Staatsmilliarden für Elektroautos? Gebt den Leuten lieber den Null-Euro-Strom

Die Regierung hat sich gerade auf ein milliardenschweres Förderpaket für Elektromobilität geeinigt: bis zu drei Milliarden Euro für neue Kaufprämien. Doch solche Zuschüsse wirken oft nur kurzfristig, selten sind sie mehr als ein Strohfeuer mit vielen Mitnahmeeffekten. Viel wirkungsvoller wäre es, dauerhaft für günstigen – und vor allem planbar günstigen – Strom sowie eine gute Ladeinfrastruktur zu sorgen. 

Ein Blick nach Australien zeigt, wie so etwas aussehen kann: Dort erhalten Haushalte an sonnigen Tagen Strom zum Preis von null australischen Dollar – also gratis. An solchen Tagen drücken Photovoltaikanlagen nämlich so viel Energie in die Netze, dass die Börsenpreise vollständig wegbrechen. Anbieter definieren feste Nulltarif-Fenster, in denen klar ist: Jetzt kostet Strom nichts.

Und das bedeutet im Kern auch: Gratis Tanken für E-Autos.

Prof. Dr. Matthias Huber, Ingenieur und Ökonom, lehrt in Ingolstadt zu Energiesystemen. Er forscht an sektorübergreifenden Modellen, erneuerbaren Energien und innovativem Energiemanagement für flexible, effiziente Stromsysteme. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Deutschlands große PV-Revolution

Auch in Deutschland wurde die Idee bereits aufgegriffen – unter anderem von Simon Müller , dem ehemaligen Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende, der rund 600 Gratisstunden pro Jahr vorgeschlagen hat. Die Grundlogik ist dieselbe: Wenn viel PV-Strom vorhanden ist, sollten alle davon profitieren können. Und nicht nur die Eigentümer der PV Anlage.

Vor 20 Jahren lag die sogenannte EEG-Vergütung für Solaranlagen noch bei bis zu 50 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Heute produzieren moderne Freiflächenanlagen Strom für vier bis fünf Cent pro kWh, Dachanlagen für acht bis zehn Cent, und zwar als Vollkosten inklusive Finanzierung.

Die Anlagen kosten also weiterhin Geld, doch nach ihrer Installation fallen kaum noch variable Kosten an: keine Brennstoffe, keine CO₂-Preise, minimaler Verschleiß. Wenn nun an sonnenreichen Tagen viele Anlagen einspeisen, setzen die Anlagen den Börsenstrompreis und der dieser fällt auf Null. Die Frage ist jetzt nur: Wie kommt dieser Nullpreis auch bei der Endkundin und beim Endkunden an?

Mini-Subvention statt Milliardenprämie

Die Daten zeigen stabile Überschüsse bei PV-Anlagen: Im Sommer – Juni bis August – fast täglich von 10 bis 14 Uhr, in der Übergangszeit zumindest an Wochenenden. Damit das Modell verlässlich ist, könnte eine Mindestanzahl an Gratisfenstern festgelegt werden – etwa an 90 Prozent der Sommertage. Wenn man zunächst alle definierten Zeitfenster in Übergangszeit und Sommer anbietet, schafft das maximale Verlässlichkeit; die wenigen teureren Tage wären eine kleine, aber effiziente Mini-Subvention.

Doch diese wäre volkswirtschaftlich deutlich effizienter als milliardenschwere Kaufprämien. Im Detail müsste man sich hier ein effizientes Modell zusammen mit den Netzbetreibern überlegen.

Das Nulltarif-Fenster im Sommer

Auf jeden Fall sollte gelten: Der Einstieg muss leicht verständlich sein. Ein tägliches Nulltarif-Fenster im Sommer ist sofort nachvollziehbar. Für die gezielte Nutzung braucht man zwar Smart Meter, aber gerade ein einfaches Modell schafft die Motivation, diese überhaupt einzubauen und aktiv zu nutzen. Digitale Steuerung bekommt dadurch erstmals einen unmittelbaren und planbaren Vorteil im Alltag.

Später – wenn mehr Smart Meter und Automatisierung verfügbar sind – können die Gratisfenster präziser gestaltet werden bzw. stärker in die ganz normale dynamische Tarifwelt übergehen. Einfache Einstiegsmodelle sind nicht perfekt effizient, aber sie ermöglichen das Wichtigste: Verständnis, Motivation, Teilnahme.

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Nicht nur PV-Besitzer profitieren – sondern alle

Ein großer Vorteil: Auch Mieterinnen und Mieter sowie Haushalte ohne PV profitieren unmittelbar. Sie können ihre Geräte in die gratis Stunden legen, E-Autos laden oder Warmwasser erzeugen. Das schafft eine echte soziale Ausgleichswirkung, weil günstiger Strom nicht nur Eigentümer großer Dachflächen erreicht.

Damit der Endkundenpreis wirklich null Cent beträgt, müssen in diesen Zeitfenstern auch Netzentgelte und Abgaben entfallen. Das ist nicht nur sozialpolitisch sinnvoll, sondern auch systemlogisch: Zusätzlicher Verbrauch entlastet mittags das Netz, weil lokale PV-Überschüsse aufgenommen werden und Abregelungen sinken.

Da Fixkosten weiterhin anfallen, müssen sie auf andere Stunden verteilt werden – was fair ist, denn viele PV-Besitzer tragen heute nur einen kleinen Teil der Netzkosten. Eine Umverteilung bildet die Realität besser ab und senkt sogar die Gesamtsystemkosten.

Doppelter Nutzen für Unternehmen

Pendler können zu Hause meist nicht zu den Stunden laden, in denen Solarstrom im Überfluss anfällt und Gratisfenster möglich wären. Ihre Autos stehen tagsüber jedoch auf Firmen- und Behördenparkplätzen. Damit Pendler günstige oder sogar kostenlose Ladezeiten nutzen können, braucht es deshalb vor allem Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz.

Für Betriebe entsteht dabei ein doppelter Nutzen: Sie können ihre eigenen Dienst- und Flottenfahrzeuge kostengünstig laden und gleichzeitig durch gute Ladeangebote ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Das entlastet insbesondere die arbeitende Mitte, für die Mobilitätskosten ein wichtiger Faktor sind.

Der günstige Energiewende-Push

Nulltarif-Fenster setzen starke Modernisierungsimpulse. Smart Meter werden plötzlich sichtbar notwendig und nützlich, weil sie automatisch in die günstigen Zeitfenster steuern können. Haushalte und Betriebe beginnen, ihren Verbrauch erstmals bewusst zu verschieben. E-Autos werden attraktiver, und Wärmesysteme lassen sich gezielt in die solaren Mittagsspitzen legen.

All das beschleunigt die Digitalisierung und Elektrifizierung – ohne neue Milliardenprogramme. Es ist ein vergleichsweise günstiger Push, der die Energiewende sichtbar voranbringt und bei dem viele Menschen erstmals konkrete positive Effekte im Alltag erleben.