Tierschützer beklagen Katzenbaby-Flut, geben Kastrationsgutscheine aus und fordern Kennzeichnung

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Freising
  4. Freising

Kommentare

Streunende Katzen, die sich sprunghaft vermehren, werden zunehmend zum Problem im Landkreis Freising. Tierschützer versuchen nun mit ungewöhnlichen Maßnahmen gegenzusteuern. (Symbolbild) © picture alliance / dpa

Tierschutzvereine schlagen Alarm: Die Katzenpopulation im Kreis Freising wachse zunehmend. In Au versucht man dem mit Kastrationsgutscheinen Einhalt zu gebieten.

Freising – Streunerkatzen kennen viele nur aus dem Ausland. Doch auch in Deutschland leben laut dem Deutschen Tierschutzbund inzwischen zwei Millionen von ihnen. Sie sind die Nachfahren von nicht kastrierten Hauskatzen, die Freigang hatten, oder von ausgesetzten Tieren. Im Landkreis Freising nehmen sie ebenfalls überhand, sagt Silvia Dietrich vom Tierschutzverein Hallertau. Der hat sich deshalb für eine ungewöhnliche Maßnahme entschieden.

„Seit Jahrzehnten predigen wir, dass die Leute ihre Freigänger kastrieren lassen sollen, damit sie Streuner nicht decken und sich die Tiere nicht wild weitervermehren“, sagt Dietrich. Das gehe rasant: Eine Katze kann zweimal pro Jahr Nachwuchs bekommen. Durch das potenzielle Wachstum könnten aus einem Katzenpaar im Laufe von fünf Jahren theoretisch über 12.000 Nachkommen entstehen.

Streuner leben meist unsichtbar für Bevölkerung

Praktisch überleben freilich nicht alle, sagt Dietrich. Dennoch seien Jahr für Jahr zunehmend mehr Streuner unterwegs. Für die Bevölkerung seien die meisten von ihnen unsichtbar. Viele von ihnen leben auf Bauernhöfen, verlassenen Gehöften und Firmengeländen oder Industriegebieten. „Bei uns natürlich auch viel in den Hopfengärten.“ Ihre Lebensbedingungen seien elend. „Fast alle diese Tiere sind mangelernährt und krank. Sie leiden an Katzenschnupfen, Würmern oder Parasiten.“ Außerdem seien viele durch Inzucht ohnehin geschwächt. Der Tierschutzverein Hallertau und auch andere Tierheime würden „überschüttet mit kranken Katzenbabys“.

Katzenbaby mit Katzenschnupfen
Klingt harmlos, ist qualvoll: Viele Streuner leiden an Katzenschnupfen. © Dietrich

Um dem Problem Herr zu werden, hat man sich nun dazu entschieden, es auf andere Art und Weise zu bekämpfen: Seit Mitte Januar gibt der Tierschutzverein erstmalig Kastrationsgutscheine aus und bezuschusst die Kosten für die Kastration bei ausgewählten Tierärzten so mit 50 Prozent. Für Studierende, Rentner und andere anerkannte Leistungsempfänger oder in Notfällen können bis zu 100 Prozent der Kosten übernommen werden. Zudem werden die Tiere gechippt und registriert. Alles in allem koste das normalerweise bis zu 300 Euro.

Finanzieren könne der Tierschutzverein das Projekt aus Rücklagen: „Wir haben jahrelang gezielt für Kastrationen Spenden gesammelt und Werbeaktionen durchgeführt. Das Geld, das wir dafür auf der hohen Kante haben, investieren wir jetzt“, erklärt Dietrich. Das Angebot werde bislang gut angenommen, bis Mitte Februar habe man so 25 Tiere kastrieren können. „Ich hoffe, dass es bis Mitte März noch 30, 40 mehr werden.“ Im Idealfall könne man die Aktion im Herbst, wenn sich die Katzen das zweite Mal im Jahr vermehren, noch einmal durchführen.

Forderung nach Kennzeichnungspflicht für Freigänger-Katzen

Auch Joseph Popp, Vorsitzender des Tierschutzvereins Freising, kann von dem Problem ein Lied singen. „Wir haben seit 2008 rund 2200 Katzen kastriert: lauter Tiere, die keinen Halter haben.“ Eine Aktion wie in der Hallertau könne sich der Freisinger Verein jedoch nicht leisten. Schließlich würden Tierheime nicht staatlich unterstützt, sondern seien rein spendenfinanziert. „Da wären wir ruckzuck pleite.“

Um die Streunerpopulation einzudämmen, fordert Popp im Landkreis eine Kastrationspflicht für alle freilebenden und freilaufenden Katzen sowie ein Impfgebot und eine Kennzeichnungspflicht für Freigänger-Katzen. Dafür kämpft er bislang allerdings ohne Erfolg: „Im Oktober hat das Veterinäramt den Vorschlag abgelehnt.“

Auf Nachfrage erklärt Landratsamt-Pressesprecher Robert Stangl, dass der Erlass einer Katzenschutzverordnung gemäß dem Tierschutzgesetz einen „nicht unerheblichen Eingriff in die (Grund-)Rechte der Halter von Katzen“ darstelle. Die dem Landratsamt vorliegenden Daten im Landkreis seien aktuell nicht ausreichend, um eine solche Verordnung zu rechtfertigen. Stattdessen sei die Aufklärung der Katzenhalter ein „vorrangig zu nutzendes lnstrument zur Bekämpfung einer möglichen Problematik in der Katzenpopulation“.

Gut zu wissen

Für die Gutscheinaktion (noch bis 15. März 2025) ist der Tierschutzverein Hallertau unter info@tierschutzverein-hallertau.de oder Silvia Dietrich unter Tel. (0171) 8912291 erreichbar.

Auch interessant

Kommentare