Beiträge für die Rente steigen deutlich: „Kann auch noch höher gehen“
Die Ampel-Regierung hat ihr lang erwartetes Rentenpaket auf den Weg gebracht. Doch Experten sehen darin nicht den großen Wurf, der nötig wäre. Ein Experte erklärt, wie es besser gehen könnte.
Berlin – Die Bundesregierung hat mit dem Rentenpaket II die Einführung eines Generationenkapitals auf den Weg gebracht. Damit sollen die Beiträge in die Rentenversicherung stabilisiert werden und das Rentenniveau bei 48 Prozent gesichert werden. Im Gegenzug sollen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen höhere Beiträge zahlen.
Robert Peres, der Vorsitzende der Initiative Minderheitsaktionäre, setzt sich schon seit Jahren unter anderem für die Einführung einer echten Aktienrente ein. Im Interview mit Ippen.Media erklärt er, warum das Rentenpaket II nur ein erster Schritt sein kann – und rät vor allem der jüngeren Generation, jetzt mit der privaten Altersvorsorge zu starten.
Rentenpaket der Ampel: Generationenkapitel für Rente ist ein Schritt in die richtige Richtung
Herr Peres, die Bundesregierung will mit dem Rentenpaket II den Einstieg in die kapitalgedeckte Altersvorsorge schaffen. Aus der „Aktienrente“ ist das „Generationenkapital“ geworden. Die Pläne der Ampel-Koalition gehen aber so gut wie allen Experten zufolge nicht weit genug. Ist es trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung?
Ja, auf jeden Fall. Also wichtig ist, dass der erste Schritt gemacht ist, dass das Prinzip der Kapitaldeckung überhaupt Einzug findet. Leider ist es erstmal nur eine Dämpfungsmaßnahme für die Beitragssätze und für den Bundeszuschuss. Aber man kann darauf aufbauen. Und in 10 oder 15 Jahren wird man dann sehen, dass das dann tatsächlich positive Effekte hat. Vorher aber nicht.
Ab Mitte der 2030er soll das Generationenkapital eine Rendite abwerfen, um die Beiträge zu stabilisieren. Kann das klappen?
Dazu möchte ich keine Prognose abgeben. Ob das wirklich der Fall sein wird....
Rentenbeiträge steigen in Zukunft: „Irgendein Pfeil muss in die andere Richtung gehen“
Gut, vorher werden die Beiträge in die Rentenkasse trotzdem steigen müssen, auch das hat die Regierung anerkannt.
Ja, wer ein bisschen aufgepasst hat, der hat festgestellt, dass Herr Heil und Herr Lindner das Rentenniveau bei 48 Prozent abgesichert haben, bis 2039. Das heißt, irgendein Pfeil muss dann in eine andere Richtung gehen und das wird der Beitragspfeil sein. Diese 18,6 Prozent, die wir heute alle einzahlen, das lässt sich nicht mehr halten. Das wird mittelfristig auf 22 Prozent gehen und kann auch höher gehen. Ich denke, das wird viele Einzahler abschrecken und einige werden abwandern aus der Rentenversicherung. Und deswegen wird der Staat dann versuchen, andere Gruppen in die Rentenversicherung reinzudrängen, also Selbstständige oder auch Beamte. Da wird es noch größere Verwerfungen geben, glaube ich. Da kann man nur raten, dass jeder selbst darauf achtet, was er oder sie im Alter mal braucht und vorsorgt.
Gesetzliche Rente verliert an Bedeutung: Experte rät zur privaten Altersvorsorge
Das heißt, die gesetzliche Rentenversicherung wird an Bedeutung verlieren? Und die private Altersvorsorge gewinnt dann an Bedeutung?
Ja, es bleibt nichts anderes übrig. Auch da muss der Staat mehr machen, muss es den Menschen erleichtern, eine gute private Vorsorge zu treffen. In den USA zum Beispiel, da gibt es die sogenannten 401k-Modelle. Da zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen in einen steueroptimierten Fonds, das ist ein eigenes Privatkonto, auf den der Sparer selbst zugreifen kann. Das Geld wird nicht vom Staat verwaltet. Der Sparer kann sich Aktien hin und her schieben, entscheiden, wo das Geld angelegt wird. Er darf nur nichts rausziehen, bevor er ins Rentenalter kommt. Und wenn es dann so weit ist, dann bekommt er das Geld ohne weitere Besteuerung. Sowas müsste man in Deutschland einführen, denn so entsteht auch ein größeres Gefühl von Verantwortung für die eigene Altersvorsorge.
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Das ist ja auch ähnlich wie das schwedische Modell, das die FDP ursprünglich befürwortet hatte. Das Problem ist hierzulande, dass wir keine ausgeprägte Aktienkultur haben. Geld für die Rente in Aktien anlegen - das macht vielen Menschen Angst.
Also erstmal ist es wichtig zu betonen, dass so ein Modell wie in Schweden oder in den USA keine Verpflichtung ist. Es machen aber viele Menschen, weil es sinnvoll ist. In Deutschland haben wir eine Kultur, die sich auf den Staat verlässt. Der Staat teilt das ja auch mit: Wir kümmern uns um euch. Das ist fatal und man kriegt es auch schwer aus den Leuten raus. Noch dazu hat es hier einige Ereignisse gegeben, die die Aktienkultur beschädigt haben. Da gab es den Absturz der Telekom-Aktie im Jahr 2000 oder in jüngster Zeit dann Skandale wie Wirecard, das schreckt Leute natürlich ab. Das hat aber auch damit zu tun, dass in Deutschland der Rechtsschutz für Anleger und Anlegerinnen sehr schwach ist. Die Wirecard-Anleger zum Beispiel, die werden wahrscheinlich ihr Geld nie wieder sehen. Das ist ein Problem.
Erfolgreiche Aktienrente nach schwedischem Modell: Beteiligung „keine Einbahnstraße“
Die Politik muss also auch hier die Weichen richtig setzen, um eine erfolgreiche Aktienrente nach dem schwedischen Modell einzuführen. Das geht nur im Einklang mit mehr Rechtssicherheit?
Genau, die Beteiligung am Aktienmarkt kann keine Einbahnstraße sein. Auch da kann die USA ein Vorbild sein: Da gibt es die Möglichkeit einer Class-Action-Lawsuit, also einer Sammelklage, wenn es zu einem Betrugsfall kommt. Wir haben hier nur die Musterverfahren, und das wird dann ein sehr langwieriges Verfahren. Bei der Telekom ist nach 24 Jahren teilweise immer noch nicht geklärt, wer entschädigt wird.

In der Vergangenheit hat es auch Versuche gegeben, die kapitalgedeckte private Altersvorsorge stärker zu fördern. Denken wir an die Riester-Rente...
Ja, bei der Riester-Rente war das auch wieder so ein halbherziges Projekt. Der Fehler war, das Ganze an die Finanzwirtschaft zu übergeben und dort hat man dann Produkte angeboten, die viel zu teuer sind und damit die Renditen auffressen. Es ist vielleicht besser als nichts, aber die Riester-Rente ist im Grunde gescheitert. Also das muss man so deutlich sagen.
Skepsis bei der Aktienrente und Vorschlag zur Beitragserhöhung der Rente: „Geld gehört mir“
Und wahrscheinlich noch ein Grund, warum die Deutschen beim Thema Aktienrente skeptisch sind.
Ja, wobei wir bei unseren Umfragen feststellen, dass es da aufwärts geht. Wir haben in den letzten drei Jahren immer wieder mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa repräsentative Umfragen zum Thema Aktienrente gemacht. Da sehen wir, dass sich da etwas getan hat: 2023 waren 62 Prozent der Befragten für eine Aktienrente, in den Jahren davor waren es 56 und 58 Prozent, also eine leichte Mehrheit. Den Menschen leuchtet es offensichtlich ein, dass wir etwas machen müssen. Ich meine, die Zahlen kennen wir ja alle: In den 50er Jahren haben sechs Arbeitnehmer einen Rentner finanziert. Im Moment finanziert ein Arbeitnehmer knapp zwei Rentner und geht bis Jahr 2050 auf 1,3 runter. Dass das nicht hinhauen kann, ist logisch.
Wenn Sie der Bundesregierung einen Vorschlag machen könnten, was wäre das dann?
(lacht) Ja gut, das schwedische Modell ist das Ideal. Das aktuelle Umlagesystem der Rentenversicherung kann man nicht abschaffen, will ich auch gar nicht. Man könnte aber entscheiden, bei der nächsten Beitragserhöhung einen Teil des Geldes in private Konten zu überweisen, auf die die Menschen aber auch zugreifen können. Dann sehen die Menschen auch, wie sich das Vermögen anhäuft. Und sie haben viel mehr das Gefühl: Dieses Geld gehört mir, nicht dem Staat. Im Moment ist das ja nicht so, das Geld, das wir alle in die Rentenversicherung einzahlen, gehört nicht dem Beitragszahler. Wir haben zwar alle eine Anwartschaft auf eine gesetzliche Rente. Das ist aber nicht dasselbe.