Wirtschaftsboom durch Aufrüstung? Deutschland gerät plötzlich unter Zugzwang
Bei den Sondierungen zwischen Union und SPD gibt die EU den Ton an. Die Verteidigungsausgaben sollen erhöht werden. Das hat Folgen für die Wirtschaft.
Brüssel/Berlin – Europa steht vor einem dringenden Handlungsbedarf. Während US-Präsident Donald Trump einen Waffen-Stopp für die Ukraine verkündet hat, zeigen die europäischen Staaten ihre Unterstützung. Gleichzeitig wird immer klarer, dass sich die EU bei der Sicherheit nicht mehr auf die USA verlassen kann. Sie muss aktiv werden. Am Donnerstag soll in Brüssel darüber beraten werden. Mögliche höhere Verteidigungsausgaben würden auch der deutschen Wirtschaft zugutekommen.
Deutschland unter Druck: Wirtschaftsboom durch Aufrüstung?
Vor dem EU-Krisengipfel zur Ukraine hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen „Plan zur Wiederaufrüstung Europas“ vorgeschlagen. Der Fünf-Punkte-Plan umfasst eine Lockerung der Schuldenregeln sowie verschiedene Anreize zur Steigerung der Verteidigungsausgaben, wie von der Leyen am Dienstag (4. März) in Brüssel sagte. Insgesamt könne Europa so „nahezu 800 Milliarden Euro“ mobilisieren, sagte sie.

Sie schlug „ein neues EU-Finanzinstrument“ vor, um die Mitgliedsländer bei der Aufrüstung zu unterstützen. Es soll Darlehen in Höhe von 150 Milliarden Euro umfassen, die durch den EU-Haushalt abgesichert sind. Damit könnten die Staaten unter anderem Luftabwehrsysteme, Artillerie, Raketen und Munition beschaffen, schrieb von der Leyen. „Mit dieser Ausrüstung können die Mitgliedstaaten ihre Unterstützung für die Ukraine massiv ausweiten“, fügte sie bei einem kurzen Auftritt in Brüssel hinzu.
EU-Krisengipfel: Verteidigungsausgaben erhöhen – Sondierungen in Deutschland
Zudem schlug die EU-Kommissionspräsidentin vor, die europäischen Schuldenregeln mittels einer nationalen Ausnahmeklausel zu lockern. Dies könne „fiskalischen Spielraum von nahezu 650 Milliarden Euro über einen Zeitraum von vier Jahren schaffen“, sagte von der Leyen. Dies gelte, wenn Mitgliedsländer ihre Verteidigungsausgaben im Schnitt um 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigerten.
Sollte sich die EU auf die Erhöhung der Verteidigungsausgaben einigen, muss auch Deutschland handeln. Die Sicherheitspolitik ist derzeit auch ein Thema bei den Sondierungsgesprächen zwischen der Union und der SPD. Diskutiert wird die Frage, wie die Ausgaben finanziert werden sollen. Neben der Reform der Schuldenbremse stehen auch milliardenschwere Sondervermögen im Raum.
Wirtschaftswachstum durch Aufrüstung: EU und Deutschland können profitieren
Die Steigerung der Verteidigungsausgaben könnte zudem das Wirtschaftswachstum in Europa deutlich ankurbeln. Das zeigt ein Report des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Wenn die EU-Staaten in einem Jahr ihre Militärausgaben vom NATO-Ziel von 2 Prozent auf 3,5 Prozent des BIP anheben würden, könnte das BIP um 0,9 bis 1,5 Prozent in dem entsprechenden Jahr steigen. Die Staaten müssten hierfür auch auf heimischen Hightech-Waffen umsteigen und damit einen großen Teil innerhalb der EU produzieren, damit die Gewinne innerhalb der EU bleiben.
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Wirtschaftsboom durch Aufrüstung: IfW empfehlt mehr Schulden
Zudem rät das IfW Deutschland und Europa für die Finanzierung mehr Schulden aufzunehmen. „Die Sicherheit Europas sollte nicht wegen fiskalischer Regeln wie der Schuldenbremse aufs Spiel gesetzt werden“, heißt es in einer Mitteilung vom 27. März. Nur einen Tag später kam es im Weißen Haus zu dem Eklat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Weitere Mittel für Verteidigung könnten laut von der Leyen über den EU-Haushalt generiert werden. So könnten Mitgliedsländer die sogenannten Kohäsionsfonds für die Regionalförderung für die Verteidigung nutzen. Daneben setzt die Kommissionschefin auf weitere Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg, die bisher zivil wie militärisch nutzbare Güter finanziert, sowie auf Anreize für Privatinvestoren. Konkrete Beschlüsse sollen am Donnerstag folgen. (vk/afp)