Freistaat will Neuregelung - Kampf um die Hoheit über Freiflächen vor Ort
Die Bayerische Staatsregierung hat dem Bürokratismus den Kampf angesagt. Dabei ist sie auf ein Thema gestoßen, das in Kommunen für Wirbel sorgt: die sogenannte Freiflächengestaltungssatzung. Hinter diesem sperrigen Begriff verbergen sich Regeln, die Bürger in ihrem ganz privaten Zuhause betreffen.
Fürstenfeldbruck - Konkret geht es in den Satzungen unter anderem um Schottergärten, um Grünflächen, aber auch um Parkplätze und weiteres mehr. Bisher kann jede Kommune die Regeln für ihr Gebiet selbst bestimmen und so zum Beispiel für mehr Grün im Ortsbild sorgen. Künftig will der Freistaat das einheitlich regeln
Brief an die Regierung
Davon sind Städte und Gemeinden nicht begeistert. Deshalb bekommt die Bayerische Staatsregierung nun Post aus Eichenau. Einen Dringlichkeitsantrag dazu hatten die Grünen gestellt. Sie sehen die Entscheidungshoheit der Gemeinden in Gefahr. Ihr Ziel: Ein Schreiben des Bürgermeisters an die Staatsregierung. Damit soll der Protest des Bayerischen Gemeindetages zu diesem Thema unterstützt werden. Einem möglichen Freibrief für Schottergärten und damit einer größeren Versiegelung von Flächen soll entgegen getreten werden.
Gärten schützen vor Hitze
Die Grünen hatten in ihre Begründung einen deutlichen Hinweis auf die jüngsten Hochwasser- und Starkregenereignisse im Landkreis gepackt: „Gärten spielen eine entscheidende Rolle. Sie schützen vor den Folgen von Hitze und können bei Starkregen Wasser gut aufnehmen.“ Ansonsten würde der Ort mit noch mehr Schäden zu kämpfen haben, so Umweltreferentin Marion Behr.
Bürgermeister Peter Münster (parteifrei) erklärte, dass seiner Kenntnis nach der Vorstoß selbst in der bayerischen Regierungskoalition diskutiert werde. Er beabsichtige sowieso ein Schreiben, erklärte Münster. „Insofern ist ein Dringlichkeitsantrag unnötig.“
In Bruck bewertet man das Vorgehen der Staatsregierung ebenfalls kritisch und zitiert aus der Stellungnahme des Gemeindetages: „Inhaltlich wirken die Vorhaben völlig aus der Zeit gefallen. Gemeinden werden durch die Streichung der Rechtsgrundlage sowie der Aufhebung entsprechender Satzungen vor den Kopf gestoßen.“ Ohne diese Satzungen, so eine Sprecherin, hätte die Stadt in Gebieten ohne Bebauungsplan keinen Einfluss. Das würde auch auf den sogenannten Gestaltungsleitfaden Hauptstraße zutreffen, der seit 2023 besteht. Dadurch soll das historische Stadtbild geschützt und die Aufenthaltsqualität gesteigert werden,
Auch in Puchheim unterstützt man die Kritik. Dort arbeitet man seit Mai 2021 mit einer Freiflächengestaltungssatzung. Unter anderem regelt sie die Anzahl zu pflanzender Bäume auf Baugrundstücken, die Begrünung von Flachdächern oder die Größe privater Spielplätze.
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Populismus statt Entbürokratisierung
Das Referat für Stadtentwicklung will die Flächenversiegelung verringern. Auch über ein Mindestmaß an standortgerechten Bäumen könne ortsnah entschieden werden. Dass die Staatsregierung auf Entbürokratisierung setzt, sieht Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) als guten Ansatz. „Wenn man dies aber frei von Verantwortung macht und die Arbeit bei den Kommunen lässt, ist das eher Populismus als Hilfe.“
In Olching gibt es keine Freiflächengestaltungssatzung. Diese fand 2020 keine Mehrheit. Hier regelt man diese Dinge über Bebauungspläne. Gerade in Zeiten von Klimawandel sollte den Kommunen ein eigenständiger Handlungsspielraum belassen werden, erklärt Edigna Kessel von der Wirtschaftsförderung. Auch die grundgesetzlich verankerte Planungshoheit müsse gewahrt bleiben.
In Maisach greifen Stellplatz-, Fahrradabstellplatz- und Einfriedungssatzung sowie Regelungen über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen. So sind unter anderem die Anzahl der Elektroladestationen, der Fahrradstellplätze oder die Beschaffenheit von Einfriedungen festgelegt. Für Bürgermeister Hans Seidl (CSU) zeigt das Vorgehen der Staatsregierung, „dass die politische Zusammenarbeit der Landes-, Bezirks- und Kommunalebene nicht mit der gewünschten Fürsorge erfolgt“.
Seidl ist auch Vorsitzender des Kreisverbandes Fürstenfeldbruck im Gemeindetag. Wie wichtig eine kommunale Entscheidungshoheit ist, zeigt er an einem Beispiel. Haben Kommunen keine eigene Stellplatzsatzung, werde Wohnraum ohne ausreichende Stellplätze errichtet. Gleichzeitig wachse der Fahrzeugbestand. „Das wird von der Landesregierung ignoriert.“ Die Landesregierung könne sich mit ihrem Vorschlag zwar ein gutes Image verschaffen, schiebe die Verantwortung aber weiter. „Und das Handeln der Kommunen wird dann von deren Bürgern als bürokratisch gesehen.“