Pleitewelle rollt: So viele Insolvenzen wie seit 20 Jahren nicht mehr

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Immer mehr Unternehmen in Deutschland gehen insolvent. Die Zahl der Firmenpleiten hat im März einen weiteren Höhepunkt erreicht. Eine Branche war dabei besonders betroffen.

München – Die Zahl der Insolvenzen erreicht in Deutschland Rekordhöhen. Das legt eine Analyse des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) nahe, die dem Handelsblatt vorliegt. Demnach gab es seit 2016 – dem Beginn der Erhebung des Insolvenztrends – noch nie so viele Firmenpleiten bei Personen- und Kapitalgesellschaften wie im vergangenen Monat.

Rekordzahlen: 1297 Insolvenzen im März

Das IWH zählte 1297 Insolvenzen im März in Deutschland. Das Ergebnis liege „35 Prozent höher als im März 2023 und 30 Prozent über dem März-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie“, erklären die IWH-Forscher der Zeitung. Nur vor etwa 20 Jahren (da erhob das IWH noch keine Daten) habe es in der Geschichte der Bundesrepublik schlimmere Phasen gegeben.

Als Gründe für den Anstieg der Pleiten nennen die Forscher die gestiegenen Kosten durch höhere Zinsen, Löhne oder Energiepreise. „Viele Geschäftsmodelle basierten auf der Annahme niedriger Zinsen. Die Kalkulation ist mit dem Anstieg der Zinsen 2022 nicht mehr aufgegangen“, sagte IWH-Insolvenzforscher Steffen Müller dem Handelsblatt

Ein Schild mit der Aufschrift „Geschlossen! Insolvenz“
Immer mehr Unternehmen in Deutschland gehen insolvent. (Symbolbild) © Michael Bihlmayer/Imago

2024 werden 20.000 Firmenpleiten in Deutschland erwartet

Besser wird es wohl nicht so bald: Mehrere Experten rechnen im laufenden Jahr mit einem weiteren Anstieg auf etwa 20.000 Firmenpleiten. Ein zusätzlicher Grund für die vielen Insolvenzen 2024 ist neben den höheren Kosten, dass die Ausnahmeregelungen ausgelaufen sind, mit denen der Staat versucht hatte, eine Pleitewelle während der Corona-Pandemie abzuwenden.

„Die großen konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen am Standort Deutschland setzen der Wirtschaft zu. Daher ist leider auch für die kommenden Monate von einer weiteren Zunahme der Unternehmensinsolvenzen auszugehen. Denn immer mehr Unternehmen berichten von Zahlungsschwierigkeiten ihrer Kunden“, sagte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. Besonders betroffen seien die Bereiche Gesundheitsdienste und sozialen Dienste sowie Kfz-Handel- und Kfz-Reparatur.

Im vergangenen Jahr entfielen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die meisten Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen auf Verkehr und Lagerei mit etwa 107 Fällen. Auch im Bau- und Gastgewerbe waren die Quoten demnach vergleichsweise hoch. Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte auf insgesamt rund 26,6 Milliarden Euro nach 14,8 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

Insolvenzen: Bau- und Immobiliensektor am stärksten betroffen

Dabei bilden die Insolvenzzahlen des IWH vom März 2024 aber ein etwas anderes Bild: Nun treffen die Pleiten vor allem den Immobilien- und Bausektor. So haben sich laut IWH die Insolvenzen im Grundstücks- und Wohnungswesen im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt, wie das Handelsblatt berichtet. Etwas besser läuft es in der Industrie: Dort hätten die Insolvenzen nur um fünf Prozent zugenommen.

Mit Material der dpa

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