„Man lügt nicht“: Lindner wird von der Grünen-Chefin mangelnde Erziehung vorgeworfen

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Ablehnung des Rücktritts: Christian Lindner gibt sich unwissend über das D-Day-Papier – doch das glaubt die Grünen-Chefin Franziska Brantner dem FDP-Chef nicht.

Berlin – Die FDP erschüttert weiter die politische Landschaft in Deutschland: Der Umgang der Parteispitze mit dem Ampel-Bruch heizt die ohnehin angespannte Lage zwischen den ehemaligen Koalitionspartnern Grüne und FDP weiter an. Im Zentrum der Kontroverse steht das sogenannte D-Day-Papier der FDP, das den geplanten Ausstieg aus der Bundesregierung mit militärischer Rhetorik beschreibt. FDP-Chef Christian Lindner beteuerte, von diesem Papier nichts gewusst zu haben. Doch die Grünen-Chefin Franziska Brantner äußert erhebliche Zweifel an dieser Darstellung. Der Skandal taugt dazu, das Verhältnis beider Parteien dauerhaft zu schädigen.

D-Day-Papier der FDP: Grünen-Chefin Brantner nennt Lindner einen Lügner

So rechnete Grünen-Chefin Franziska Brantner jetzt mit Christian Lindner ab und äußerte Zweifel an seiner Darstellung, das D-Day-Papier nicht gekannt zu haben. „Also wer die FDP kennt, weiß, dass ohne Christian Lindner eigentlich nichts möglich ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Herr Lindner gar nichts davon wusste“, sagte sie der Bild-Zeitung. Zuvor hatte es bereits viele Rücktrittsforderungen an Lindner gegeben.

Glaubt Christian Lindner (FDP) in der D-Day-Papier-Affäre kein Wort: Grünen-Chefin Franziska Brantner.
Glaubt Christian Lindner (FDP) in der D-Day-Papier-Affäre kein Wort: Grünen-Chefin Franziska Brantner. © Kay Nietfeld/dpa

Auch Brantner kritisierte sie das Verhalten der FDP scharf und stellte die Verlässlichkeit der Liberalen als demokratischen Partner infrage: „Offensichtlich wurde in der Öffentlichkeit und auch innerhalb der Koalition etwas ganz anderes gesagt, als man intern vorbereitet hat. Das ist schon etwas, was ich so noch nicht erlebt habe, was mit meiner Kinderstube eigentlich nicht vereinbar ist. Ich habe gelernt: Man ist anständig, man respektiert sich, man lügt nicht. Das ist eine Frage der Verlässlichkeit unter demokratischen Partnern.“

Keine Kenntnis vom D-Day-Papier: Christian Lindner lehnt Rücktritt ab

Zuvor hatte sich FDP-Chef Christian Lindner bereits mehrfach gegen die Vorwürfe verteidigt und betont, dass das Papier in politischen Gremien nicht besprochen worden sei und er keine Kenntnis davon gehabt habe. „Ich trage die Gesamtverantwortung für die FDP und zu der bekenne ich mich auch“, sagte Lindner im Interview mit den ARD-Tagesthemen. Er räumte jedoch ein, dass es notwendig gewesen sei, das mögliche Ausscheiden der FDP aus der Ampel zu durchdenken, angesichts des Streits in der Koalition und des Stillstands im Land.

Einen Rücktritt schloss Lindner aber weiterhin kategorisch aus. „Natürlich musste und muss ich mich prüfen“, sagte Lindner. Er sei aber weiterhin von seiner Entscheidung überzeugt, dass der Ausstieg aus der Ampel-Koalition mangels Politikwechsel richtig gewesen sei. Daher mache er seiner Partei „das Angebot, sie in die Bundestagswahl zu führen“, stellte er im ZDF-„heute journal“ klar.

Rücktritt von Bijan Djir-Sarai: Brantner sieht in ihm das „Bauernopfer“

Personelle Konsequenzen hat die FDP aber bereits gezogen. Im Zuge der Krise traten sowohl der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai als auch der Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann zurück. Diese Rücktritte wurden von vielen als Konsequenz der internen Turbulenzen und als Versuch gesehen, die Partei zu stabilisieren. Für Brantner ist das aber ein reines Ablenkungsmanöver. Djir-Sarai sei ein „Bauernopfer“, sagte sie der Bild-Zeitung.

Doch die FDP weist die Kritik zurück. Ex-Justizminister Marco Buschmann, der jetzt als möglicher Nachfolger von Djir-Sarai gehandelt wird, verteidigte das Vorgehen und betonte die Notwendigkeit einer starken FDP: „Gerade jetzt ist eine liberale Partei nötiger denn je“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur dpa. Und Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte sich ebenfalls unterstützend: „Es braucht eine starke FDP, die sich keine Clownerie leistet, sondern sich ihrer Verantwortung bewusst ist.“ Sie stellte klar, dass sie keinen Grund für einen Rücktritt Lindners sehe.

D-Day-Papier der FDP: Pyramide im PDF sorgt für Empörung und Spott

Die öffentliche Reaktion auf das D-Day-Papier war heftig. Besonders das Diagramm der „D-Day-Pyramide“, das den Ablauf für den Ampel-Bruch in mehreren Stufen skizzierte, sorgte für Empörung und Spott in den sozialen Medien. Die Verwendung militärischer Begriffe wie „D-Day“ und „offene Feldschlacht“ wurde als unangemessen und geschmacklos kritisiert. Nachdem das Papier durchgesickert war, suchte die Partei die Flucht nach vorne – und veröffentlichte das Papier als pdf.

Bundestagswahl 2025: FDP kämpft vor Neuwahl in den Umfragen – und vergrault Koalitionspartner

Die Krise hat erhebliche Auswirkungen auf die FDP und ihre Chancen bei der bevorstehenden Bundestagswahl 2025. Umfragen deuten darauf hin, dass die Partei möglicherweise erneut an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte, wie bereits 2013. Lindner, der die Partei 2017 zurück in den Bundestag führte, steht vor der Herausforderung, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen.

Trotz der aktuellen Spannungen schließt Franziska Brantner eine künftige Zusammenarbeit mit der FDP nicht aus. „Ich schließe gar keine Verhandlungen unter Demokraten aus“, sagte sie. Allerdings sei eine gewisse Ernüchterung eingetreten, die die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl beeinflussen könnte. (jkf)

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