Kritik an Scholz vor Besuch bei Erdogan: Abschiebeabkommen und Waffendeals „höchst problematisch“

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Am Samstag reist Bundeskanzler Olaf Scholz in die Türkei. Schwerpunkt bei den Gesprächen dürfte die Abschiebung von Türken und neue Waffen für Ankara sein.

Istanbul - Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl 2025 tritt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Reise in die Türkei an, um sich mit Präsident Recep Tayyip Erdogan zu treffen. Zu Besprechen gibt es zwischen beiden sehr viel. Vor allem aber dürfte es sich bei dem Treffen aber um den Flüchtlingsdeal mit der EU und Waffen für das türkische Militär drehen. Doch das Verhältnis bleibt angespannt – auch mit Blick auf den Nahost-Konflikt. Die Türkei nennt das Vorgehen Israels im Gazastreifen öffentlich einen Völkermord und den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verglich Erdogan mit Hitler.

Scholz trifft Erdogan in Ankara – Abschiebedeal mit der Türkei läuft bereits

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete Ende September von einem Asyl-Deal zwischen Berlin und Ankara. Dieser umfasse rund 13.500 türkische Staatsbürger. Bis zu 500 Schutzsuchende könnte so pro Woche abgeschoben werden. Die Meldungen hatte bei den deutschen Menschenrechtsorganisationen für Empörung gesorgt, da die Türkei nach deren Auffassung kein Rechtsstaat sei und Betroffene Folter und langjährige Haft zu erwarten hätten. Das Land bekam in den vergangenen Jahren Milliarden aus der EU, um Millionen Flüchtlinge daran zu hindern, über die Türkei nach Europa zu gelangen.

Deutschland will bis zu 500 Türkeistämmige pro Woche abschieben.
Kanzler Olaf Scholz will am Wochenende den türkischen Präsidenten Erdogan treffen. © IMAGO/Fotostand / Reuhl

Kritik an Scholz-Besuch bei Erdogan – Deutschland ignoriert Menschenrechtsverstöße in der Türkei

Kritik an dem Besuch von Scholz kommt deswegen auch von der EU Turkey Civic Commission (EUTCC), da die deutsche Seite offenbar weiterhin die Menschenrechtsverstöße in der Türkei ignoriert. „Der Bundeskanzler reist mit einer Menge Präsente in die Türkei, allen voran das Abschiebeabkommen und weitere Waffenexporte“, sagte EUTCC-Vorstandsmitglied Dersim Dagdelen im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.

„Beides ist höchst problematisch, gar inakzeptabel und größtenteils antikurdisch, da mehrheitlich Kurd:innen von Abschiebung betroffen sind – in ein Land, dem die UN in ihrem jüngsten Bericht zunehmenden Einsatz von Folter attestieren und in dem es tausende politische Häftlinge, darunter Abgeordnete und Bürgermeister:innen, gibt – und die Türkei auch – wie in Syrien und im Irak – über Grenzen hinweg Krieg gegen Kurd:innen führt“, sagte Dagdelen weiter. Daher solle sich Scholz beim türkischen Präsidenten für eine politische Lösung der kurdischen Frage starkmachen.

Türkei modernisiert eigenes Militär auch mit deutscher Hilfe – Forderung nach Eurofigher-Kampfjets

Die Türkei modernisiert zudem ihr Militär – auch mit deutscher Hilfe. „Der geheim tagende Bundessicherheitsrat gab kürzlich grünes Licht für die Lieferungen von deutschen Waffen im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro an den Nato-Partner Türkei“, meldete Der Spiegel am 6. Oktober. Hier ist eine klare Kursänderung zu sehen. „Im ganzen Jahr 2023 wurden nur 17 Mini-Projekte im Umfang von 1,22 Millionen Euro abgenickt“, heißt es in dem Bericht weiter

Die türkische Luftwaffe gilt als veraltet. Auf der Wunschliste der Türkei stehen daher 40 Eurofighter Typhoon. Die türkische Regierung hatte das bereits im Vorfeld des Deutschlandbesuchs von Präsident Erdogan im November 2023 verlautbaren lassen, dass Spanien und Großbritannien grünes Licht für die Lieferung gegeben hatten. Dennoch hatte Scholz damals dem Deal eine Absage erteilt. Jetzt scheinen sich aber beide Regierung in vielen Punkten genähert zu haben, sodass die Türkei doch noch an die gewünschten europäischen Kampfjets kommen könnte.

Türkei auf der Suche nach Kampfjets – Forderungen an Nato-Partner

Im Gegensatz zur Türkei hat der Nachbar Griechenland sowohl amerikanische Kampfjets des Typs F-35 sowie moderne Rafale-Kampfflugzeuge aus Frankreich. Die Türkei konnte erst nach Jahren der Verhandlungen mit den USA die Zustimmung für moderne F-16 Kampfflugzeuge erhalten. Die müssen allerdings erst noch gebaut werden. Darüber hinaus schafft es die Türkei nicht, eigene moderne Kampfjets zu bauen. Der Kampfjet „Kaan“ ist noch in der Testphase. Ob das Flugzeug irgendwann in Serie gehen wird, kann derzeit nicht gesagt werden. (erpe)

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