Street.
Bremmer sagt weiter: „Den Europäern war schon lange klar, dass eine Nato-Mitgliedschaft bei einer Verhandlungslösung nicht infrage kommt.“ Harte Garantien mit ausländischen Truppen vor Ort könnten durchaus ein wirksames Abschreckungsmittel sein, um den Frieden zu erhalten.
Gefährlich sei, dass die Trump-Regierung bereits vor Verhandlungen Zugeständnisse mache. „Eine Konsequenz ist, dass das Nato-Bündnis heute schwächer dasteht.“
„Für Putin ist es ein Deal mit Trump“
Für die Ukraine und die Nato-Verbündeten sei zudem die Frage äußerst besorgniserregend, was genau Trump und Putin besprochen haben könnten, so Bremmer. „Es besteht kein ausreichendes Vertrauen, um die Fortsetzung des koordinierten Ansatzes zu gewährleisten, den wir unter (Trumps Vorgänger Joe) Biden gesehen haben.“
- Nico Lange Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz und dem Center for European Policy Analysis (CEPA).
Ukraine-Experte Nico Lange kritisiert die Art und Weise, wie Washington diesen Prozess angeht. „Wenn die Trump-Leute die Botschaft auf diese Weise vermitteln, untergraben sie ihre eigenen Bemühungen, Putin zu entmutigen“, sagt er. „Putin kümmert sich nicht darum, was die Europäer tun. Für Putin ist es ein Deal mit Trump darüber, wer der zukünftige Chef in Europa ist.“
„Selenskyj weiß, dass er die militärische Unterstützung der USA braucht, um zu überleben“
Bemerkenswert ist, dass sich US-Finanzminister Scott Bessent ebenfalls am Mittwoch mit Selenskyj in Kiew traf. Dabei ging es nach US-Angaben um ein wirtschaftliches Investitionsabkommen im Zusammenhang mit Seltenen Erden.
- Kurt Volker Ehemaliger Nato-Botschafter der USA und von 2017 bis 2019 US-Sondergesandter für die Beziehungen zur Ukraine.
Trump hatte vor wenigen Tagen erklärt, dass er von der Ukraine wertvolle Rohstoffe im Austausch für weitere US-Hilfen fordern könnte. Selenskyj selbst hatte den USA schon vor dem Machtwechsel in Washington in seinem sogenannten „Siegesplan“ angeboten, Abkommen zur gemeinsamen Förderung und Nutzung von Rohstoffen zu schließen.
„Das Land verfügt über eine Menge Mineralien, seltene Erden, Lithium, Titan, und das ist eine Einnahmequelle für die Ukraine“, sagt Trumps ehemaliger Nato-Botschafter Kurt Volker. „Es gibt also keinen Grund, warum sie nicht etwas davon für den Kauf von Waffen ausgeben könnten.“
Volker verweist darauf, dass Selenskyj Verhandlungsbereitschaft gezeigt habe – und zuvor mit dem US-Präsidenten mehrfach gesprochen habe. „Selenskyj weiß, dass er die militärische Unterstützung der USA braucht, um zu überleben, und er versteht, dass die Ukraine ihre Gebiete militärisch nicht zurückbekommen werden.“
Nach knapp drei Jahren Krieg sei das Land erschöpft, sagt Volker. „Die Ukrainer brauchen eine Pause vom Krieg.“
Von Juliane Schäuble
Das Original zu diesem Beitrag "Trump reicht Putin die Hand" stammt von Tagesspiegel.