„Das ist respektlos“: Beamte verdienen so wenig wie Bürgergeld-Empfänger – und die Ampel schaut zu

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Trotz eines Verfassungsgerichtsurteils von 2020 hat die Bundesregierung die Besoldung von Beamten nicht angepasst, wie sie es sollte. Die Gewerkschaften werden langsam ungeduldig.

Berlin – Die Bundesregierung plant Medienberichten zufolge doch nicht, eine vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform der Beamtenbesoldung anzugehen. Darüber berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in der vergangenen Woche. Erste Hinweise darauf gab es allerdings schon im Dezember 2023, als die geplanten Gelder für die Umsetzung der Reform kurzerhand aus dem Haushaltsentwurf des Bundes gestrichen wurden (wir berichteten).

Dem Vernehmen nach ist es auch immer noch eine Geldfrage, weshalb sich die Ampel-Regierung entschlossen habe, die Reform doch nicht weiterzuverfolgen. Die 250 bis 300 Millionen Euro, die dafür ursprünglich mal geplant waren, sind dem Finanzminister zu teuer, heißt es.

Beamte verdienen manchmal nur so wenig wie Bürgergeld-Empfänger

Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2020. Damals entschieden die Richter und Richterinnen, dass die Gehälter von Beamten zum Teil nicht angemessen waren, insbesondere wenn man Mietpreise und Lebenshaltungskosten in Großstädten berücksichtigt. Das betrifft vor allem Einstiegsgehälter im einfachen und mittleren Dienst.

Das Gericht stellte unter anderem fest, dass Beamte in niedrigeren Entgeltstufen im Wesentlichen nicht genug Geld verdienten, um sich und eine Familie zu versorgen. Als Beispiel rechnet die Zoll- und Finanzgewerkschaft in der Wirtschaftswoche vor: Ein Beamter im mittleren Dienst mit Ehepartner und zwei Kindern in der Stufe A7 verdient in München 3691 Euro, inklusive Kindergeld und Zuschläge. Eine Bürgergeldfamilie mit gleichen Bedingungen kommt auf 3112 Euro. Durch die neuerliche Erhöhung um zwölf Prozent sei dieser Abstand verringert worden, so der Vorwurf.

Kontrollen an deutsch-polnischer Grenze
Die Bundespolizei kontrolliert mit Unterstützung von Zoll und polnischen Beamten einreisende Fahrzeuge. © Bernd Wüstneck/dpa

Seitdem arbeitet die Bundesregierung - theoretisch zumindest - an einer Reform. Auf Länderebene sind die Gehälter auch schon angepasst worden, nur die Beamten des Bundes wurden noch nicht bessergestellt. Neben einer generellen Gehaltserhöhung vor allem beim Berufseinstieg soll es höhere Zuschläge für Beamte mit Kindern geben, die sich an das Wohngeld orientieren sollen. Beamte in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt würden so stärker unterstützt werden.

„Das ist respektlos“: Gewerkschaft warnt vor jurisitischen Schritten

Doch auf Bundesebene kann man sich nicht auf einen Entwurf einigen. Der Wirtschaftswoche zufolge liegt das aber nicht nur am Geld, das von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zurückgehalten wird. Auch der Bundeskanzler soll etwas gegen die Vorstellung haben, Beamtenkinder besserzustellen – aus Sorge, dass dann die Kinder von Arbeitnehmern von staatlicher Seite benachteiligt würden.

Auf Anfrage dieser Redaktion reagiert die Beamtengewerkschaft dbb mit Fassungslosigkeit: „Das ist respektlos – gegenüber den Karlsruher Richterinnen und Richtern ebenso wie gegenüber den Beamtinnen und Beamten. Von den Kolleginnen und Kollegen wird selbstverständlich Verfassungstreue erwartet. Andersherum dürfen sie die aber natürlich auch von ihrem Dienstherrn erwarten“, so der Vorsitzende Ulrich Silberbach. Man behalte sich juristische Schritte vor, warnt der dbb weiter.

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