Bürgergeld-Erhöhung lässt IHK-Chef wettern – „Bezahlen fürs Nichtstun“
Die deutsche Wirtschaft steckt in der Flaute. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau befürchtet eine Dauerkrise – und kritisiert die Bürgergeld-Erhöhung und die Klimapolitik.
Halle – Die schwächelnde deutsche Wirtschaft treibt Unternehmen, Politiker und Ökonomen um. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Steffen Keitel, sagte gegenüber dem MDR: „Wir befinden uns auf bestem Wege in eine ausgedehnte Dauerkrise.“ Als Kritikpunkte an der aktuellen Lage nennt er die Erhöhung des Bürgergelds und den Kampf gegen den Klimawandel.
IHK-Chef kritisiert Bürgergeld-Erhöhung und Klimapolitik
Konkret monierte Keitel gegenüber dem Rundfunk: „In Zeiten größten Fachkräftemangels bezahlen wir Millionen von erwerbsfähigen Menschen fürs Nichtstun. Wir haben vier Millionen erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger, und diese vier Millionen fehlen uns schlicht in der Wirtschaft.“
Auch die Klimapolitik sieht er kritisch; nicht erreichbare Ziele sollten korrigiert werden, so IHK-Chef Keitel laut MDR. „Ich bin unbedingt für Umweltschutz, ich bin auch für Klima-Ziele, aber wir müssen das, wenn es um den Wohlstand des Landes geht, auch unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen betrachten.“
Kritik von Ökonomen: „Man sollte hier ein bisschen verbal abrüsten“
Der Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller, sieht das allerdings anders. Vor allem in Zeiten des sozialen Wandels brauche man ein gutes Sozialsystem, erklärt er. Zudem legen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit nahe, dass Millionen Bürgergeldempfänger beispielsweise noch Kinder, Auszubildende, Schüler oder Aufstocker sind.
„Man sollte hier ein bisschen verbal abrüsten und sich darüber Gedanken machen, wie wir mit der Demografie besser klarkommen können“, sagt Holtemöller laut MDR. Auch eine Lockerung des Umweltschutzes hält er nicht für angebracht, denn dies könne stattdessen neue Unsicherheiten in der Wirtschaft schaffen. Der Ökonom geht aber ebenso von eher trüben Wirtschafts-Aussichten aus.
Schwache Wirtschaft: Probleme hausgemacht?
Nach Ansicht des Präsidenten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Reint Gropp, sind die Faktoren der schwächelnden Wirtschaft wie mangelnde Konsumlust und Investitionsschwäche ein Stück weit von der Regierung hausgemacht. Er identifiziert dabei ein anderes Problem: Kommunikation.
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Die Bundesregierung sei außerordentlich schlecht darin, eine kohärente Strategie im Kampf gegen Klimawandel, Demografieprobleme und zur Abwehr geostrategischer Risiken zu vermitteln: „Diese mangelnde Kommunikation einer Strategie führt eben zu dieser Unsicherheit sowohl bei den Haushalten als auch bei den Unternehmen.“ Die Regierung verfolge einen „mikro-dirigistischen Ansatz“, der aber nicht gut funktioniere: „Es wird sich viel zu wenig auf Preissignale und Marktmechanismen verlassen und zu sehr auf Mikrosteuerung durch den Staat.“
Prognose: Der deutschen Wirtschaft droht Rezession
Der deutschen Wirtschaft droht nach Prognose der Bundesbank im laufenden ersten Quartal womöglich auch wegen der sich häufenden Streiks eine Rezession. Mit dem zweiten Rückgang der Wirtschaftsleistung in Folge befände sie sich in einer sogenannten technischen Rezession. Im vierten Quartal 2023 war Europas größte Volkswirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft.
Die Bundesregierung rechnet laut Insidern für das laufende und auch für das kommende Jahr nur mit einem geringen Wirtschaftswachstum. Für 2024 wird demnach nur ein Plus von 0,2 Prozent veranschlagt. Für 2025 werde laut Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts ein Zuwachs von 1,0 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) erwartet. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird den Bericht am Mittwoch vorlegen.
Mit Material von Reuters