Unternehmensinsolvenzen in Deutschland auf Zehn-Jahres-Hoch: Banken geraten unter Druck
Galeria, Varta und BayWa – immer mehr Unternehmen kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen hat ein Zehn-Jahres-Hoch erreicht. Das setzt die deutschen Banken unter Druck.
Frankfurt - Eine Insolvenznachricht folgt in diesem Jahr der nächsten. Zunächst musste die Kaufhauskette Galeria Kaufhof Karstadt Insolvenz anmelden, dann stand der Batteriekonzern Varta kurz vor dem finanziellen Zusammenbruch und benötigte Rettung. Jetzt droht auch dem Agrarhändler BayWa die Insolvenz, was dazu führt, dass Landwirte um die Auszahlung ihrer Ernte fürchten. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist laut einer Studie so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das belastet auch die deutschen Banken: Die Anzahl der ausgegebenen Kredite steigt, das Risiko ist erhöht, und die Banken schaffen mehr Rücklagen. Eine baldige Besserung scheint derzeit nicht in Sicht.

Deutsche Banken legen mehr Geld als üblich zurück: steigendes Risiko durch stagnierende Wirtschaft
„Die deutschen Banken bekommen die Auswirkungen der stagnierenden Wirtschaft zunehmend zu spüren“, berichtete das Finanzportal Bloomberg am Freitag. Nachdem die deutsche Konjunktur sich in den vergangenen Jahren kaum erholt hat, werden besorgte Stimmen, um eine baldige Rezession in Deutschland immer lauter. Die anhaltende Stagnation wird hauptsächlich durch die erhöhten Energiepreise infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine im Jahr 2022 sowie durch steigende Kreditkosten verursacht.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres haben Banken daher deutlich mehr Kredite vergeben als im Vorjahr. Die zunehmende Anzahl an in Schwierigkeit geratene Unternehmen oder Verbraucher führt zu mehr Bedarf nach Krediten und erhöht gleichzeitig das Risiko für die Banken. Laut Bloomberg ist die Risikovorsorge, also die Rücklage der größten deutschen Banken für das Kreditgeschäft, im ersten Halbjahr um fast 50 Prozent gestiegen.
So erhöhte die DZ Bank ihre Risikovorsorge, um das Vierfache in diesem Jahr. „Trotz steigender Reallöhne springt der Konsum bisher nicht an, und auch die Industrie kommt nicht aus ihrer Schwächephase heraus“, schreibt die DZ-Bank in einem Pressebericht zu den Geschäftszahlen des ersten Halbjahres. „Dennoch erwarten unsere Volkswirte eine leichte Erholung in der zweiten Jahreshälfte – für eine echte Trendwende wird dies aber nicht ausreichen“, wird in dem Bericht ergänzt.
So viel Insolvenzen wie seit 10 Jahren nicht mehr - kein Ende in Sicht
Eine Studie der deutschen Wirtschaftsauskunftei Creditreform bestätigt den aktuellen Trend der steigenden Unternehmensinsolvenzen. So ist die Anzahl der Insolvenzen im vergangenen Halbjahr um fast 30 Prozent, oder 8.470 Fälle, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Insgesamt meldeten 11.000 Unternehmen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Insolvenz an. Das ist der höchste Stand seit zehn Jahren, so die Studie. „Die Unternehmen kämpfen im ersten Halbjahr 2024 weiter gegen die Auswirkungen der Rezession in 2023, anhaltende Krisen und die kraftlose konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Auch die Verbraucherinsolvenzen sind um 6,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen – insgesamt waren es 35.400. Die Anzahl der Insolvenzen von Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern hat sich dabei verdoppelt. „Die Auswirkungen einer Unternehmenspleite sind deutlich größer als beispielsweise zu Zeiten der Weltfinanzkrise 2009“, erläutert der Creditreform Sprecher. Die finanziellen Schwierigkeiten des Reisekonzerns FTI Group, der Modekette Esprit und jetzt auch der Warenhauskette Breuninger sind nur einige prominente Beispiele aktueller großer Unternehmensinsolvenzen.
Damit ist es jedoch noch nicht genug: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen könnte in den kommenden Monaten weiter steigen, wie die Commerzbank in einem Bericht zum zweiten Quartal erklärt. Die Commerzbank hat ihre Risikovorsorge in diesem Jahr um 52 Prozent erhöht.