Merz-Regierung will bisherige Supermarkt-Pflicht abschaffen – was auf Verbraucher zukommt

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Auf Supermarkt-Kunden kommt wohl eine Veränderung zu. Händler jubeln, doch Steuerbeamte warnen vor den Plänen der Regierung von Bundeskanzler Merz.

Berlin – Nach knapp fünf Jahren steht die sogenannte Bonpflicht in Deutschland vor dem Aus. Die neue schwarz-rote Bundesregierung unter Friedrich Merz plant, diese Regelung im Rahmen ihres „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“ wieder abzuschaffen – sehr zum Gefallen vieler Einzelhändler, aber zum Ärger der Steuergewerkschaften. Was bedeutet das für Verbraucher, Fiskus und Umweltschutz?

Merz-Regierung will Bonpflicht in Supermärkten, beim Bäcker oder Kiosk wieder abschaffen

Seit Anfang 2020 sind Händler mit elektronischen Kassensystemen gesetzlich verpflichtet, bei jedem Kauf automatisch einen Kassenbon auszustellen – unabhängig davon, ob Kunden diesen überhaupt wünschen.

Ziel der Maßnahme war es, Steuerbetrug im Einzelhandel einzudämmen. Besonders kleinere Beträge an der Bäckertheke, am Kiosk oder bei Imbissständen sollten lückenlos dokumentiert werden, um sogenannte „Schwarzumsätze“ zu verhindern.

Szene an der Supermarktkasse
Die Bonpflicht an der Supermarkt-Kasse könnte bald der Vergangenheit angehören. © Julian Stratenschulte/dpa

Befürworter der Bonpflicht warnen vor Kontrollverlust – „Wäre ein fatales Signal“

Die Abschaffung der Pflicht trifft auf scharfe Kritik – insbesondere seitens der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG). Deren Bundesvorsitzender Florian Köbler erklärte: „Gerade jetzt in Zeiten knapper Kassen eine bewährte Kontrollmaßnahme aufzugeben, wäre ein fatales Signal.“ Er verweist darauf, dass die Bonpflicht den Aufwand für Steuerbetrug deutlich erhöht habe. Zwar sei Betrug weiterhin möglich, aber mit höherem Risiko verbunden. Als „Erfolg“ wertet Köbler die Maßnahme, betont aber auch, dass sie allein nicht ausreiche. Um stärker dagegen vorzugehen, seien mehr Kontrollen der Finanzämter notwendig, so Köbler weiter.

Auch das grün-geführte Finanzministerium Schleswig-Holsteins sieht in der Bonpflicht eine wichtige Maßnahme gegen Kassenmanipulation. Eine Sprecherin erklärte laut NDR, die Belegausgabepflicht könne „bürokratiearm und umweltfreundlich“ umgesetzt werden – etwa durch digitale Lösungen.

Erleichterung für tausende Händler – „Sowohl aus ökologischer Sicht, als auch aus finanzieller Sicht“

Ganz anders sieht es der Handelsverband Deutschland (HDE). Hauptgeschäftsführer Stefan Genth begrüßte die Pläne der Regierung mit den Worten: „Es ist nicht sinnvoll, einen Bon zu erstellen, wenn der Kunde keinen möchte.“ Seiner Ansicht nach sei die Kontrolldichte der Finanzbehörden ohnehin zu gering, um über die Bons eine wirksame Steuerüberwachung zu gewährleisten. Stattdessen hätten große Einzelhändler laut HDE durch die Pflicht „mehrere Millionen Euro“ an zusätzlichen Kosten zu tragen gehabt.

Rainer Kersten vom Bund der Steuerzahler in Schleswig-Holstein sieht in der Bonpflicht sogar ein Symbol für ineffiziente Bürokratie. Gegenüber dem NDR erklärte er: „Sowohl aus ökologischer Sicht, als auch aus finanzieller Sicht wird da einfach verschwendet.“ Seiner Einschätzung nach gibt es bis heute keinen Beweis dafür, dass die Pflicht zu Mehreinnahmen für den Staat geführt habe.

Kassenbon wird digital: Verbraucherschutz mit Einschränkungen

Ein weiteres häufig genanntes Argument gegen die Bonpflicht ist die Umweltbelastung. Marktleiter Dirk Otto vom Citti-Park Kiel berichtete gegenüber dem NDR, dass viele der Bons direkt im Müll landen – oftmals unberührt. Da es sich bei Kassenbons um Thermopapier handelt, dürfen sie zudem nicht im Altpapier entsorgt werden, sondern müssen in den Restmüll. Die Folge: „säckeweise Müll“, so Otto. Eine digitalere Lösung sei daher nicht nur praktikabler, sondern auch nachhaltiger.

Digitaler Kassenbon in der Rewe Bonus App auf einem Smartphone, davor ein Lebensmittel-Einkauf mit Pasta
Digitalisierung in allen Bereichen: So sieht der digitale Kassenbon aus, der schon von zahlreichen Supermarktketten alternativ angeboten wird. © IMAGO / Bihlmayerfotografie

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein begrüßt die geplante Abschaffung grundsätzlich, gibt aber auch zu bedenken: In bestimmten Fällen sei ein Kassenbon sehr wohl nützlich – etwa bei Reklamationen oder Gewährleistungsansprüchen. Der Nachweis eines Kaufs werde ohne Bon zwar nicht unmöglich, aber mit Bon sei es deutlich unkomplizierter, betonte ein Sprecher gegenüber dem NDR.

Zukunft der Kassen: Elektronisch und verpflichtend ab 2027

Eine mögliche Lösung liegt in der Digitalisierung. Einige Bäckereien in Schleswig-Holstein arbeiten laut NDR bereits mit QR-Codes auf Kassendisplays, über die Kunden ihren Bon bei Bedarf digital abrufen können. Auch der Citti-Park plant eine entsprechende Umstellung des Kassensystems – allerdings sei dies mit hohem technischen Aufwand verbunden, da alle Filialen einheitlich betrieben werden.

Unabhängig von der Bonpflicht plant die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag eine verpflichtende Einführung elektronischer Registrierkassen ab 2027 – für alle Geschäfte mit einem Jahresumsatz über 100.000 Euro. Diese sollen alle Umsätze zumindest digital erfassen. Für offene Ladenkassen, wie sie bislang bei kleineren Betrieben erlaubt sind, könnte das Aus bedeuten.
Florian Köbler von der DSTG sieht diesen Schritt als „längst überfällig“ und verweist auf Österreich, wo eine solche Regelung bereits seit 2016 besteht. Es sei eine Frage der Fairness gegenüber ehrlichen Betrieben und Steuerzahlern, so Köbler. (ls mit dpa)

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