2024 kommt die Pleitewelle: Experten erwarten drastischen Anstieg der Insolvenzen

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Im Jahr 2023 gab es deutlich mehr Firmenpleiten – und 2024 könnte es noch einen weiteren Anstieg geben, befürchten Experten. Ein Überblick.

Frankfurt/Main – Geschwächt von den Corona-Jahren, hohen Energiepreisen und gestiegenen Zinsen geraten immer mehr Firmen in Deutschland in Schieflage. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet nach deutlich mehr Firmenpleiten 2023 mit einem weiteren Anstieg 2024. Experten erwarten nach einem Bericht des Handelsblatts sogar mit einem Plus von bis zu mehr als 30 Prozent. 

Experte: „Wir dürften 2024 über 30 Prozent mehr Insolvenzen sehen“

„Wir dürften 2024 über 30 Prozent mehr Insolvenzen sehen“, sagte Jonas Eckhardt, Partner bei der Restrukturierungsberatung Falkensteg, gegenüber der Zeitung. Nach Auswertung von Falkensteg haben im vergangenen Jahr knapp 15.000 Firmen Insolvenz angemeldet – das sind 26 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2024 könnte es für viele Firmen noch düsterer werden: „Die echten Auswirkungen der Multikrisen aus 2023 werden wir erst im neuen Jahr in den Insolvenzzahlen sehen“, meint Eckhardt.

Ausverkauf bei Karstadt
Prominentestes Beispiel der Insolvenzen ist der Zusammenbruch des Signa-Imperiums, zu dem in Deutschland zahlreiche Gewerbeimmobilien sowie der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof gehören. (Symbolbild) © picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Auch Creditreform rechnet mit einem weiteren Anstieg im anlaufenden Jahr. Mit Blick auf 2024 sagte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, noch im Dezember: „Um die 20.000 ist nach jetzigem Kenntnisstand durchaus realistisch.“ Dazu erklärt er: „Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen.“ Schätzungsweise 205.000 Arbeitsplätze seien 2023 durch Firmeninsolvenzen bedroht oder weggefallen.

Insolvenzen: Welche Branchen besonders betroffen sind

Besonders hart trifft es den Handel sowie die Immobilien- und Baubranche. Prominentestes Beispiel ist der Zusammenbruch des Signa-Imperiums des österreichischen Immobilien- und Handelsinvestors René Benko, zu derm in Deutschland zahlreiche Gewerbeimmobilien sowie der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof gehören. Auch andere bekannte Unternehmen gerieten 2023 in Turbulenzen wie der Modehändler Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf (P&C), dessen Sanierung im Oktober abgeschlossen wurde, oder die SB-Warenhauskette Mein Real.

Der Insolvenzantrag der Signa-Unternehmen zeigt Creditreform zufolge, wie schwierig die Lage für Projektentwickler und Bauträger geworden ist. Der Bau- und Immobiliensektor hat seit Beginn des Ukraine-Krieges mit gestiegenen Kosten sowie höheren Zinsen zu schaffen. Mit 81 Pleiten je 10.000 Unternehmen hat die Baubranche 2023 die höchste Insolvenzquote in Deutschland.

Insolvenzen: Auch größere Unternehmen häufiger betroffen

Über alle Branchen hinweg sind unter den Pleitefirmen den Zahlen von Creditreform zufolge mehr als 80 Prozent kleine Firmen mit höchstens zehn Mitarbeitern. Einer Analyse der Beratungsgesellschaft Falkensteg zufolge geben aber 2023 deutlich häufiger als vor Jahresfrist auch größere Unternehmen mit mehr als zehn Millionen Euro Jahresumsatz ihr Geschäft auf.

Zu beobachten sei eine Art „Corona-Bumerang“, sagte Hantzsch: Dank staatlicher Hilfen aufrechterhaltene Geschäftsmodelle träfen nun auf harten Wettbewerb, verschleppte Strukturreformen belasteten angesichts der neuen Herausforderungen besonders. Um eine Pleitewelle infolge der Pandemie abzuwenden, hatte der Staat zeitweise Ausnahmeregelungen ermöglicht. Bereits 2022 waren die Insolvenzzahlen erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009 wieder gestiegen.

Pleiteanstiege: Normalisierung des Insolvenzgeschehens

Der Anstieg sei vor allem eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen, sagte unlängst Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID): „Einen Anstieg, wie wir ihn Mitte der Nullerjahre gesehen haben, mit über 30.000 Insolvenzen pro Jahr, werden wir zukünftig nicht mehr sehen.“

Ähnlich sieht das der Informationsdienstleister Crif, der für 2023 mit einem Anstieg um 22,8 Prozent auf 17.900 Firmeninsolvenzen rechnet. 2024 könnte die Zahl demnach auf bis zu 20.000 Fälle klettern. Das wären immer noch weniger als der Durchschnitt von knapp 26.200 Insolvenzen jährlich seit 1999. Den Höchststand gab es 2003 mit 39.320 Fällen.

Nach Einschätzung von Crif-Deutschland-Geschäftsführer Frank Schlein ist der Großteil der Unternehmen finanziell weiter gut aufgestellt. Allerdings könne die steigende Zahl von Großinsolvenzen zu weiteren Pleiten führen. „In einigen Fällen werden Dominoeffekte dafür sorgen, dass zahlungsunfähige Firmen zeitversetzt weitere Unternehmen mit in die Insolvenz ziehen“, erläuterte Schlein.

Mit Material der dpa

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