Das Pflege-ABC: Was Pflegebedürftige wissen sollten

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Füttern, waschen, Tagespflege: In der häuslichen Pflege fallen viele Aufgaben an. Oft teilen sich Angehörige und Pflegedienst diese. © Mascha Brichta

Pflege ist schon anstrengend genug, da sollten sich Betroffene und ihre Angehörigen gut auskennen, damit ihnen keine Zuschüsse entgehen. Hier ein paar Tipps vom Profi.

Landkreis – Wenn Angehörige plötzlich pflegebedürftig werden, stehen viele Fragen im Raum. Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es im Landkreis? Wo beantragt man die Einstufung des Pflegegrads? Und welche finanziellen Hilfen gibt es?

Diese Fragen kennt auch Freyja Brönnle, Pflegedienstleiterin im Marienstift in Dorfen. Deshalb lädt sie regelmäßig zu Informationsveranstaltungen zu diesen Themen ein. An diesem Abend klärt sie darüber auf, was Pflegebedürftigen beziehungsweise deren Angehörigen für die häusliche Pflege zusteht. „Wow, so viele waren schon lange nicht mehr da“, begrüßt sie die Zuhörer im Alter von geschätzt rund 40 bis 80 Jahren. Dann geht sie gleich in medias res und erklärt die unterschiedlichen Begrifflichkeiten, die bei der Pflegekasse verwendet werden, denn nicht jeder kommt sofort darauf, dass es sich bei „Pflegesachleistungen“ um die Arbeiten des ambulanten Pflegedienstes handelt, „also wenn man zur häuslichen Pflege einen kommerziellen Dienst dazuholt“, informiert Brönnle.

Pflegegeld

Doch vorher muss das Pflegegeld beantragt werden. Das geschieht per Telefon, E-Mail oder Brief beim ersten Mal bei der Krankenkasse. Die schickt einen medizinischen Gutachter, der den Pflegegrad, es gibt fünf (siehe Kasten), feststellt. Ein Herr aus dem Publikum empfiehlt: „Bestehen sie darauf, dass ein Hausbesuch stattfindet, nicht nur eine Befragung übers Telefon.“ Eine andere Zuhörerin gibt den Tipp: „Wenn Ihnen der Pflegegrad nicht zutreffend erscheint, legen Sie Widerspruch ein. In meinem Fall wurde der Pflegegrad innerhalb kurzer Zeit angepasst.“

Das Pflege-ABC: Was Pflegebedürftige wissen sollten
Freyja Brönnle © privat

Pflegesachleistung

Das Pflegegeld kann komplett für die Pflege durch einen Angehörigen verwendet werden, dem ambulanten Pflegedienst übertragen oder zwischen beiden aufgeteilt werden, „da gibt es dann auch mehr Geld, das sind die Pflegesachleistungen“, erinnert Brönnle. Bei dieser Kombileistung wird das Pflegegeld je nach Höhe der Pflegesachleistungen anteilig ausbezahlt. Ein Beispiel: Bei Pflegegrad 3 stehen dem Bedürftigen monatlich 573 Euro Pflegegeld oder/und bis zu 1432 Euro Pflegesachleistungen zur Verfügung. Nimmt der Betroffene den ambulanten Pflegedienst für 50 Prozent im Wert von 716 Euro in Anspruch, verbleiben ihm noch 286,50 Euro Pflegegeld.

Entlastungsbeitrag

In jeder Pflegestufe gibt es zusätzlich zum Pflegegeld 125 Euro Entlastungsbeitrag und 40 Euro für Pflegehilfsmittel wie Handschuhe, Desinfektionsmittel oder Einmal-Waschlappen. Der Entlastungsbeitrag kann beispielsweise verwendet werden für eine Haushaltshilfe. Allerdings kann diese nicht privat beschäftigt werden, die Dienste müssen über zertifizierte Einrichtungen wie Nachbarschafts- oder Seniorenhilfe abgerechnet werden. Personen mit Pflegegrad 1 können den Entlastungsbeitrag auch für den ambulanten Pflegedienst nutzen.

Verhinderungspflege

Pflegende Angehörige haben Anspruch auf Urlaub. Hierfür kann ab Pflegegrad 2 ein Verhinderungspflegegeld von bis zu 1612 Euro pro Kalenderjahr beantragt werden. Die Verhinderungspflege kann, im Gegensatz zum Entlastungsbeitrag, privat organisiert werden. Aber Achtung: Die Ersatzpflege darf mit der pflegebedürftigen Person nicht bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sein oder in häuslicher Gemeinschaft leben. In diesem Fall gäbe es nur die Hälfte der Verhinderungspflege. Diese Regel irritierte manchen Zuhörer, worauf Brönnle antwortete: „Die Pflegekassen gehen davon aus, dass Angehörige ein natürliches Bedürfnis haben, sich um die Oma oder den Opa zu kümmern.“

Kurzzeitpflege

Für die Kurzzeitpflege steht zusätzlich ein Jahresbudget von 1774 Euro zur Verfügung, begrenzt auf maximal acht Wochen. „Das reicht bei uns für circa 18 Tage“, informiert Brönnle. Wird das Geld für die Kurzzeitpflege nicht oder nur teilweise in Anspruch genommen, kann die Hälfte des nicht verbrauchten Budgets zusätzlich für die Verhinderungspflege genutzt werden und umgekehrt.

Zuschuss für Umbauten

4000 Euro pro Jahr bezahlt die Pflegekasse als Zuschuss für „Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“, beispielsweise eine barrierefreie Dusche. Auch technische Pflegehilfsmittel wie Notrufsysteme, Pflegebetten, Aufrichte- oder Sitzhilfen werden teilweise bezahlt. „Doch bei allen Leistungen, die Sie in Anspruch nehmen wollen, gilt: Erst vorher von der Pflegekasse genehmigen lassen, dann beauftragen“, rät Brönnle dringend und ergänzt: „Versicherte, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, haben einen gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung durch die Pflegekasse.“

Beratung vor Ort

Auch Stadt und Landkreis bieten Anlaufstellen. So können sich Betroffene ans Pflegeberatungsbüro der Stadt Dorfen wenden. Dann gibt es noch den Pflegestützpunkt Erding für alle Bürgerinnen und Bürger im Landkreis bei sämtlichen Themen der Pflege und des Älterwerdens. Betreiber ist der Landkreis in gemeinsamer Trägerschaft mit den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen und dem Bezirk Oberbayern. „Fragen zur Pflegeversicherung, Schwerbehinderung, ambulanten Versorgung und zu Pflege- und Senioreneinrichtungen sind ebenso Teil unserer Arbeit wie die Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen“, teilt Markus Hartmann, Sprecher des Landratsamtes, auf Nachfrage mit. Die Beratung erfolge neutral, kostenlos und unter Schweigepflicht. Das Angebot kann im Pflegestützpunkt, telefonisch, per E-Mail oder in Form eines Hausbesuchs in Anspruch genommen werden. Zusätzlich werden in einigen Gemeinden Außensprechstunden angeboten.

Terminvereinbarung

Die Termine im Pflegestützpunkt können unter Tel. (08122) 58-18 00 oder per E-Mail an pflegestuetzpunkt@lra.ed.de vereinbart werden. Für den Pflegestützpunkt gelten die Öffnungszeiten des Landratsamtes.

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