Verkabelt zur Führerscheinprüfung: Raffinierte Betrugsmasche greift um sich

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Ohne Fleiß zum Führerschein: Ein Vorhaben, das nur durch Schummelei funktioniert. Mittlerweile greifen die Täter zu immer raffinierteren Techniken. © Hauke-Christian Dittrich

Sie ist aufregend, lernaufwändig und alles andere als leicht: Mit der theoretischen Führerscheinprüfung anfreunden können sich nur die wenigsten Fahrschüler. Um sie ohne Arbeit und Fleiß zu bestehen, wird mittlerweile zu immer raffinierteren Betrugsmaschen gegriffen.

Landkreis – Es gibt Dinge, an die denkt man nicht besonders gerne zurück: Komplizierte Textaufgaben in Mathe zum Beispiel – oder den letzten Besuch beim Zahnarzt. Mit einem ähnlichen Graus erinnern sich viele an ihre theoretische Führerscheinprüfung. Mittlerweile sind es 30 Multiple-Choice-Fragen, die von jedem Prüfling richtig beantwortet werden wollen. Höchstens zehn Fehlerpunkte sind gestattet, ab dem elften gilt die Prüfung als nicht bestanden.

„Nicht bestanden“: Ein Szenario, das so manchen Fahranfänger nachts nicht schlafen lässt. Schließlich bekommt man die Fahrerlaubnis nicht geschenkt. Selbst für die Prüfungen an sich wird man als Fahrschüler zur Kasse gebeten. Und fällt man durch, darf man den Geldbeutel für die Folgeprüfung gleich noch einmal aufmachen.

Diesem Stress zu entgehen, das haben sich vermutlich auch früher schon viele Fahrschüler gewünscht. In der Zeit vor Internet und Smartphone sei es noch hauptsächlich die „Stellvertreter-Methode“ gewesen, mit der die Prüflinge versucht hätten, ohne Lernaufwand dem großen Ziel „Führerschein“ ein kleines Stück näherzukommen, erzählt Katrin Wiedl von der Grenzpolizei Murnau. Selbst heute würden noch einige versuchen, anstatt selbst vorstellig zu werden, eine andere Person in die Prüfung zu schicken, erzählt sie.

Weit verbreitet sei mittlerweile aber auch eine andere Betrugsmasche – und die werde teilweise „recht professionell“ aufgezogen: Ausgestattet mit kleinen Knopf-Kameras und Kopfhörern kommen die betrugswilligen Fahrschüler zur Prüfung und werden von anonymen Hintermännern angeleitet. Diese können aufgrund der Verkabelung ihrer „Kunden“ den Fragebogen in Echtzeit mitverfolgen. Die Prüflinge „zahlen dafür oft zwischen 1000 und 2000 Euro“, berichtet Wiedl. Man gehe davon aus, dass es sich bei den Strippenziehern häufig um größere Banden handelt, ergänzt sie.

44 Fälle bei der Grenzpolizei Murnau

Doch wie schaffen es die Prüfer, den Schwindel aufzudecken? Ist die Verkabelung nicht direkt ersichtlich, so gebe es noch weitere Möglichkeiten, und die setzen wie der Täuschungsversuch selbst mitunter auf technische Hilfsmittel: Vor der Prüfung müssen die Handys der Fahrschüler nämlich in den Flugmodus versetzt werden. Heimlichen Telefonanrufen sowie einem Internetzugang soll auf diese Weise ein Riegel vorgeschoben werden. Befindet sich ein Gerät nicht im Flugmodus, werden prompt die Prüfer benachrichtigt.

Da es sich bei den Betrugsversuchen keineswegs mehr um seltene Einzelfälle handelt, hat die Grenzpolizei „Empfehlungen für Drittstellen geschrieben“ und stehe seit einiger Zeit in regem Austausch mit anderen Polizeidienststellen sowie dem TÜV, erzählt Wiedl.

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Dass Fahrschüler versuchen, bei der Theorieprüfung zu schummeln, sei laut Katrin Wiedl schon lange bekannt. 44 vergleichbaren Vorfällen hat man sich in Murnau seither angenommen. Um den ersten Fall, bei dem technische Hilfsmittel hinzugezogen wurden, kümmerte sich die Grenzpolizei im April 2022, erzählt sie. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Betrugsmasche erst seit zwei Jahren kursiert. Der TÜV, bei dem die Tests absolviert werden, habe das kriminelle Vorgehen offenbar schon länger auf dem Schirm. In der Vergangenheit sei es sogar bereits vorgekommen, dass Prüfer, nachdem sie einem Täuschungsversuch auf die Schliche gekommen waren, angegangen oder bedroht wurden. „Manche haben schon Angst vor körperlicher Gewalt“, sagt Wiedl.

Von einer Zunahme bei den elektronischen Hilfsmitteln berichtet auch Vincenzo Luca von TÜV-Süd. Luca erklärt, man würde die Täuschungsversuche umgehend der zuständigen Führerscheinstelle melden. Die hätte dann die Möglichkeit, den Prüfling für bis zu neun Monate von einer Folgeprüfung auszuschließen.

Auch wenn es im Landkreis in der Vergangenheit zahlreiche Betrugsfälle gegeben hat: Sonderlich viel über die Masche berichten können einige der regionalen Fahrschulen nicht: „Darüber können wir keine Auskunft geben. Betrugsversuche sind bei uns noch nicht vorgekommen“, teilt Melanie Göbel von der Fahrschule David in Weilheim mit. Offenbar hat auch Timo Würth von der FTW Fahrschule in Schongau bislang nur fleißig lernende Fahrschüler ausgebildet: „Das hatte ich zum Glück noch nicht“, sagt er. „Ich hör‘ es aber auch manchmal.“

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