Millionen Patienten darauf angewiesen: Wichtigem Diabetes-Medikament droht das Aus

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Metformin könnte bald vom Markt verschwinden. Eine neue EU-Richtlinie ist schuld. Die Folgen für Diabetiker innen und Diabetiker wären gravierend.

Frankfurt – Metformin, ein effektives und kostengünstiges Mittel, wird laut dem Pharmaunternehmen Merck von etwa 130 Millionen Menschen weltweit verwendet (Stand: 2022). Es wird zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt und reduziert zudem das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aufgrund einer neuen Abwasserrichtlinie ist das Fortbestehen dieses Medikaments gefährdet.

Beliebt, wirksam und günstig: Metformin-Tabletten sind ein oft genutztes Diabetes-Medikament

Für viele Diabetikerinnen und Diabetiker hätte ein Wegfall von Metformin gravierende Konsequenzen. Sie müssten auf teurere Alternativen umsteigen, die bis zu zehnmal mehr kosten als die Drei-Monats-Packung Metformin, die durchschnittlich 5,12 Euro beträgt. Diese Umstellung würde auch die Krankenkassen belasten, da die Mehrkosten auf bis zu 1,5 Milliarden Euro jährlich steigen könnten, während die aktuellen Ausgaben bei etwa 350 Millionen Euro liegen.

„Es hat gute blutzuckersenkende Eigenschaften, ist gewichtsneutral und Interaktionen mit anderen Medikamenten sind nicht zu erwarten“, sagt Prof. Dr. Monika Kellerer im Deutschen Ärzteblatt über Metformin. Die Verwendung von Alternativen wie Gliflozinen, Glutiden oder Insulin könnte für die Betroffenen zusätzliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Zudem unterscheiden sich die Einnahmeformen: Während Metformin als Tablette eingenommen wird, erfordern viele Alternativen Injektionen. Dies könnte laut Studien die Therapietreue verringern und die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigen. Studien deuten zudem darauf hin, dass Metformin möglicherweise gegen aggressiven Blutkrebs wirksam sein könnte.

Metformin ist laut der Deutschen Herzstiftung das am längsten bekannte und am häufigsten eingesetzte orale Antidiabetikum und in Deutschland das derzeit einzig zugelassene Medikament seiner Art. © Ulrich Roth/Pond5 Images/Imago

Pharmahersteller sollen zahlen: EU-Richtlinie sieht teure Abwasserreinigung vor

Die Ursache für diese drohende Situation ist eine neue EU-Abwasserrichtlinie. Diese verlangt, dass Pharmaunternehmen die Kosten für eine zusätzliche Reinigungsstufe in Kläranlagen mittragen, um Mikroschadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen. Da Metformin sehr preiswert ist und die zusätzlichen Kosten nicht an die Verbraucher weitergegeben werden dürfen, können führende Hersteller wie Zentiva und Sandoz die finanziellen Belastungen nicht mehr tragen. Der Pharmadaten-Dienstleister IQVIA schätzt laut Spiegel, dass die Hersteller mit zusätzlichen Kosten von bis zu 445 Prozent rechnen müssen. Metformin sollte im Falle einer Erkrankung als letzte Option in Betracht gezogen werden.

Wie der Verband Pharma Deutschland berichtet, sind auch andere wichtige Medikamente stark von diesem Problem betroffen, darunter sind Krebsmedikamente und Antibiotika. Die Regelung stelle auch für Hersteller von Generika eine Herausforderung dar, deren Verkaufspreise nur geringfügig über den Herstellungskosten liegen. Dies könnte asiatischen Herstellern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und die europäische Produktion weiter schwächen. Bereits zu Jahresbeginn waren in Deutschland zahlreiche Medikamente knapp.

Kastrup/Copenahgen /Denmmark/26 November 2022/.Metfomin atavis 500mg medicne in danish capital. (Photo. Francis Joseph D
Metformin ist ein günstiges Medikament zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2. © IMAGO/Francis Josep Dean/Deanpictures

Medikamentenmangel droht: Versorgungssicherheit in Deutschland möglicherweise nicht sichergestellt

Pharma-Lobbyisten warnen vor einer Gefährdung der Versorgungssicherheit. Die Kostenfrage wird ebenfalls kritisch betrachtet, da die EU-Richtlinie vorsieht, dass mindestens 80 Prozent der Kosten für die Entfernung von Mikroschadstoffen von Pharma- und Kosmetikherstellern getragen werden müssen.

Polen hat im März eine Klage gegen die Richtlinie eingereicht. Die Europäische Kommission prüft derzeit die Auswirkungen der Richtlinie auf die Pharmaindustrie. Eine Entscheidung sollte jedoch nicht zu lange auf sich warten lassen, da einige Hersteller bereits angedeutet haben, bestimmte Wirkstoffe vom Markt zu nehmen, falls die Kosten nicht anders verteilt werden. Kritiker befürworten daher eine Finanzierung über Abwassergebühren, um den Zugang zu wichtigen Medikamenten zu sichern.

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