Kein Vertrauen in BayWa: Landwirte kehren dem Agrarriesen den Rücken – kommen sie je wieder zurück?
BayWa kämpft mit hohen Schulden und einem Aktienkurs auf Tiefstand. Trotz Rettungsversuchen wächst das Misstrauen unter Landwirten und Mitarbeitern. Die Zukunft bleibt ungewiss.
München - Das Vertrauen in den bayerischen Agrarhändler BayWa ist derzeit angeschlagen. Hohe Schulden im Milliardenbereich und ein Aktienkurs, der seit einiger Zeit auf einem allzeit niedrigen Niveau verharrt, setzen dem Konzern stark zu. Dennoch wurde BayWa inzwischen eine Rettung zugesichert: Hauptaktionäre und kreditgebende Banken stellen dem Unternehmen insgesamt 550 Millionen Euro zur Verfügung, wie der Konzern Mitte August in einer Pressemitteilung bekannt gab. Ein Sanierungsgutachten ist ebenfalls auf dem Weg. Optimistisch blicken aber nicht viele der Landwirte in die Zukunft des Konzerns und wenden sich daher immer mehr von BayWa ab. Und auch unter den Mitarbeitern von BayWa gibt es zunehmende Kritik.

Drastische Sparmaßnahmen bei Agrarhändler BayWa - Schulden in Milliardenhöhe
Der weltweite Agrarhändler BayWa ist durch Schulden in Höhe von 5,5 Milliarden Euro stark belastet. Hauptursachen dafür sind die steigenden Zinsen sowie der erhebliche Finanzbedarf der spanischen Tochtergesellschaft BayWa Re, die in Projekte für Wind- und Solaranlagen investiert. Um eine Insolvenz mit schwerwiegenden Folgen für die Lebensmittelindustrie zu verhindern, erhält das Unternehmen eine finanzielle Unterstützung von einer halben Milliarde Euro.
Die Bayerische Raiffeisen Beteiligung (BRB), die 34 Prozent der Anteile hält, sowie die Raiffeisen Agrar Invest (RAIG) tragen dazu bei, indem sie BayWa mit 125 Millionen Euro unterstützen. Zusätzlich werden Überbrückungskredite in Höhe von 272 Millionen Euro von den wichtigsten Gläubigerbanken bereitgestellt. BayWa hat außerdem seinen eigenen 45-Prozent-Anteil an der BRB für 120 Millionen Euro an die BRB und die DZ-Bank verkauft. Damit kann eine Finanzierung bis Ende September gewährleistet werden.
Die Sparmaßnahmen bei BayWa gehen aber noch weiter. Ein Sanierungsgutachten der Unternehmensberatung Roland Berger soll das Unternehmen analysieren und Einsparpotenziale aufzeigen. Darüber hinaus hat BayWa bereits angekündigt, Stellen abzubauen und Standorte zu schließen. Auch die Tochtergesellschaft BayWa Re soll durch den Verkauf der Mehrheit ihrer Anteile abgegeben werden. Trotz dieser drastischen Schritte versichert das Unternehmen, dass die Ernte der Bauern nicht beeinträchtigt werde und BayWa weiterhin liefer- und zahlungsfähig sei. Die Gelder für die Ernten seien schon lange eingeplant.
Wenig Vertrauen und hohes Risiko: Bauern verkaufen bei der Konkurrenz von BayWa
Dennoch sind viele Landwirte skeptisch. In einem Bericht der Wirtschaftswoche wird ein Landwirt aus Würzburg begleitet, der vom zunehmenden Abwanderungstrend von BayWa in seiner Branche berichtet. Früher habe er etwa 60 Prozent seiner Ernte an BayWa geliefert, doch nachdem das Unternehmen sich weigert, Vorkasse zu zahlen und die benötigte Sicherheit zu bieten, hat er sich nun bei der Konkurrenz umgesehen. Immer mehr Landwirte suchen inzwischen nach alternativen Käufern oder Lagerhäusern für ihre Ernte. Kleinere Händler berichten von einem nie dagewesenen Zulauf.
„Panik ist unter den Bauern aber demzufolge nicht ausgebrochen, manche Beobachter hatten sogar noch größere Absetzbewegungen erwartet. Zahlungsausfälle oder -verzögerungen seitens der BayWa sind nicht bekannt geworden“, berichtet Die Zeit in einem Artikel.
Unsicherheit der BayWa-Belegschaft: Mitarbeiter sorgen, um die Zukunft
Aber nicht nur die Bauern, sondern auch die Mitarbeiter von BayWa sind mit der aktuellen Situation unzufrieden und sorgen sich um ihre Zukunft. Der Wirtschaftswoche liegt ein internes Schreiben aus dem Intranet vor, in dem Mitarbeiter ihre Bedenken äußern. „Es ist fraglich, ob die Kunden, die zur Konkurrenz wechseln, jemals wieder zu uns zurückkommen“, schreibt ein Mitarbeiter. So gibt es auch Berichte über Schwierigkeiten bei der Belieferung von Bauunternehmen und Privatkunden. Die Kommunikation von der Unternehmensführung sei dabei sehr spärlich, was die Unsicherheit verstärke. Die angekündigten Stellen- und Standortabbauten tragen ebenfalls nicht zur Beruhigung der Belegschaft bei.