Nach COP-Brand spricht Polizei von "Unregelmäßigkeiten" bei Sicherheitsfirmen

„Mit Schmerzen im Herzen“: EU-Kommissar Hoekstra lehnt aktuellen COP30-Entwurf ab

18.57 Uhr: In einer scharfen Rede hat EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra bei den „Mutirão“-Konsultationen im brasilianischen Belém gedroht, einen schwachen Abschlusstext der COP30 kategorisch abzulehnen. Den Entwurf, der derzeit auf dem Tisch liegt, werde die EU „auf keinen Fall“ akzeptieren.

„Nichts davon steht drin“, kritisierte der Niederländer. „Keine Wissenschaft. Kein Global Stocktake. Kein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.“ Hoekstra machte deutlich, dass die EU hierbei auch keinerlei Kompromiss akzeptieren werde. 
"Nichts, was auch nur annähernd daran herankommt – und ich sage es mit Schmerz im Herzen – entspricht dem, was derzeit auf dem Tisch liegt. Ja, wir haben noch ein paar Stunden Zeit. Sie können darauf vertrauen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um ein Ergebnis zu erreichen. Nicht für die EU, sondern für uns alle", signalisierte er.

Der Klimakommissar nannte drei zentrale Punkte, die aus seiner Sicht unverhandelbar sind:

  1. Ambitionierte nationale Klimaziele (NDCs): Statt bloßer Rhetorik brauche es einen verbindlichen, jährlichen Überprüfungs- und Beschleunigungsprozess, damit das 1,5-Grad-Ziel „nicht nur in Reden, sondern in der Praxis“ erhalten bleibe.
  2. Klarer Ausstieg aus fossilen Brennstoffen: Der Ausstieg und der Übergang zu sauberer Energie müssten explizit im Text verankert werden –
  3. Ebenso wie alle wesentlichen Elemente des Global Stocktake.
     

Nur wenn diese Mitigation-Forderungen erfüllt werden, sei die EU bereit, bei der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen in besonders betroffenen Ländern „über ihren Wohlfühlbereich hinauszugehen“.

17.32 Uhr: Nach dem Brand bei der Weltklimakonferenz in Belém hat die brasilianische Polizei über Unregelmäßigkeiten bei den Sicherheitsmaßnahmen informiert. Die Bundespolizei teilte am Freitag mit, sie sei in den vergangenen Wochen bei Kontrollen auf illegal betriebene Sicherheitsfirmen gestoßen, die mit der Überwachung und Sicherheit von Bereichen des Konferenzgeländes beauftragt worden seien. 

Laut Polizei gab es private Sicherheitsfirmen, die ohne Genehmigung gearbeitet und "unrechtmäßig" Metalldetektoren und Funkgeräte verwendet hätten. Außerdem habe es Wachpersonal ohne die erforderliche Genehmigung gegeben. Die Bundespolizei machte in der Folge nach eigenen Angaben zwei illegale Firmen dicht und leitete vier Verfahren wegen Verstößen ein.

Am Donnerstagnachmittag war bei den Länderpavillons in der Nähe des Eingangsbereichs der Klimakonferenz ein Feuer mit meterhohen Flammen ausgebrochen. Mitten in der entscheidenden Phase der Klimaverhandlungen wurde das gesamte Gelände evakuiert, zehntausende Konferenzteilnehmer brachten sich in Sicherheit. Nach Angaben von Rettungskräften wurden 19 Menschen behandelt, weil sie Rauch eingeatmet hatten, und zwei weitere wegen Angstzuständen. 

Der „Gender Action Plan“ wird zur größten Klammer der Klimakonferenz

17.05 Uhr: Mitten zwischen den großen Streitfragen der Konferenz – Klimaschutz, Geld für Entwicklungsländer, politische Verantwortung – hat sich ein Nebenschauplatz in den Vordergrund gedrängt: die Klammern. Genauer gesagt: das buchstäbliche Einklammern des gesamten „Gender Action Plans“. Klammern markieren auf der COP die strittigen Passagen in Dokumenten.

Was eigentlich ein sachliches Arbeitsdokument sein sollte, hat sich in eine Art typografisches Schlachtfeld verwandelt. Denn eine Gruppe von Ländern – darunter Saudi-Arabien, Russland und der Vatikan – versucht seit Beginn der Verhandlungen, den Begriff „Gender“ komplett zu streichen oder wenigstens so stark einzuschränken, dass Transgender- und nicht-binäre Identitäten gar nicht mehr vorkommen. Ihre Methode: politische Fußnoten und Streichungen, die jede Erwähnung queerer Menschen verhindern sollen.

Kritiker warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall: Wenn Staaten anfangen, zentrale Begriffe nach eigener Ideologie zurechtzubiegen, könnte bald jedes Wort unter Beschuss geraten. „Es wird langsam lächerlich“, kommentierte ein Kritiker aus Teilnehmerkreisen. „Wir haben jetzt sechs Fußnoten – sollen es am Ende 90 werden?“

Der erste Entwurf des „Gender Action Plans“ bestand aus einem wahren Wald aus 496 Klammern. Die brasilianische Konferenzpräsidentschaft legte am Freitag zwar einen neuen Text vor, der nur noch drei offene Klammern enthält. Aber: Eine umschließt das gesamte Dokument – von der ersten bis zur letzten Zeile.

„Die tödlichste Talkshow aller Zeiten“: Hinter verschlossenen Türen geht es jetzt um alles

16.58 Uhr: Ein kurzes Update, wo wir gerade stehen: Vor verschlossenen Türen. Also, bildlich gesprochen. Seit 15 Uhr tagen die Minister und Delegationsführer der 194 Staaten in einem nicht-öffentlichen Meeting, um die größten Streitfragen zum Finale dieser COP auszuräumen.

Der erste, beinahe schon lässig unambitionierte Entwurf zu einem Abschlusstext seitens der brasilianischen COP-Präsidentschaft hat für einen Aufschrei gesorgt: 29 Länder (darunter Deutschland) verfassten einen eiligen Wut-Brief, auch Experten und Aktivisten waren fassungslos. Wenn es bei diesem Entwurf bleibe, werde die COP30 als „tödlichste Talkshow aller Zeiten“ in die Geschichte eingehen, sagte der indische Klimaaktivist Harjeet Singh.

Die Überraschung dürfte auch daher rühren, dass die Brasilianer fast den gesamten Verhandlungsprozess hinter verschlossenen Türen führten. Und selbst dort setzte die Präsidentschaft um COP-Chef André Correa do Lago mehr auf bilaterale Gespräche als auf große Auseinandersetzungen im Plenum. Von „Shuttle“-Diplomatie sprechen Beobachter: Wie ein Shuttle-Bus pendelten die Brasilianer zwei Wochen lang zwischen den verschiedenen Gruppierungen hin und her, statt die Dinge in der großen Runde zu behandeln. Das half da Lagos Team dabei, die Kontrolle über den Prozess zu behalten. Aber viele Delegationen (allen voran China) fühlten sich bevormundet und entmachtet. 

Jetzt sollen die Dinge aber im großen, wenn auch für die Öffentlichkeit unzugänglichen Plenum geklärt werden. Streitfragen gibt es noch einige zu klären: 

  • Was machen wir mit dem Ausstieg aus den fossilen Energien? Europa, Brasilien und die Entwicklungsländer wollen ihn, aber vor allem die Araber und die Schwellenstaaten treten auf die Bremse. Die rote Linie der Golfstaaten: Alles, was in die nationale energiepolitische Souveränität eingreift, ist ein Tabu. Auch Länder wie Indien sperren sich gegen Sprachregelungen, die zum Beispiel nationale Subventionen für Gas und Kohle verurteilen. Die seien nach wie vor ein wichtiger Baustein für Wohlstand und Entwicklung, so das Argument.
  • Wie gestalten wir die Energiewende fair? Aber auch die westlichen Industriestaaten stellen sich bisweilen quer. Zum Beispiel steht der Vorschlag einer „Belém Action Roadmap“ (BEM) im Raum, der einen sozialen Übergang zum Beispiel für Arbeiter in der Kohle- und Gasindustrie im globalen Süden sicherstellen soll. Länder wie das Vereinigte Königreich lehnen einen solchen Plan ab, heißt es: Zu teuer.
  • Ist das 1,5-Grad-Ziel noch am Leben? Ohne Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens ist diese gesamte COP wertlos, sagte UN-Generalsekretär António Guterres bei seiner Rede am Mittwoch. Einige Staaten geben sich da entspannter. Das Problem: Die Realität könnte das 1,5-Grad-Ziel schon obsolet gemacht haben.
  • Woher nehmen wir das Geld? Für die Anpassung an den Klimawandel werden alleine im globalen Süden Milliardensummen fällig werden, das Abschlussdokument ruft nach einer Verdreifachung der gegenwärtigen Mittel – und das ist noch konservativ gerechnet. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2030 knapp 120 Milliarden Dollar pro Jahr nötig sein, damit der Süden eine Chance hat. Das Argument der Entwicklungs- und Inselstaaten: Die Industrieländer müssen zahlen, schließlich haben sie die Emissionen verursacht. Das Argument der Industrieländer: Sorry, wir können nicht alles bezahlen. 

Offen sind auch noch Fragen wie Gender, nationale Klimapläne und Handelsbarrieren wie der geplante EU-Klimazoll CBAM (keine angenehme Debatte für EU-Kommissionschef Wopke Hoekstra). Ein zusätzliches Problem: Die tausenden Helfer und Bediensteten, die diese COP-Halle sauber und bestückt mit Essen halten, werden vermutlich bald verschwinden. Die Kreuzfahrtschiffe, auf denen sie untergebracht sind, sollen am Samstag um zwölf Uhr deutscher Zeit ablegen. Sollte sich eine Einigung also verzögern, könnte es bald unangenehm werden in Belém. 

EU warnt vor Ausgang der Weltklimakonferenz ohne Vereinbarung

15.55 Uhr: Die EU hat vor einem Ausgang der Weltklimakonferenz in Belém ohne eine Vereinbarung gewarnt. "Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist inakzeptabel", sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra am Freitag bei der COP30 vor Journalisten. "Und angesichts der Tatsache, dass wir so weit weg sind von dem, wo wir sein sollten, muss man leider sagen, dass wir wirklich vor einem Szenario ohne Vereinbarung stehen."

Zuvor hatte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) erklärt, der neue Beschlussentwurf, den die brasilianische COP-Präsidentschaft Freitagfrüh veröffentlichte, könne so "nicht bleiben". Er sagte "harte Verhandlungen" voraus, da mehr konkrete Fortschritte für den Klimaschutz notwendig seien.

Widerstand meldete auch Kolumbien an. Die COP30 dürfe "nicht zu Ende gehen ohne einen Fahrplan zur Abkehr von fossilen Energien", sagte Umweltministerin Irene Vélez Torres bei einer Pressekonferenz in Belém, bei der ihr Vertreter kleiner Pazifik-Inselstaaten sowie von der EU und Lateinamerika zur Seite standen.

Die spektakulärsten Bilder der COP30

13.00 Uhr: Politisches Drama, protestierende Indigene – und ein brennender Pavillon: Die diesjährige Weltklimakonferenz hat so einige spektakuläre Bilder produziert. Sehen Sie unten eindrucksvolle Bilder der COP30: 

Deutsche unterzeichnen Wut-Brief an Brasilien

Freitag, 21. November, 10.35 Uhr: Herzlich willkommen zum zwölften (und offiziell letzten) Tag der Weltklimakonferenz! Halten wir zunächst einmal fest: Gut, dass der Brand auf dem COP-Gelände am Donnerstagabend so glimpflich ausgegangen ist – das hätte auch anders laufen können.

Sämtliche Wortspiele verbitten sich hier, aber an diesem letzten Tag des Klimagipfels gehen die Verhandlungen in ihre endgültig heiße Phase. Am Vormittag deutscher Zeit veröffentlichte die brasilianische COP-Präsidentschaft neue Versionen der sogenannten Abschlusstexte, also der finalen Beschlüsse, auf die sich das Plenum aus 194 Staaten dann einstimmig einigen soll. 

Aber schnell wurde klar: In dieser Form wird es keinen Deal geben. Der sogenannte „Mutirao“-Text, der alle großen Streit-Themen abdecken soll, ignoriert in seiner aktuellen Version nämlich eine der prominentesten Forderungen dieser Klimakonferenz. Mehr als 80 Staaten (und auch Brasiliens Präsident Lula) verlangen einen Fahrplan zu einem verpflichtenden Ausstieg aus den fossilen Energien – der sogenannte TAFF-Plan, der seine Ursprung auf der Weltklimakonferenz 2023 in Dubai hatte. Aber: Im derzeitigen Text ist von der Forderung nichts zu finden.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. „Wir müssen ehrlich sein“, heißt es in einem hastig formulierten gemeinsamem Antwortschreiben von 29 Staaten, darunter auch Deutschland. „In seiner gegenwärtigen Form erfüllt der Vorschlag nicht die Minimalbedingungen für ein glaubwürdiges Ergebnis der COP.“ Daher könnten die 29 Staaten den Textentwurf nicht unterstützen.

„Wahre Führung erfordert die Formulierung eines Textes, der die globale Antwort auf die Klimakrise vorantreibt“, heißt es in dem Brief weiter. „Nicht einen Text, der die Erwartungen senkt, um den größten Zauderern entgegenzukommen.“ Es dürfte noch ein langer Tag hier in Belém werden.

mit Agenturmaterial
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