Chemie-Unfall? - Verätzungen im Alltag: Erste Hilfe und wie Sie sich davor schützen
Ob im Haushalt, im Beruf oder bei einem Unfall – Verätzungen gehören zu den Verletzungen, die jeder von uns vermeiden möchte, aber dennoch jederzeit auftreten können. Sie betreffen nicht nur die Haut, sondern auch empfindliche Bereiche wie die Augen, den Mund oder die Speiseröhre. Aber was genau sind Verätzungen? Was tun, wenn es passiert? Und wie kann man sich davor schützen?
Was sind Verätzungen?
Verätzungen entstehen, wenn Chemikalien oder extreme Temperaturen mit der Haut oder den Schleimhäuten in Kontakt kommen und diese schädigen. Sie sind eine Art der chemischen oder thermischen Verletzung und können je nach Schweregrad die Hautoberfläche bis hin zu tieferen Gewebeschichten zerstören. Besonders gefährlich sind Verätzungen in Bereichen wie dem Mund, den Augen oder der Speiseröhre, da diese Körperregionen sehr empfindlich und schwer zu behandeln sind.
Ursachen für Verätzungen
Verätzungen können durch verschiedene Stoffe und Einflüsse verursacht werden. Dabei unterscheidet man im Wesentlichen zwischen chemischen und thermischen Verätzungen:
- Chemische Verätzungen: Diese entstehen durch den Kontakt mit aggressiven chemischen Substanzen, wie Säuren (z. B. Essig- oder Salpetersäure), Laugen (z. B. Natronlauge) oder Lösungsmitteln (z. B. Bleichmittel oder Reinigungsmittel).
- Thermische Verätzungen: Hierbei handelt es sich um Verätzungen, die durch extrem hohe Temperaturen verursacht werden, etwa durch heißen Dampf oder kochendes Wasser.
Ob Sie nun im Haushalt arbeiten, in einer Werkstatt tätig sind oder ein anderes berufliches Umfeld haben, in dem Sie mit solchen Stoffen oder Temperaturen umgehen müssen – es ist wichtig, sich der Gefahr bewusst zu sein und sich im Falle einer Verätzung schnell zu orientieren.
Symptome einer Verätzung – Wie erkenne ich eine Verätzung?
Die Symptome variieren je nach Schweregrad und der Art der ätzenden Substanz. Generell lassen sich folgende Symptome beobachten:
- Starke Schmerzen: Unmittelbar nach Kontakt mit der Chemikalie.
- Rötung und Schwellung: An der betroffenen Stelle.
- Blasenbildung: Bei tieferen Verätzungen.
- Gewebsnekrose: Bei schweren Verätzungen, bei denen das Gewebe abstirbt.
Verätzungen im Mund, der Speiseröhre und dem Magen-Darm-Trakt
Wenn ätzende Substanzen verschluckt werden, können sie schwere Verletzungen entlang des Verdauungstrakts verursachen. Dies führt zu:
- Starker Mund- und Halsschmerzen
- Schluckbeschwerden
- Erbrechen und Übelkeit
- Bauchschmerzen
Verätzungen der Augen
Eine der gefährlichsten Formen von Verätzungen tritt auf, wenn Chemikalien ins Auge gelangen. Symptome umfassen:
- Starke Augenschmerzen
- Rötung und Schwellung der Bindehaut
- Sehbeeinträchtigungen bis hin zum völligen Verlust des Sehvermögens
- Lidkrampf (Blepharospasmus)
Erste Hilfe bei Verätzungen – Was tun im Notfall?
Im Ernstfall zählt jede Sekunde. Hier sind die wichtigsten Sofortmaßnahmen, die bei einer Verätzung getroffen werden sollten:
Allgemeine Sofortmaßnahmen
- Sofortiges Entfernen der kontaminierten Kleidung: Um weiteren Kontakt mit der Chemikalie zu vermeiden.
- Spülen der betroffenen Stellen: Die betroffene Haut oder Augenpartie sollte unverzüglich und großzügig mit Wasser gespült werden. Idealerweise mindestens 10 bis 30 Minuten lang.
- Keimfreien Verband anlegen: Nach der Spülung die Wunde mit einem keimfreien Verband abdecken, um weitere Verunreinigungen zu vermeiden.
- Notdienst anrufen (112): Bei schweren Verätzungen sollte sofort der Notruf gewählt und professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.
Spezifische Maßnahmen bei Augenverätzungen
- Augenspülung: Das betroffene Auge über mindestens 10 Minuten kontinuierlich mit Wasser spülen. Dabei sollte das gesunde Auge abgedeckt werden.
- Augenarzt aufsuchen: Unbedingt einen Facharzt konsultieren, um bleibende Schäden zu vermeiden.
Spezifische Maßnahmen bei Verätzungen des Mundes und Verdauungstrakts
- Wasser trinken: Kleine Schlückchen Wasser helfen, die Chemikalie zu verdünnen. Erbrechen sollte jedoch vermieden werden, um eine erneute Verätzung zu verhindern.
- Medizinische Hilfe suchen: Sofort einen Arzt aufsuchen, da innere Verätzungen zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen können.
Spezifische Maßnahmen bei Verätzungen der Speiseröhre und des Magen-Darm-Trakts
- Verätzungen in diesem Bereich sind besonders gefährlich. Wenn jemand beispielsweise eine ätzende Flüssigkeit verschluckt hat, ist sofortige medizinische Hilfe erforderlich.
- Wichtig: Lassen Sie die betroffene Person nicht erbrechen, da dies die Schleimhäute weiter schädigen könnte. Geben Sie kein Wasser oder andere Flüssigkeiten, es sei denn, es wurde ausdrücklich von einem Arzt oder der Giftnotrufzentrale empfohlen.
Therapie von Verätzungen – Was passiert nach der Ersten Hilfe?
Die Behandlung von Verätzungen hängt von der Schwere der Verletzung ab. Leichtere Hautverätzungen heilen oft nach gründlicher Reinigung und eventuell einer Behandlung mit speziellen Salben oder Cremes. Schwerwiegendere Verätzungen können jedoch eine medizinische Behandlung oder sogar eine Operation erfordern, um das beschädigte Gewebe zu reparieren.
- Wundbehandlung: Bei Verätzungen der Haut ist es oft notwendig, die betroffenen Stellen mit speziellen Wundsalben oder -verbänden zu behandeln, um die Heilung zu fördern.
- Augenbehandlung: Bei schweren Verätzungen der Augen kann eine weiterführende Behandlung mit speziellen Medikamenten oder sogar eine Augenoperation notwendig sein, um die Sehkraft zu erhalten.
- Therapie bei inneren Verätzungen: Verätzungen im Mund, der Speiseröhre oder im Verdauungstrakt erfordern oft eine längere Behandlung in einer Klinik und eine genaue Überwachung.
Vorbeugung von Verätzungen – So schützen Sie sich
Verätzungen sind oft durch den richtigen Umgang mit gefährlichen Stoffen vermeidbar. Hier sind 7 wichtige Tipps zur Vorbeugung:
- Schutzkleidung tragen: Beim Umgang mit Chemikalien, Reinigungsmitteln oder heißen Substanzen sollten immer geeignete Schutzkleidung wie Handschuhe, Schutzbrille und lange Kleidung getragen werden.
- Sicherheitsvorkehrungen beachten: Lagern Sie gefährliche Stoffe immer sicher und außerhalb der Reichweite von Kindern. Achten Sie darauf, die Gebrauchsanweisungen sorgfältig zu lesen und zu befolgen.
- Vermeiden Sie den Kontakt mit heißen Oberflächen: Seien Sie vorsichtig bei heißen Kochutensilien und Flüssigkeiten, um Verätzungen durch thermische Einflüsse zu vermeiden.
- Anweisungen und Warnhinweise beachten: Auf den Verpackungen von Chemikalien sind wichtige Informationen zu Handhabung und Erste Hilfe zu finden.
- Schulungen und Aufklärung: Regelmäßige Schulungen und Aufklärungsmaßnahmen in Firmen und Haushalten können das Bewusstsein für die Gefahren von Chemikalien erhöhen und Verletzungen vorbeugen.
- Sichere Entsorgung: Chemische Substanzen sollten ordnungsgemäß entsorgt werden, um unbeabsichtigte Expositionen zu vermeiden. Viele Gemeinden bieten spezielle Sammelstellen für chemischen Abfall an.
- Notfallausrüstung: In Haushalten und Arbeitsplätzen, wo mit Chemikalien gearbeitet wird, sollten jederzeit Erste-Hilfe-Ausrüstungen wie Augenspülungen, Notfall-Duschen und Verbandsmaterialien griffbereit sein.
Fazit: Vorsicht ist besser als Nachsicht
Verätzungen können schwere Verletzungen verursachen, aber mit der richtigen Vorsicht und einem schnellen Handeln im Notfall lassen sich die Folgen minimieren. Indem Sie sich der Gefahren bewusst sind, geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen und wissen, wie Sie im Falle einer Verätzung richtig reagieren, können Sie sich und Ihre Familie vor den gefährlichen Folgen dieser Verletzungen schützen.
Über Patrick Sklomeit MD
Patrick Sklomeit MD ist Spezialist für ästhetisch dermatologische Chirurgie und klassische Dermatologie bei „Aesthmedic ästhetische Medizin am KaDeWe“ sowie in der „Praxis für Dermatologie und Chirurgie“ in Berlin. Seine Approbation erhielt er in Hamburg. Neben seiner operativen Tätigkeit sammelt er seit 2010 umfangreiche Erfahrung in der Notfallmedizin im Rettungsdienst. Zudem hat Patrick Sklomeit MD an mehreren Auslandsreisen als Entwicklungshelfer im Irak, in Ghana und in Marokko teilgenommen. In der Praxis kombiniert er sein umfangreiches Wissen und seine Fähigkeiten in einem hochspezialisierten und anspruchsvollen Bereich der Medizin.
Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.