Nach dem MVV-Beitritt nun bald freie Schulwahl?
Der Beitritt zum MVV-Tarifgebiet hat Auswirkungen auf die Schullandschaft im Landkreis Weilheim-Schongau. So konnten dadurch einige wirklich bizarre Vorschriften umgangen werden, wie Hohenpeißenberg und Huglfing zeigen.
Landkreis - Bislang konnte es in den genannten beiden Orten extrem wichtig sein, wo man genau wohnte. Denn die Adresse entschied am Ende darüber, welche Schule die Kinder besuchen müssen. Ausschlaggebend war dabei die Entfernung zum Bahnhof, genauer gesagt, ob der zumutbar zu Fuß erreichbar war oder nicht. So konnte es passieren, dass in einer Straße bis zu einer bestimmten Hausnummer die einen Kinder zum Bahnhof laufen mussten, während die aus dem Nachbarhaus weit genug vom Bahnhof entfernt waren, um mit dem Bus fahren zu dürfen.
Und weil am Ende immer nur die günstigsten Tarife für die Schülerbeförderung bezahlt werden dürfen, bedeutete das bisweilen, dass das eine Kind die Realschule in Schongau besuchen musste, das andere die in Peißenberg, wenn die Eltern die Fahrtkosten nicht selbst tragen wollten. Die Wahl der Schule an sich ist nämlich frei. Für die Huglfinger war die Sache ähnlich schwierig – bei ihnen hieß es Weilheim oder Peißenberg. Das gab bisweilen Ärger und Tränen, weil sich Kinder, die Kindergarten und Grundschule gemeinsam besucht hatten, auf einmal ohne ihren Sandkastenspezl in unterschiedlichen Schulen wiederfanden.
365-Euro-Ticket ist immer am billigsten
Für die genannten beiden Orte ist das jetzt vorbei. Grund ist der Beitritt des Landkreises zum MVV-Tarifgebiet. Der hat massive Auswirkungen auf die Schülerbeförderung. Denn seitdem bekommen alle Schüler, die berechtigt sind, den Schulverkehr zu nutzen, ein 365-Euro-Ticket vom MVV. Aus gutem Grund: „Das 365-Euro-Ticket ist mit runtergerechnet 30,42 Euro pro im Monat immer die kostengünstigste Möglichkeit, solange eine Schule in einem MVV-Gebiet besucht wird“, heißt es dazu seitens des Landratsamtes.
Dadurch, dass jetzt alle Fahrschüler ein 365-Euro-Ticket erhalten, entfällt die bisherige Unterscheidung zwischen Bus und Bahn. Bislang war es so, dass immer nur das günstigste Ticket erstattet oder vom Landkreis gestellt wurde und damit auch vorgeschrieben war, ob die Schüler den Bus oder den Zug nehmen. Das ist ab sofort egal, entscheidend sind nur noch die Tarifzonen. Im Landkreis Weilheim-Schongau gibt es fünf verschiedene davon, die sich an der Entfernung nach München orientieren. So sind beispielsweise Bernried und Seeshaupt in der Tarifzone 5, Weilheim in der 6, Peißenberg in der 7, Schongau und Peiting in der 8 und Prem in der 9.
Berechnung auf Grundlage eines MVV-Tarifs, den niemand nutzt
Wenn es nun Dank 365-Euro-Ticket im Prinzip egal ist, wie lange die Schüler in Bus oder Bahn sitzen, weil die Kosten für den Landkreis immer gleich sind: Bedeutet das dann, dass ab sofort freie Schulwahl herrscht? Ganz so einfach ist das nicht. Denn das Gesetz schreibt nunmal vor, dass die nächstgelegene Schule über den günstigsten Fahrpreis zu ermitteln ist.
Pauschaltickets wie das 365-Euro-Ticket dürfen dabei nicht berücksichtigt werden. Stattdessen wird nur darauf geschaut, was ein MVV-Ausbildungsticket kosten würde. Dabei handelt es sich um ein Monatsticket, das nach Zonen berechnet wird. Hier gilt: Wenn der Schulweg durch – inklusive der Zone des Wohnorts – maximal zwei Zonen verläuft, dann ist die Schule die „nächstgelegene Schule“. Diese muss nach wie vor belegt werden, wenn die Fahrtkosten dorthin nicht selbst bezahlt werden. Das ist aber auch der Grund, warum zumindest die Hohenpeißenberger und die Huglfinger nun die Auswahl haben: Jeweils beide Schulen liegen innerhalb der genannten Zwei-Zonen-Grenze, deshalb gelten auch beide Schulen automatisch als „nächstgelegen“.
Was die ganze Sache so absurd macht, ist der Umstand, dass der Landkreis zwar verpflichtet ist, die nächstgelegene Schule auf Basis des MVV-Ausbildungstickets zu berechnen, anschließend aber verpflichtet ist, das jeweils günstigste Ticket zu erwerben. Und das ist immer das 365-Euro-Ticket. Das ist durchaus ein Glücksfall für die Schüler, die eines gestellt bekommen. Denn mit dem Ticket können sie gratis im gesamten MVV-Gebiet, also auch nach München, fahren. Und das sogar in den Ferien, ohne dass die Eltern etwas dazubezahlen müssen.
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Liste im Internet gibt Aufschluss
Wer nun nachschauen möchte, welche Schulen am jeweiligen Wohnort als „nächstgelegen“ eingestuft wurden, der kann das auf einer Liste im Internet unter www.bit.ly/40J0vnU nachschauen. Hier findet sich eine Liste der nächstgelegenen Schulen, aber auch der Gemeinden, bei denen keine weiterführenden Schulen vorhanden sind, und die in den vergangenen Jahren unterschiedlich behandelt werden mussten. Sollten Wohnort oder Schule auf der Liste nicht auftauchen, werden die Eltern gebeten, sich direkt ans Landratsamt zu wenden, um den Beförderungsanspruch zu prüfen.
Zumindest in Huglfing und Hohenpeißenberg nutzen die Leute die neue Freiheit schon sehr rege. Wie Landrätin Andrea Jochner-Weiß in der Jahrespressekonferenz mitteilte, wurden zwischenzeitlich schon 40 Anträge auf Schulwechsel gestellt.