Neue Russland-Sanktionen treiben Ölpreis in die Höhe – und vergraulen Putins Handelspartner

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Am Freitag verhängte US-Präsident Biden neue Sanktionen gegen Russland. Nun wird es auf den Rohstoffmärkten sichtbar. Besonders Abnehmer in Indien und China sorgen sich.

Moskau/Washington, D.C. – Mit seiner Vereidigung am 20. Januar stehen Donald Trumps zweite Amtszeit und das Ende der Regierung um Joe Biden unmittelbar bevor. In den letzten Zügen seiner Präsidentschaft leitete der Demokrat am Freitag noch einmal massive Sanktionen gegen Russland ein. Sie richten sich insbesondere gegen Russlands Energiesektor und Wladimir Putins Schattenflotte, mit der es der Kreml in den vergangenen Monaten immer wieder schaffte, Sanktionen auf Ölexporte zu umgehen. 

Mit den neuen Sanktionen, denen sich auch Großbritannien und Japan anschlossen, soll Wladimir Putin die Finanzierung des Ukraine-Kriegs nochmals erheblich erschwert werden. Und bereits kurz nach ihrem Bekanntwerden zeichnet sich der Einfluss der Sanktionen auf die globalen Ölpreise bereits ab.

Neue US-Sanktionen gegen Russland zeigen erste Effekte auf den Rohstoffmärkten

Nur drei Tage, nachdem internationale Medien am Freitag übereinstimmend von neuen US-geführten Sanktionen gegen Russlands Energiesektor und seine Schattenflotte berichtet hatten, werden erste Auswirkungen auf dem Rohstoffmarkt sichtbar. Offenbar aus Sorgen um eine Angebotsverknappung infolge der neuen Sanktionen gegen Russland zog sowohl der Preis für die Nordsee-Rohölsorte Brent als auch der Preis für die US-Sorte WTI über das Wochenende an, wie unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Der Preis für Brent-Rohöl pendelte sich Reuters zufolge am Montag bei 81,23 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) ein, nachdem er zuvor zwischenzeitlich gar bei 81,49 US-Dollar gelegen hatte. Damit erreicht Brent seinen höchsten Preisstand seit dem 27. August, am Freitag hatte der Preis noch bei 78,93 US-Dollar pro Barrel gelegen. Und auch der Preis für die US-Ölsorte WTI (West Texas Intermediäre) stieg auf 78,12 US-Dollar je Barrel, nachdem er zwischenzeitlich zuvor mit 78,39 US-Dollar den höchsten Stand seit dem 8. Oktober erreicht hatte.

Russlands Präsident Wladimir Putin
Neue US-Sanktionen gegen Russland zeigen erste Effekte auf den Rohstoffmärkten. © Sergei Savostyanov/dpa

Neue US-Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft dürften „die Frachtkosten in die Höhe treiben“

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die neuen Sanktionen der USA, Großbritanniens und Japans gegen Russlands Ölproduzenten und Putins Schattenflotte erhebliche Auswirkungen auf die Ölpreise weltweit haben dürften. „Diese Sanktionen werden die für Lieferungen aus Russland verfügbare Schiffsflotte kurzfristig deutlich reduzieren und die Frachtkosten in die Höhe treiben“, wurde Matt Wright, leitender Frachtanalyst beim Datenunternehmen Kpler, am Sonntag von der ARD-Tagesschau zitiert.

Mit den am Freitag initiierten neuen Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft nimmt sich die scheidende Biden-Regierung vor, die russische Ölindustrie und insbesondere Rohöl-Exporte als russische Lebensader zur Finanzierung des Ukraine-Kriegs zu schwächen. Russland produziert täglich rund neun Millionen Barrel Rohöl sowie raffinierte Produkte, Russlands Ölexporte machen täglich zwischen vier bis fünf Millionen Barrel Rohöl und raffinierte Produkte aus.

Die neuen Maßnahmen zielen auf zwei der größten russischen Ölkonzerne, Gazprom Neft und Surgutneftegas ab, wie das Finanzministerium in Washington am Freitag verkündete. Betroffen seien auch spezifische Projekte und die Infrastruktur für verflüssigtes Erdgas (LNG) sowie Subunternehmen, Dienstleister, Händler und maritime Versicherer. Daneben sanktionierten die USA auch 183 russische Schiffe, wie das Office of Foreign Assets Control (OFAC) mitteilte. Bei ihnen geht die US-Regierung davon aus, dass ein Großteil von ihnen zu Putins Schattenflotte gehört. Sie werden von Putin seit Monaten eingesetzt, um Sanktionen zu umgehen und Öl unerlaubt auf die Weltmärkte zu bringen, darunter vor allem nach China und Indien.

China und Indien dürften die Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft deutlich zu spüren bekommen

Doch die jüngst eingeführten massiven Sanktionen schaffen es offenbar rasch, asiatische Spitzenabnehmerinnen und -abnehmer russsichen Öls ernste Sorgen zu bereiten. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs und einer grundlegend veränderten Versorgungssituation russischen Öls auf den Weltmärkten entwickelten sich vor allem China und Indien zu den hauptsächlichen Nutznießern für sie günstigeren russischen Rohöls, indem sie westliche Preisobergrenzen für russisches Rohöl umgingen. Doch die nun eingeleiteten massiven Sanktionen gegen Russlands Ölindustrie könnten das ins Wanken bringen.

Denn allein die jüngst sanktionierten russischen Schiffe hätten im vergangenen Jahr über 530 Millionen Barrel russisches Rohöl umgeschlagen, berichtete das Datenanalyse-Unternehmen Kpler vor Kurzem. Das mache etwa zwei Fünftel der russischen Rohölexporte auf dem Seeweg aus. Und von dieser Menge russischen Öls sei mehr als die Hälfte nach China verschifft worden: Ölexporte nach China machten demzufolge 61 Prozent der russischen Ausfuhren auf dem Seeweg aus.

Chinesische Raffinerien könnten besonders unter den Sanktionen gegen Russland leiden

Wie der US-Nachrichtendienst Bloomberg berichtet, hielten unabhängige Raffinerien in der chinesischen Provinz Shandong – einem der eifrigsten Abnehmer russische Öls – am Wochenende eine Reihe von Dringlichkeitssitzungen ab, um sich zwecks Importe russischen Öls unter den neuen Umständen zu beraten. In Indien seien noch am Freitag Angehörige des Ölministeriums mit Führungskräften staatlicher Ölkonzerne zusammengekommen, um über die Auswirkungen der angekündigten Sanktionen gegen Russland auf sie zu beraten.

Sorge bestehe auf allen Seiten zunächst darin, zu verstehen, wann die Sanktionen gegen Russland in Asien spürbar werden: Auch, weil sich aktuell noch mit russischem Öl beladene Tanker auf dem Seeweg befänden, wie Bloomberg weiter berichtet. Etwa vor der Küste des östlichen Chinas lägen aktuell noch drei Schiffe, die darauf warten, russisches Gas in chinesische Terminals zu befördern.

Dem US-Nachrichtendienst zufolge könnten vor allem unabhängige chinesische Raffinerien – auch „Teapots“ genannt – von den neuen Sanktionen gegen Russlands Ölindustrie am stärksten betroffen sein. Das lasse sich mitunter darauf zurückführen, dass ihre Gewinnspannen schon vor Ankündigung der Maßnahmen gegen Russland vergleichsweise gering waren. Händlerinnen und Händler befürchten auch, die chinesischen Raffinerien können neue kreative Wege finden, die Sanktionen zu umgehen. So könnten sanktionierte russische Tanker etwa zu kleinen, privaten Terminals umgeleitet werden, anstatt größere Häfen anzusteuern. Auch sei denkbar, dass Lastwagen statt Pipelines für den Öltransport innerhalb Chinas genutzt werden. (fh)

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