Wegen Weilheim-Schongau: Künftig keine Krankenhaus-Entscheide mehr in Bayern?

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Dicke Ordner mit Unterschriften brachte das Aktionsbündnis im September 2022 zu Landrätin Andrea Jochner-Weiß (l.): Stefan Konrad, Daniela Puzzovio und Regina Haugg. © LRA/ARCHIV

In Bayern wird darüber nachgedacht, die Regeln für Bürgerentscheide zu ändern. Grund dafür dürfte der Entscheid über den Bau eines Zentralkrankenhauses im Landkreis Weilheim-Schongau sein.

Landkreis – Die Watschn war Ende 2022 wohl bis nach München zu hören. Mehr als 8300 Bürger unterschrieben für das Bürgerbegehren über das geplante Zentralkrankenhaus im Landkreis Weilheim-Schongau. Beim darauffolgenden Bürgerentscheid gingen die Neubaupläne von Krankenhaus GmbH und Landratsamt gnadenlos baden – rund 70 Prozent der abgegebenen Stimmen lehnten die Rieseninvestition ab.

Für Thomas Lippmann, Geschäftsführer der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH, war es auch aus heutiger Sicht noch die falsche Entscheidung, die damals getroffen wurde: „Das Zentralkrankenhaus wäre die fachlich sauberste Lösung gewesen, bei der auch die laufenden Kosten am geringsten ausgefallen wären“. Doch das Thema sei vom Tisch, Plan B, die „Transformation“, sei auch ein Erfolg geworden.

200 Mitarbeiter verloren ihre Jobs

Besagte „Transformation“ bedeutet die Schließung des Schongauer Krankenhauses und dessen Umwandlung in das „SOGesund“-Gesundheitszentrum mit Notfallambulanz, MVZ und einer kleinen Inneren Station, während Weilheim zum Schwerpunktversorger ausgebaut werden soll. Rund 200 Mitarbeiter verloren in diesem Zuge ihre Jobs.

Der Bürgerentscheid von damals wirkt bis heute nach. Ein „Runder Tisch“ von Regierung, Opposition, Vereinen und Verbänden unter Leitung des ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein ist gerade damit beschäftigt, die Modalitäten für Bürgerentscheide in Bayern zu überarbeiten. Eine der wichtigsten Neuerungen, die diskutiert werden, ist, dass bei der Krankenhausplanung in Zukunft keine Bürgerentscheide mehr möglich sein sollen.

„Sachlage zu komplex für Bürgerentscheide“

Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), die die Interessen hunderter Kliniken im Freistaat vertritt, sagte dazu im Gespräch mit dieser Zeitung: „Wir verstehen den Wunsch nach kommunalpolitischer Beteiligung“, sagt er unserer Zeitung. Wenn es um die Zukunft von Krankenhäusern geht, seien aus seiner Sicht aber „Planungssicherheit und Verlässlichkeit wichtiger“.

Krankenhaus-Chef Lippmann pflichtet ihm bei. Derartige Entscheidungen würden auf Sachzwängen beruhen, das Krankenhauswesen und dessen Finanzierung sei von „ganz vielen Regulierungen“ betroffen, die schwierig vermittelbar seien. „Die Leute denken, wenn sie eine Reform wie bei uns im Landkreis ablehnen, bleibt alles, wie es ist“, so Lippmann. Dem sei nicht so.

Im Jahr nach dem Bürgerentscheid stand die GmbH vor der Pleite, nur durch das Transformationsprogramm und Multi-Millionen-Zuschüsse des Landkreises konnte das Unternehmen gerettet werden. Am Ende hat Schongau zwar mit dem „SOGesund“ eine vernünftige Lösung erhalten – ein Krankenhaus mit einer echten 24-Stunden-Notaufnahme gibt es aber nicht mehr.

„Ich würde wieder ein Bürgerbegehren starten“

„Ich finde das unglaublich, dass man künftig Fragen der Krankenhausplanung von vornherein von Bürgerentscheiden ausschließen möchte“, sagt derweil Daniela Puzzovio vom Aktionsbündnis Pro Krankenhaus, das damals den Bürgerentscheid initiierte. Wenn in einem demokratisch gewählten Gremium wie dem Kreistag eine Entscheidung getroffen werde – im konkreten Fall die Prüfung des Neubaus eines Zentralkrankenhauses für mindestens eine halbe Milliarde Euro –, dann müsse diese Entscheidung auch vom Bürger überprüft werden können, fordert sie.

Und gerade bei so wichtigen Entscheidungen wie der Zukunft der Krankenhausversorgung in der Region müssten die Bürger mitreden und mitentscheiden dürfen. „Ich würde immer wieder ein Bürgerbegehren starten“, so Puzzovio. Allerdings stelle sie bei der Bevölkerung schon fest, dass es eine gewisse Frustration und Resignation gebe, weil „man sieht, dass es am Ende nichts gebracht hat“.

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