Kempten: Smart City geht in die Verlängerung

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Wie könnte man mehr „Neugierige“ einbinden? Diese Frage stellt man sich sowohl im Zukunftslabor als auch im gesamten Projekt Smart City Kempten. © Lajos Fischer

Fast nur Superlative waren einst beim Start des Projekts „Smart City Kempten“ zu hören gewesen. Oberbürgermeister Thomas Kiechle sprach damals beispielsweise vom „größten Förderprojekt in der Geschichte der Stadt“, das viele positive Veränderungen mit sich bringe.

Kempten – Der OB versprach, die Menschen von Anfang an mitzunehmen. In der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses machten eher Begriffe wie „Einsparungen“, „Reduzierung“, „Projektstopp“ die Runde und es stellte sich heraus, dass zentrale Bestandteile des Projekts sogar manchen Stadträten völlig unbekannt sind.

Projekt „Smart City Kempten“: Eigenkostenanteil soll gesenkt werden

Nach dem ursprünglichen Beschluss des Stadtrates im Sommer 2020 umfasste das Gesamtbudget des von 2022 bis 2026 dauernden Projekts 17,5 Millionen Euro, wovon Kempten einen 35-prozentigen Eigenanteil von gut sechs Millionen Euro zu tragen gehabt hätte. Jetzt erklärte Projektleiter Andreas Ellinger, dass bis Ende Juni 2025 rund 3.900.000 Euro ausgegeben wurden, davon gut drei Millionen für Personal- und Sachkosten und 900.000 Euro für Investitionen. Der Eigenanteil der Stadt betrage bis jetzt knapp 1.370.000 Euro. Problematisch sei, dass laut Förderbedingungen die Investitionen die Personalkosten mindestens um 50 Prozent übersteigen müssen. Er schlug eine – mit den Geldgebern abgestimmte – Reduzierung auf zwölf Millionen Euro vor, um den Eigenanteil um rund 1.900.000 Euro auf insgesamt 4.200.000 Euro zu senken. Gleichzeitig soll die Laufzeit um ein Jahr verlängert werden, um angefangene oder geplante Projektanteile zu Ende zu bringen und das Ungleichgewicht zwischen Personal-/Sachkosten und Investitionen mit den Endbeträgen vier zu acht Millionen wieder herzustellen. Im späteren Verlauf der Diskussion hielt Ellinger sogar eine Reduzierung auf 10,5 Millionen Euro Gesamtsumme für möglich. Ein Projektstopp würde die Rückzahlung der Fördermittel nach sich ziehen. Der Projektleiter schlug vor, die Möglichkeit weiterhin zu nutzen, und die geplanten ausstehenden Investitionen für die Stadt mitzunehmen.

Nach der Entwicklung der Strategie begann 2023 die Umsetzungsphase. Zu den laufenden Projekten gehören „Digital.Makerspace.Mobil“ (ein außerschulisches Bildungsangebot mit dem SJR), der interaktive Erlebnisraum Zukunftslabor, das intelligente Abfallmanagement „Smart Waste“, Programme für die sensorunterstützte Messung von Passantenfrequenzen, Bodenfeuchtigkeit, Einsatzbedarf vom Winterdienst und Klimathemen. „Alle laufen sehr gut“, sagte Ellinger. Aktuell in Bearbeitung sind Vorhaben in den Bereichen Verkehrssensorik, digitale Stelen, Parkraum-Monitoring, Biodiversität, Fassadenbegrünung und die Erstellung einer urbanen Datenplattform. In Planung sind Projekte zur Straßenzustandserfassung und zur KI-Unterstützung der Verwaltung.

Projektende oder Verlängerung?

Helmut Berchtold (CSU) erinnerte an die „sehr intensive und emotionale“ Diskussion Ende April im Personalausschuss. Die Verlängerung um ein Jahr finde er gut, weil sich dadurch der Eigenanteil auf zwei Jahre verteile und den Haushalt entlaste. Aber ihn beschäftige weiterhin die Frage, was dann ab 2028 mit den Projektinhalten passiere. Wohin und wie wolle man sie überführen? Er wunderte sich, dass er im Rahmen dieser Sitzung erstmalig vom Jugendprojekt mit dem Stadtjugendring gehört habe.

„Schade, dass das Volumen reduziert wird, aber es hilft dem Haushalt“, sagte Katharina Schrader (SPD). „Aufhören und zurückzahlen bringe nichts.“ „Niemand zwingt uns in die Verlängerung“, sagte Andreas Kibler (FW). Ein Jahr früher aufzuhören sei durchaus vertretbar. Eine Verlängerung ändere nichts daran, dass Förderprojekte keine nachhaltigen Lösungen bieten würden. Der Teil „Digital.Makerspace.Mobil“ sei sowieso ein „Kuckuckskind“, er würde eher ins Referat 5 (Jugend, Schule und Soziales) passen. Natürlich setze das Sozialreferat den Projektanteil um, entgegnete Ellinger.

Mithilfe der Smart-City-Förderung könne man eine Infra­struktur aufbauen, die man nicht direkt sehe, aber eine höhere Wirtschaftlichkeit ermögliche, betonte Chrsitian Ziegler vom AÜW. Das Jugendprojekt mache nur einen kleinen Anteil aus, sei aber ein unglaublicher Gewinn, es vermittle Medienkompetenz und stärke die Demokratie, so SJR-Geschäftsführer Alexander Haag. Bereits 450 junge Menschen gehörten zu den Nutzern. Mit Smart City investiere man in die Zukunft, hob Franz Josef Natterer-Babych (ÖDP) hervor.

Große, umfangreiche Projekte verursachten immer Probleme, berichtete Prof. Robert Schmidt aus seinen Erfahrungen. Er lobte Ellinger, dass es ihm gelungen sei, über die Bedingungen erfolgreich nachzuverhandeln. Das sei alles andere als üblich. Auch wenn das Projekt auslaufe, bleibe das Knowhow erhalten, das andere weiter nutzen könnten, meinte Schmidt.

Josef Mayr (CSU) erinnerte an die vielen Versprechen am Anfang des Projekts, zum Beispiel, dass es in der Verwaltung zu Personaleinsparungen führen werde. Man solle darauf achten, dass von dem Samen, den man jetzt säe, möglichst viel zehn bis 20 Jahre lang halte, mahnte er. Es sei wichtig, die Inhalte in einfacher Form in die Öffentlichkeit zu tragen.

Der Ausschuss stimmte der Verlängerung des Projektes und der notwendigen Personalressourcen zu. Nur Andreas Kibler war dagegen.

kb

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