Deutscher in Belarus zum Tode verurteilt: Putin könnte den „Tiergartenmörder“ freikaufen

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Putin könnte einen in Belarus zum Tode verurteilten Deutschen für seine Zwecke nutzen – und die Freilassung eines verurteilten Mörders erzwingen.

Minsk – In Belarus soll ein 29-jähriger Deutscher hingerichtet werden. Das Urteil gegen Rico Krieger, einen Sanitäter des Deutschen Roten Kreuzes, soll bereits Ende Juni verhängt worden sein, berichtete der Sender Euronews. Belarussische Oppositionelle sollen das Urteil erst kürzlich aufgedeckt haben.

Laut dem Deutschlandfunk könnte es sich bei dem Urteil jedoch um einen politischen Schachzug von Russlands Präsident Wladimir Putin und seinem Verbündeten Alexander Lukaschenko handeln. Denn mit dem gefangenen Deutschen könnte womöglich die Freilassung des sogenannten Tiergartenmörders erzwungen werden.

Deutscher in Belarus zum Tode verurteilt – Lukaschenko-Regime wirft ihm Beteiligung am Ukraine-Krieg vor

Das Urteil gegen Krieger lautet laut Informationen belarussischer Oppositioneller: Tod durch Erschießen. Doch weshalb soll der 29-Jährige überhaupt hingerichtet werden? Wie der Deutschlandfunk berichtete, lauten die Vorwürfe Terrorismus, Söldnertum und Sabotage. Laut Euronews spekuliert man innerhalb der Opposition darüber, dass Krieger die Beteiligung an dem sogenannten Kasus-Kalinowski-Regiment vorgeworfen wird. Das Regiment ist ein Verbund freiwilliger Belarussen, die im Ukraine-Krieg gegen Russland kämpfen.

Putin und Lukaschenko
Putin und Lukaschenko gelten als enge Verbündete. Könnte ein in Belarus zum Tode verurteilter Deutscher von Putin als Druckmittel benutzt werden? © Alexei Druzhinin/dpa

Die Vorwürfe machen gleich mehrfach stutzig. Denn zum einen soll Krieger als Tourist nach Belarus gereist sein, berichtete der Deutschlandfunk. Kurz nach seiner Ankunft sei er bereits verhaftet worden. Zum anderen heiße es aus der belarussischen Aktivistengruppe Viasna, dass der Deutsche die erste Person sei, die in Belarus wegen Söldnertätigkeiten vor Gericht gestellt wurde, so Euronews.

Politisches Motiv hinter Todesstrafe für 29-jährigen deutschen Rettungssanitäter in Belarus vermutet

Eine Erklärung für das unmenschliche Urteil gegen Krieger könne sein, dass Belarus und Russland den politischen Druck auf Deutschland erhöhen wollen. Das mutmaßt laut Deutschlandfunk zumindest Pawel Latuschka, belarussischer Oppositioneller und ehemaliger Minister unter dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko.

Im Detail soll mit dem Verurteilten die Freilassung des Tiergartenmörders aus Deutschland erzwungen werden. Das vermutet auch Artyom Shraibman, ein Politologe aus Belarus, gegenüber dem Tagesspiegel. „Dieses Todesurteil sieht wie ein Versuch Minsks und Moskaus aus, Berlin zum Austausch von Krassikow zu zwingen“, so Shraibman. Aus Kreml-Kreisen wurde dazu sogar schon ein Tausch gegen den mittlerweile verstorbenen Putin-Kritiker Alexey Nawalny angedacht.

Der Fall des Tiergartenmordes dreht sich um den russischen Agenten Wadim Nikolajewitsch Krassikow, der im August 2019 den in Deutschland asylsuchenden Georgier Selimchan Changoschwili im Auftrag des russischen Geheimdienstes erschoss. Die Tat erhielt ihren Nahem aufgrund der Tatsache, dass der Mord im Kleinen Tiergarten in Berlin stattfand.

Putin wollte Tiergartenmörder wohl bereits gegen inhaftierten Journalisten tauschen

Putin scheint die Freilassung des Tiergartenmörders von besonderer Wichtigkeit zu sein. Schon im Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson kam er, ohne konkrete Namen zu nennen, auf den Fall zu sprechen und nannte die Tat des in Deutschland inhaftierten Krassikow patriotisch. Der Vorwurf Russlands gegen das Mordopfer Changoschwilli lautet, dass er in Kaukasus russische Militärangehörige getötet haben soll.

Im Interview mit Carlson habe Putin bereits die Freilassung des Tiergartenmörders gegen den in Russland inhaftierten US-Journalisten Evan Gershkovich gefordert, berichtete der RBB. Zwar habe Putin in diesem Zusammenhang keine direkten Namen genannt, sprach aber wohl davon, dass ein Mann in einem „mit den USA verbündeten Land“ im Gefängnis sitze. Der Grund, so Putin, sei, dass er einen „Banditen“ in einer „europäischen Hauptstadt liquidiert“ habe.

Putin könnte zum Tode verurteilten Deutschen als weiteres Druckmittel nutzen

Es sei auffällig, dass das Todesurteil gerade jetzt bekannt werde, schreibt der Tagesspiegel. Denn zur gleichen Zeit wurde der US-amerikanische Journalist Gershkovich zu 16 Jahren Straflager verurteilt. Auch der Experte Shraibman hält es für möglich, dass Minsk und Moskau das Todesurteil gegen den Deutschen als ein weiteres Druckmittel für die Freilassung von Krassikow verwenden. „Es wirkt so, als ob die deutschen Behörden nicht bereit waren, früheren Bedingungen Russlands zuzustimmen und Moskau deshalb beschlossen hat, einen zusätzlichen Vorstoß zu unternehmen“, sagte Shraibman dem Tagesspiegel. (nhi)

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