Wirecard-Prozess: Chef von Ex-Partner schiebt Schuld von sich
Im Münchner Wirecard-Prozess werden vermehrt Zeugen aus Südostasien vernommen. Ein extra aus Malaysia angereister Ex-Partner-Chef schiebt am Mittwoch sämtliche Schuld von sich - und auf einen alten Bekannten.
München - Der Chef eines der wichtigsten Partnerunternehmen des früheren Zahlungsdienstleisters Wirecard war nach eigenen Angaben nur teilweise über die Vorgänge in seiner Firma informiert. Nach seinem Eindruck habe der damalige Wirecard-Vorstand Jan Marsalek eine führende Rolle gehabt, sagte der aus Malaysia angereiste Zeuge Yoshio Tomiie am Mittwoch im Strafprozess um die milliardenschwere Wirecard-Pleite vor dem Landgericht München.
Der Japaner war seinem Dolmetscher zufolge „nominee director“, also Pro-Forma-Chef, der in Asien ansässigen Senjo-Gruppe. „Die Leute haben gesagt, dass ich ziemlich dumm gewesen bin“, räumte er ein. „Aber Direktor ist Direktor. Das ist auch der Grund, warum ich hierher gekommen bin.“ Eine Gesellschaft im Senjo-Firmengeflecht soll als sogenannter Drittpartner (TPA) einen Großteil der Umsätze des Wirecard-Konzerns beigesteuert haben. Nach Überzeugung der Münchner Staatsanwaltschaft haben Wirecard-Vorstände diese Geschäfte jedoch frei erfunden, um den eigentlich defizitären Konzern schönzurechnen.
Zeuge: „Ich habe Jan Marsalek vertraut“
„Ich habe Jan Marsalek vertraut“, sagte der Zeuge. So habe die Aufgabenteilung bei der geplanten Expansion nach Myanmar darin bestanden, dass Marsalek die Entwürfe einer Präsentation geliefert habe, und er, Tomiie, mit dem dortigen Zentralbankdirektor geredet habe. Mit seinem damaligen Monatsgehalt von 15.000 Singapur-Dollar (nach heutigem Kurs gut 10.000 Euro) seien keine bestimmten Arbeitszeiten verbunden gewesen. Auf Fragen des Richters Markus Födisch zu anderen Geschäftsvorgängen antwortete er: „Ich hatte nichts damit zu tun. Das musste Jan gewesen sein, der das eingefädelt hat.“
Der Dax-Konzern Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Ex-Chef Markus Braun und zwei weitere Ex-Manager sitzen wegen Bilanzfälschung und Bandenbetrug auf der Anklagebank. Braun hat der Anklage widersprochen und erklärt, das Geld habe existiert und sei hinter seinem Rücken beiseitegeschafft worden. Der seinerzeit für das Asiengeschäft zuständige Marsalek ist untergetaucht. Nach ihm wird international gefahndet. (reuters, lf)